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Parkbank-Klau am helllichten Tag

Zwei Großenhainer stehlen am Exer eine Sitzgelegenheit – die skurrile Tat bringt selbst die Justiz zum Schmunzeln.

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© Symbolbild/dpa

Von Manfred Müller

Großenhain/Riesa. Schwangeren werden im Volksmund seltsame Gelüste nachgesagt. Ein Körnchen Wahrheit scheint darin zu stecken, denn sonst ließe sich der Fall, der am vergangenen Freitag vorm Riesaer Amtsgericht verhandelt wurde, nur schwer erklären. Dort war eine ansonsten völlig unbescholtene Großenhainerin angeklagt – weil sie mit ihrem Freund eine Parkbank geklaut hatte – und das am helllichten Tag. Die hochschwangere 27-Jährige räumte das Vergehen auch freimütig ein – wirklich erklären konnte sie es der Richterin aber auch auf mehrfache Nachfrage nicht.

Die Bank sei ihr bei einem Spaziergang am Großenhainer Exer aufgefallen, und sie hätte einfach gut zum neu gebauten Carport gepasst, erzählt sie. Also packte sie Werkzeug ins Auto – die Sitzgelegenheit war mit Schrauben gesichert – und überzeugte ihren Freund, die Bank abzubauen. Der habe erst nicht gewollt, aber schließlich doch mitgemacht.

Dem 26-jährigen Kraftfahrer, der sich ebenfalls für den Klau verantworten muss, scheint die Komik der Situation wohl bewusst. Er muss während seiner Aussagen mehrfach grinsen. Begeistert sei er nicht gewesen, aber wenn es sich die werdende Mutter doch so sehr wünscht ... „Waren Sie vielleicht betrunken?“ entfährt es Richterin Ingeborg Schäfer. Der Angeklagte verneint das. Aber im nüchternen Zustand hätte man doch wenigstens ins Kalkül ziehen müssen, dass der Weg am Exer doch ziemlich stark von Spaziergängern, vor allem Hundebesitzern, und von Joggern frequentiert wird. Es sei schon ein starkes Stück, dort eine Parkbank abzuschrauben und dabei die Passanten freundlich zu grüßen. Einer der Vorbeikommenden informierte schließlich die Polizei, die die Delinquenten ausfindig machte und die Bank sicherstellte.

Nüchtern betrachtet ist die Aktion der beiden Großenhainer natürlich ein glasklarer Diebstahl, und dass die etwa 700 Euro teure Sitzbank extra gesichert war, gilt sogar als erschwerender Umstand. Aber in der Praxis müssen sich Staatsanwältin und Richterin dann doch des Öfteren ein Schmunzeln verkneifen. Warum er seine Freundin nicht von der Straftat abgehalten habe, fragt Ingeborg Schäfer den Angeklagten ein wenig ratlos. Er sei doch schließlich kein Schoßhündchen. Der stark erkältete Lebensgefährte rettet sich in einen Hustenanfall. Am Ende lässt das Gericht Gnade vor Recht ergehen und stellt das Verfahren ein.

Die beiden Parkbankdiebe, die sich bisher nicht das Geringste zuschulden kommen ließen, müssen jeweils 300 Euro an die Großenhainer Diakonie überweisen. Wiederholungsgefahr sieht Richterin Schäfer nicht – das Ende der Schwangerschaft ist bei der Delinquentin schließlich augenscheinlich nahe.