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Neue Flüchtlinge in Moritzburg

64 Asylbewerber sind am Dienstag im Ort angekommen. Sie wurden mit Beifall begrüßt. Trotzdem gab es Probleme.

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© Norbert Neumann

Von Sven Görner

Moritzburg. Seit fast einem Jahr bereitet sich Moritzburg auf die Ankunft von Flüchtlingen vor. Rund 100 Frauen und Männer haben sich in der Initiative Vielfalt Moritzburg zusammengefunden, um den Fremden zu helfen. Nachdem das neue Asylheim in der vergangenen Woche besichtigt werden konnte, kamen am Dienstagmittag nun dessen Bewohner im Ort an. 64 Männer, vor allem junge.

Einige von ihnen sehr modisch gekleidet und ordentlich frisiert. Aber auch mehrere ältere Männer sind dabei, deren Gesichtern man ansieht, dass sie in ihrem Leben wohl schon einiges mitmachen mussten. Die Neu-Moritzburger stammen aus vier Ländern: 34 aus Syrien, 18 aus Afghanistan, zehn aus Pakistan und zwei aus dem Libanon.

Große Hilfsbereitschaft

Schon lange bevor der erste von zwei Bussen, der die Männer von Zeithain nach Moritzburg bringt, neben der früheren Heimschule hält, bildet sich vor dem das Heim umgebenden Bauzaun eine kleine Menschentraube. Gut zwei Dutzend Moritzburger sind gekommen, um die Neuen willkommen zu heißen. Viele Studenten der Evangelischen Hochschule, die Pfarrer aus Moritzburg und Reichenberg und andere interessierte Bürger. Einer hat sich sogar extra freigenommen, um die Ankunft nicht zu verpassen.

Auch Moritzburgs Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos) ist wie so oft in den letzten Tagen vor Ort. Und zwei Streifenwagen mit vier Polizisten. Am Zaun hängt ein von den Vielfalt-Leuten gemaltes Begrüßungsbanner.

Hinter dem Zaun herrscht rege Geschäftigkeit. Frauen und Männer in neonfarbenen Warnwesten erledigen noch letzte Handgriffe in der Unterkunft. Der 33-jährige Heimleiter und sein Stellvertreter bekommen für den Erstbezug des Hauses Unterstützung von zwei Sozialarbeitern, zwei Dolmetschern und weiteren Helfern. Unter anderem von der Moritzburger Initiative. Plötzlich kommt Bewegung in die Menschen. Doch nicht die erwarteten Busse, sondern ein türkischer Lkw mit Sattelauflieger parkt auf dem völlig verschlammten und von Autoreifen zerwühlten Platz vor dem Heim ein.

„Der bringt die noch fehlenden Schränke“ sagt der Heimleiter auf Nachfrage. Insgesamt 60 Stück. Ein Teil davon wird bereits für die jetzt fertigen 64 Plätze benötigt, die anderen erst, wenn auch das Obergeschoss ausgebaut ist. Dort sollen dann weitere 34 Asylbewerber wohnen können. Die Ausbauarbeiten ruhen am Dienstag allerdings wegen des Einzugs. Sofort kommt von den vor dem Zaun Stehenden die Frage, ob heute noch Leute für das Abladen benötigt werden. Doch der Heimleiter bremst die Hilfsbereitschaft. Er will am ersten Tag wohl nicht zu viele Leute auf einmal in seinem Haus haben. „Das werden die Bewohner heute Nachmittag selbst erledigen müssen“, kündigt er an.

Lockere Stimmung

Dann ist es so weit. Die Busse sind da. Die ersten Männer steigen aus. Einige haben Reisetaschen dabei. Auch ein paar Rollkoffer werden in Richtung Heim getragen. Einer schiebt sogar ein Fahrrad. Was in Taschen und Koffer nicht reinpasste, wurde in blaue Plastiksäcke verstaut. Die Leute in den Warnwesten helfen beim Tragen.

Als die Asylbewerber den für sie geöffneten Zaun passieren, beginnen die Moritzburger zu klatschen. Einige rufen: Welcome to Moritzburg. Ein paar der Männer zeigen das Victory-Zeichen, andere winken oder lächeln zurück. Andere zücken auch ihre Handys und machen Fotos. Die Stimmung ist locker und entspannt.

Doch plötzlich kommt Unruhe auf. Neben dem ersten Bus hat sich eine kleine Gruppe von sechs, sieben Männern gebildet, die auf Arabisch heftig mit dem Dolmetscher diskutieren. Sie wollen nicht in das Haus, sondern woanders hin. Warum, ist zunächst nicht ganz klar. Sie seien bereits in vier anderen Unterkünften gewesen. Wenn sie hier bleiben müssten, würden schlimme Sachen passieren, übersetzt der Dolmetscher. Erst die klare Ansage, dass, wenn sie sich nicht in das Heim begeben, sich die Polizei um sie kümmert und sie in Abschiebegewahrsam kommen, bewegt die jungen Männer dazu, ihr Gepäck aufzunehmen und den anderen zu folgen.

Ernste Mienen

Im Gemeinschaftsraum stellt sich die Heimleitung den Neuankömmlingen vor und informiert über den weiteren Ablauf des Tages. Zunächst erfolgt die Belehrung, dann werden die Schlüssel für das Haus gegen Kaution ausgegeben und die Zimmer zugewiesen. Zwei Helfer verteilen Handtuchsets, die gespendet wurden. Am Nachmittag will das Landratsamt das den Flüchtlingen zustehende Geld auszahlen. Und schließlich sollen noch die Schränke ausgeladen werden.

Plötzlich, die Moritzburger haben sich schon wieder auf den Heimweg gemacht und auch die Polizei ist weggefahren, stehen zwei der jungen Männer aus der Gruppe mit ernsten Mienen wieder vor dem Heim. Ein paar andere kommen auch noch raus, umarmen die beiden.

Das sieht nach Abschied aus. Einer der Männer in den Neonwesten schließt den Zaun. „Das ist besser so.“ Die beiden, so ist zu erfahren, sind wie die anderen aus der Gruppe Syrer. Ihnen wurde von der Ausländerbehörde im Landratsamt ein Zimmer zusammen mit Afghanen zugewiesen. Das hat in den vergangenen Monaten in anderen Einrichtungen immer wieder zu auch tätlichen Auseinandersetzungen geführt. Den von einer Helferin angebotenen warmen Kaffee nehmen die Männer nicht an.

Eine Nachfrage beim Heimleiter ergab, dass einer schließlich doch sein Zimmer bezogen hat. Der andere wurde indes zurück nach Zeithain gebracht. Und auch die Schränke sind am Abend wie geplant im Haus.