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Wachsende Kritik an Heilpraktikern

Ärzte fordern strengere Vorgaben für die Ausbildung. Sie ist bisher nicht geregelt. Das soll sich jetzt aber ändern.

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© dpa

Von Stephanie Wesely

Dresden. Heilpraktiker dürfen in Deutschland als Einzige, ohne Arzt zu sein, Diagnosen stellen und kranke Menschen behandeln. Sie erleben großen Zuspruch. So hat sich in Sachsen ihre Zahl seit 2011 fast verdoppelt – auf mehr als 2 500. Bundesweit sind derzeit 43 000 Heilpraktiker tätig. Sie alle müssen um ihre Zukunft bangen, wenn sich eine Initiative aus Ärzten, Ethikern und Anwälten der Universität Münster durchsetzt. Mit einem Reformpapier will die Initiative den Heilpraktikern viele Befugnisse entziehen. Beispielsweise sollen sie keine Krebskranken mehr behandeln und keine invasiven Maßnahmen wie Infusionen oder Spritzen durchführen dürfen. „Bei allen Erkrankungen, die über eine Befindlichkeitsstörung hinausgehen, sollten Heilpraktiker der ärztlichen Weisung und Kontrolle unterliegen“, sagt Medizinethikerin Professor Bettina Schöne-Seifert. Anlass sind Todesfälle im Biologischen Krebszentrum Bracht bei Mönchengladbach, wo im Sommer 2016 drei Krebspatienten durch eine nicht zugelassene Therapie gestorben sein sollen.

Die Initiative kritisiert vor allem die ungeregelte Ausbildung der Heilpraktiker und will sie an einen medizinischen Beruf koppeln. Denn wie die Berufsanwärter zu ihrem Wissen kommen, ist ihnen überlassen. Sie müssen nur eine Prüfung beim Amtsarzt bestehen. Zustimmung findet das Reformpapier auch beim Präsidenten der Landesärztekammer Sachsen, Erik Bodendieck. „Wer Heilkunde am Menschen ausübt, bedarf einer fundierten wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung sowie einer Qualitätssicherung seiner Arbeit“, sagt er. Das sei bei Heilpraktikern nicht der Fall.

Laut Steffi Mehner, Landesvorsitzende des Berufsverbandes Freier Heilpraktiker in Dresden, ist das Geschehen in Bracht ein Einzelfall, der nicht verallgemeinert werden dürfe. „Wenn ein Arzt einen Fehler macht, wird auch nicht die Berufsgruppe infrage gestellt“, sagt sie. „Die meisten Berufsanwärter absolvieren eine zwei- bis dreijährige Ausbildung an einer Heilpraktikerschule.“ Zudem kämen 80 Prozent aus medizinischen Berufen.

Mit Ausnahme von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gibt es in allen Bundesländern einheitliche Prüfungsfragen. Und die Prüfung hat es in sich. „Zwei Drittel bestehen sie nicht“, sagt Annett Hofmann, Sprecherin des Sozialministeriums Sachsen. Ab 2018 soll die Prüfung noch strenger werden. Mehr Theorie, ein Praxisteil und Therapievorschläge sind geplant. „Anlass ist das neue Heil- und Hilfsmittelgesetz, das verbindliche Leitlinien für Heilpraktiker fordert“, sagt Jasmin Maschke vom Bundesgesundheitsministerium.