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Papa kann beerdigt werden

Die anrührende Geschichte einer Familie, die kein Geld für das Nötigste hatte. Doch dann halfen ihr viele Menschen.

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Von Olaf Kittel

Weihnachten ist schön gewesen bei Familie Petzold*. „Die Kinder waren froh. Sie haben so viele Pakete unter dem Weihnachtsbaum gefunden wie noch nie. Oma und Opa feierten auch mit“, berichtet Mutter Liane Petzold. Es war ja kein Fest wie jedes andere. Es war das erste nach dem schrecklichen Jahr 2016. Die Eltern hatten sich getrennt und die Kinder unter großen Schmerzen aufgeteilt. Der Vater, schwer depressiv, lag tagelang vor den Augen seiner Kinder im Sterben und konnte bis heute nicht beerdigt werden. Frau Petzold muss jetzt mit vier traumatisierten Kindern und einem Baby allein klarkommen.

„Aber mit dem Artikel in der SZ hat sich für uns vieles geändert. Ich war überwältigt von der Resonanz. So viele wollten helfen.“ Wildfremde Menschen klingelten an der Tür. Eine Frau kam und schenkte ihr fünf Gutscheine für das Elbamare. Eine andere brachte Haushaltwaren, wieder eine andere gab ein Weihnachtsgeschenk ab.

Kurz vor dem Fest rief dann ein Mitarbeiter des Sozialministeriums an und erkundigte sich, wieso ihr Mann nach fast einem Jahr noch nicht beerdigt worden ist. Gute Frage, dachte Frau Petzold, sie ist mittellos. Die Prüfung der Kostenübernahme dauert offenbar so lange. Und sie hatten auch schon eine Anzeige wegen Störung der Totenruhe auf dem Tisch. Nach diesem Anruf ging aber alles ganz schnell. Das Sozialamt sicherte die vorläufige Kostenübernahme zu, die endgültige Prüfung, ob sich noch jemand in der entfernten Verwandtschaft findet, der dafür bezahlt, könnte ja später erfolgen. Gute Idee.

Am Donnerstag war Frau Petzold bereits auf dem Friedhof, um die Einzelheiten der Beerdigung zu klären. Wenn jetzt alles gutgeht, findet sie zum ersten Todestag ihres Mannes statt. Die Familie hat dann endlich eine Stätte für ihre Trauer, vor allem die Mädchen vermissen die sehr. Es war ihr wichtigster Weihnachtswunsch. Die nächste Überraschung folgte diese Woche. Ein Mann meldete sich bei der Stiftung Lichtblick, der den vier großen Kindern im Sommer einen Ferienaufenthalt finanzieren möchte. 1 200 Euro hat er der Stiftung bereits zweckgebunden überwiesen.

Da wird sogar noch ein bisschen für Taschengeld übrig bleiben. Der edle Spender möchte anonym bleiben, weil er die gute Tat in der Öffentlichkeit nicht so sehr herausstellen will. „Wir sind eine Dresdner Familie, die auf der Sonnenseite des Lebens ist und es sich schwer vorstellen kann, dass Kinder keinen Urlaub haben und der Vater nicht richtig beerdigt werden kann“, erklärt er auf Nachfrage. Das Schicksal der Familie Petzold habe sie sehr bewegt, Menschen wie ihnen sollte geholfen werden.

Frau Petzold ist platt, als sie die Nachricht erhält: „Wow! Meine Kinder werden sich sehr freuen, es wird ihnen guttun.“ Und sie hat auch etwas davon, wenn die Kinder in die Ferien fahren: ein paar ruhige Tage für sich und ihr Baby.

Von Lichtblick hatte sie ja schon Geld bekommen, um neue Betten für zwei ihrer Kinder zu kaufen. Die Zwillinge erhalten jetzt noch ein Doppelstockbett. Tosca, ihre Älteste, soll auch nicht leer ausgehen, sie wird ihr selbst einen dringend benötigten Schreibtischstuhl spendieren. Damit ist der Wunschzettel der Familie Petzold fast abgearbeitet. Jetzt fehlt nur noch eine größere Wohnung, die Mutter schläft immer noch im Wohnzimmer auf dem Sofa. Darum will sich Frau Petzold kümmern, sobald die Beerdigung vorbei ist.

So groß die Freude ist, ein bisschen peinlich ist ihr die Hilfsbereitschaft doch. „Ich bin keine, die gern die Hand aufhält.“ In den nächsten Wochen will sie sich bei allen ihr bekannten Spendern persönlich bedanken. „Allen anderen: Danke, Lichtblick.“

* Name von der Redaktion geändert.