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Pappe auf Hochzeitsreise

Wie ein Trabi seit 15 Jahren von Brautpaar zu Brautpaar durch Sachsen wandert – und dabei nicht alle glücklich macht.

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© Thomas Kretschel

Von Henry Berndt

Keiner weiß so richtig, wie diese Geschichte ihren Anfang nahm. Aber was soll man auch machen mit einer abgehalfterten Pappkiste ohne Dach und ohne jede Chance auf einen neuen TÜV? Am besten einfach weitergeben. Und so taten es Sven und Madlen Baier aus Hainichen zwischen Mittweida und Freiberg, nachdem ein Freund sie bei ihrem Polterabend mit dem Gefährt überrascht hatte. Nach nur zwei Wochen wechselte der Trabi erneut den Besitzer. Und das sollte erst der Anfang seiner langen Reise sein.

Die vielen Gesichter des Trauungs-Trabis

Madlen und Sven (1. September 2001)  Das zweite Leben des Trabis begann im September 2001 in Hainichen, einer Kleinstadt im Zentrum des Landkreises Mittelsachsen. Jux überraschte ein Schrauber-Freund das Paar zum Polterabend mit dem Gefährt, für das er keine andere sinnvolle Veränderung mehr sah. Ausgerüstet war der Trabi mit einer Gummipuppe, einem alten Fenster und einem Storch.   Die guten Wünsche haben sich gelohnt: Inzwischen haben Sven und Madlen zwei Söhne, geboren 2003 und 2008.
Madlen und Sven (1. September 2001) Das zweite Leben des Trabis begann im September 2001 in Hainichen, einer Kleinstadt im Zentrum des Landkreises Mittelsachsen. Jux überraschte ein Schrauber-Freund das Paar zum Polterabend mit dem Gefährt, für das er keine andere sinnvolle Veränderung mehr sah. Ausgerüstet war der Trabi mit einer Gummipuppe, einem alten Fenster und einem Storch. Die guten Wünsche haben sich gelohnt: Inzwischen haben Sven und Madlen zwei Söhne, geboren 2003 und 2008.
Manuela und Sylvio (15. September 2001)  Nur 14 Tage später wurde der Trabi bereits weitervererbt, praktischerweise direkt an Madlens Cousine Manuela Sieber.  Diesmal als CAT-Bagger in Blau und Weiß für den passionierten Baggerfahrer Sylvio. Per Hänger wurde der Trabi dafür nach Langenau chauffiert, das zu Brand-Erbisdorf gehört.   Hier parkte er ein Jahr am Waldrand. Dann motzten die Siebers den Trabi zu einem Panzer auf und kutschierten ihn ins nächste Dorf.
Manuela und Sylvio (15. September 2001) Nur 14 Tage später wurde der Trabi bereits weitervererbt, praktischerweise direkt an Madlens Cousine Manuela Sieber. Diesmal als CAT-Bagger in Blau und Weiß für den passionierten Baggerfahrer Sylvio. Per Hänger wurde der Trabi dafür nach Langenau chauffiert, das zu Brand-Erbisdorf gehört. Hier parkte er ein Jahr am Waldrand. Dann motzten die Siebers den Trabi zu einem Panzer auf und kutschierten ihn ins nächste Dorf.
Heike und Rico (26. Juni 2004)  Das gute Stück blieb nun erst mal in der Gegend, wanderte nur wenige Kilometer hin und her, bis es im Juni 2004 bei Rico Achenbach und Heike Endruschat-Achenbach landete.   Der Vorbesitzer nutzte die Gelegenheit gleich, seine Grünabfälle im Innenraum loszuwerden. Über ein Jahr lang schlummerte der Trabi auf dem Hof vor sich hin, dann wurde er wieder schick gemacht.
Heike und Rico (26. Juni 2004) Das gute Stück blieb nun erst mal in der Gegend, wanderte nur wenige Kilometer hin und her, bis es im Juni 2004 bei Rico Achenbach und Heike Endruschat-Achenbach landete. Der Vorbesitzer nutzte die Gelegenheit gleich, seine Grünabfälle im Innenraum loszuwerden. Über ein Jahr lang schlummerte der Trabi auf dem Hof vor sich hin, dann wurde er wieder schick gemacht.
Katrin und René (27. August 2005)  Katrin und René Auerbach wohnen praktisch um die Ecke. Sie bekamen den Trabi in frischem Blau-Violett und mit dickem Schornstein überreicht.   Zum Polterabend drehten die Gäste abwechselnd kleine Runden auf dem Hof. „Wir können nur sagen, dass uns dieser Brauch Glück gebracht hat, da unsere Ehe bereits seit über zehn Jahren hält“, sagt Katrin Auerbach heute.   In den zehn Monaten bis zur nächsten Reise bekam das Auto seinen Platz unter einer Plane im Schuppen.
Katrin und René (27. August 2005) Katrin und René Auerbach wohnen praktisch um die Ecke. Sie bekamen den Trabi in frischem Blau-Violett und mit dickem Schornstein überreicht. Zum Polterabend drehten die Gäste abwechselnd kleine Runden auf dem Hof. „Wir können nur sagen, dass uns dieser Brauch Glück gebracht hat, da unsere Ehe bereits seit über zehn Jahren hält“, sagt Katrin Auerbach heute. In den zehn Monaten bis zur nächsten Reise bekam das Auto seinen Platz unter einer Plane im Schuppen.
Anja und Jerome (3. Juni 2006)  Für die Schuberts kam der Trabi weniger überraschend. Sie hatten schon an der Version für Familie Auerbach im Jahr zuvor mitgebastelt.   „Es war klar, dass wir die nächsten sind“, sagt Anja. Fürs Erste hatte der Trabi seine altbekannte Farbe zurück. Seine Ankunft war nicht zu übersehen „Die ganze Straße war vollgequalmt.“   Untergestellt wurde er in einer Werkstatt – und hier auch gleich wieder halbwegs fahrtüchtig für die nächsten Reisen gemacht.
Anja und Jerome (3. Juni 2006) Für die Schuberts kam der Trabi weniger überraschend. Sie hatten schon an der Version für Familie Auerbach im Jahr zuvor mitgebastelt. „Es war klar, dass wir die nächsten sind“, sagt Anja. Fürs Erste hatte der Trabi seine altbekannte Farbe zurück. Seine Ankunft war nicht zu übersehen „Die ganze Straße war vollgequalmt.“ Untergestellt wurde er in einer Werkstatt – und hier auch gleich wieder halbwegs fahrtüchtig für die nächsten Reisen gemacht.
Heike und Jens (2. August 2008)  Für Familie Richter brachte der Trabi eine besondere Überraschung mit. Statt eines Daches war er mit einem kompletten Hühnerstall überbaut – inklusive lebender Hühner.   Ein Geschenk vom Trauzeugen. „Wir haben dann gleich einen echten Hühnerstall gebaut und züchten sie bis heute“, sagt Heike.  Vom Polterabend wurde der Trabi immerhin bis nach Hause gefahren. Ohne Kennzeichen. Und ohne Hühner natürlich!
Heike und Jens (2. August 2008) Für Familie Richter brachte der Trabi eine besondere Überraschung mit. Statt eines Daches war er mit einem kompletten Hühnerstall überbaut – inklusive lebender Hühner. Ein Geschenk vom Trauzeugen. „Wir haben dann gleich einen echten Hühnerstall gebaut und züchten sie bis heute“, sagt Heike. Vom Polterabend wurde der Trabi immerhin bis nach Hause gefahren. Ohne Kennzeichen. Und ohne Hühner natürlich!
Nicole und Mirko (18. Juni 2009)  Mit dem offensichtlich gefälschten Kennzeichen LA-NIMI 09“ wechselte der Trabi im Juni 2009 wieder den Besitzer.  Es stand für „Langenau-Nicole/Mirko 2009“. Geschmückt war das Gefährt diesmal mit den gelb-roten Tüten eines Discounters.   Nicole arbeitete damals dort. Außerdem gab es massenweise Luftballons. Mirkos Onkel half mit ein paar Reparaturen aus, sodass der Trabi am Ende fit für den knappen Kilometer Fahrt zum nächsten Ziel war.
Nicole und Mirko (18. Juni 2009) Mit dem offensichtlich gefälschten Kennzeichen LA-NIMI 09“ wechselte der Trabi im Juni 2009 wieder den Besitzer. Es stand für „Langenau-Nicole/Mirko 2009“. Geschmückt war das Gefährt diesmal mit den gelb-roten Tüten eines Discounters. Nicole arbeitete damals dort. Außerdem gab es massenweise Luftballons. Mirkos Onkel half mit ein paar Reparaturen aus, sodass der Trabi am Ende fit für den knappen Kilometer Fahrt zum nächsten Ziel war.
Denise und Steve (26. Juni 2010)  Für den riesigen Dynamo-Dresden-Fan Steve Kröner wurde der Trabi mit schwarz-gelben Elementen verziert.   Hauptfarbe war allerdings als kleine Gemeinheit Lila – wie die Konkurrenz Erzgebirge Aue. Nachdem er selbst eine Probefahrt gemacht hatte, durften auch die Kinder einmal in einem echten Trabi mitfahren, bevor das Gefährt für ein gutes Jahr stillgelegt wurde.   Auch den Kröners brachte er Glück. Zu ihren zwei älteren Kindern kam 2012 noch Töchterchen Luna hinzu.
Denise und Steve (26. Juni 2010) Für den riesigen Dynamo-Dresden-Fan Steve Kröner wurde der Trabi mit schwarz-gelben Elementen verziert. Hauptfarbe war allerdings als kleine Gemeinheit Lila – wie die Konkurrenz Erzgebirge Aue. Nachdem er selbst eine Probefahrt gemacht hatte, durften auch die Kinder einmal in einem echten Trabi mitfahren, bevor das Gefährt für ein gutes Jahr stillgelegt wurde. Auch den Kröners brachte er Glück. Zu ihren zwei älteren Kindern kam 2012 noch Töchterchen Luna hinzu.
Kristin und Matthias (16. Juli 2015)  Nachdem der Trabi zwischenzeitlich mehr als zwei Jahre lang in Lichtenau pausierte, kam er ab 2014 wieder ins Rollen.   Für den großen FC-Bayern-Fan Matthias Strauß wurde die Kiste diesmal komplett in Schwarz und Gelb, den Farben des ärgsten Konkurrenten Borussia Dortmund, angemalt.   Das war für ihn natürlich nicht lange zu ertragen. Innerhalb 	einer Woche strich er sie zu einem Safari-Fahrzeug und gab sie weiter.
Kristin und Matthias (16. Juli 2015) Nachdem der Trabi zwischenzeitlich mehr als zwei Jahre lang in Lichtenau pausierte, kam er ab 2014 wieder ins Rollen. Für den großen FC-Bayern-Fan Matthias Strauß wurde die Kiste diesmal komplett in Schwarz und Gelb, den Farben des ärgsten Konkurrenten Borussia Dortmund, angemalt. Das war für ihn natürlich nicht lange zu ertragen. Innerhalb einer Woche strich er sie zu einem Safari-Fahrzeug und gab sie weiter.
Marie und Thomas (7. August 2015)  Sie heißen zwar Berlin, doch auch seine vorerst letzte Reise blieb in Mittelsachsen. Äußerlich kehrten die roten Herzchen zurück.  Innen drin wurden Marie und Thomas Berlin mit „jeder Menge Müll“ überrascht, unter anderem eimerweise Bauschutt.   Aus statischen Gründen musste Thomas den Großteil der Aufbauten abmontieren. Seit einem Jahr steht der Trabi auf seinem Hof unter einer Plane. Im Juli soll die Reise umlackiert weitergehen – ein paar Dörfer weiter.
Marie und Thomas (7. August 2015) Sie heißen zwar Berlin, doch auch seine vorerst letzte Reise blieb in Mittelsachsen. Äußerlich kehrten die roten Herzchen zurück. Innen drin wurden Marie und Thomas Berlin mit „jeder Menge Müll“ überrascht, unter anderem eimerweise Bauschutt. Aus statischen Gründen musste Thomas den Großteil der Aufbauten abmontieren. Seit einem Jahr steht der Trabi auf seinem Hof unter einer Plane. Im Juli soll die Reise umlackiert weitergehen – ein paar Dörfer weiter.

Bis heute durften den Trabi bereits 27 Hochzeitspaare aus Sachsen ihr Eigen nennen. Einigen brachte er Glück, andere sind inzwischen wieder geschiedene Leute. Einige behielten ihn nur wenige Tage, andere parkten ihn ein Jahr lang unter einer Plane im Schuppen – bis die Zeit reif war für das nächste Hochzeitspaar im Freundeskreis. So macht der Trabi seinen Weg von Dorf zu Dorf, von Hainichen über Brand-Erbisdorf nach Mittweida quer durch den Landkreis Mittelsachsen.

Bei jedem neuen Zwischenstopp wurde die Pappe liebevoll aufgehübscht. Hier ein paar Zweige, da ein Schornstein oder im Zweifel ein kompletter Hühnerstall samt lebendigen Hühnern anstelle des Daches. Dazu gab es in der Regel einen frischen Anstrich inklusive guter Wünsche an das Brautpaar. Ja manch einer glaubt sogar, die Farbe sei inzwischen das Einzige, was das Gefährt noch zusammenhält. Gefahren ist es jedenfalls in den vergangenen zwei Jahrzehnten maximal vom Anhänger durch das Tor bis in den Hof, ausnahmsweise auch mal mit Feuerwehr-Begleitschutz durch ein Dorf.

Im Jahr 2012 kam es in Brand-Erbisdorf zum ersten und bislang einzigen Trabi-Traditionstreffen der bisherigen Besitzer. Fast alle bis dahin beteiligten Paare kamen dazu auf den Hof zu Steve und Denise Kröner, brachten ein paar Bratwürste und Steaks mit und huldigten dem offensichtlich unzerstörbaren Auto. Die meisten von ihnen kannten sich damals schon über ein, zwei oder drei Ecken. „Zu dem einen oder anderen Paar hat man auch heute noch gute Kontakte“, sagt Denise Kröner.

Schon vor dem Treffen hatte sie ein „Trabi-Buch“ begonnen, eine Art Poesiealbum, in dem seitdem Daten, Fotos und flotte Sprüche festgehalten werden. Anfangs noch in Reimform: “Ene meme miste, wir haben die 16. geile Kiste“, später eher seriös mit Herzchen und Dankesworten.