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Nach Sachsen kommen kaum noch Aussiedler

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zog es viele Spätaussiedler gen Westen. Zahlreiche der Deutschen aus Osteuropa fassten auch in Sachsen Fuß, heute kommen immer weniger.

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Dresden. Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes 2005 nimmt der Zustrom von Aussiedlern aus Osteuropa nach Sachsen ab. Kamen 1995 noch 18.620 vor allem aus Russland, waren es 2012 gerade mal 102, wie der Ausländerbeauftragte der evangelischen Landeskirche Sachsens, Albrecht Engelmann, der Nachrichtenagentur dpa sagte. „Dafür gibt es verschiedene Gründe.“ Viele Einreisewillige könnten die schärferen Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen. „Außerdem gibt es in der Generation derer, die Verfolgung erlebten, nicht mehr viele Menschen.“

Ihnen soll seit 1996 der Begegnungstag der Landeskirche helfen, der diesmal erstmals gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) organisiert wird. Dazu werden am 14. September rund 1.500 Teilnehmer in Torgau erwartet, wie Oberkirchenrat Friedemann Oehme von der Landeskirche am Freitag in Dresden sagte. Der Aussiedlertag mit je um die 1.000 Teilnehmern sei in dieser Form inzwischen bundesweit einmalig. „In den anderen Landeskirchen gibt es das kaum noch und wenn, dann viel kleiner.“

Mit weniger Zuzug stehe aber nicht mehr das Willkommen im Mittelpunkt. Viel wichtiger seien die Begegnung mit Aussiedlern, Beratung und Information sowie die Einladung zur Integration. Die gelingt Jugendlichen laut Oehme leichter als den Älteren. Nach wie vor sei die Anerkennung von Berufsabschlüssen ein Problem, wobei die Bereitschaft angesichts des Fachkräftemangels bei Land und Bund aber wachse. „Es ist schon ein Problem, wenn ein Arzt als Lagerarbeiter sein Geld verdienen muss.“

Nach Angaben von Engelmann gehören die Aussiedler meist zu den sozial Schwächeren. „Viele müssen eine Anpassungsqualifizierung machen und teils auch Fachsprachkurse“, beschrieb er ihre Mühen. Zudem herrschen in der Bevölkerung laut Engelmann nach wie vor Ressentiments. „Vor allem wenn Aussiedler mit russischer Färbung sprechen, ist sofort die alte Besatzungsmacht präsent.“ Diese Berührungsängste gäben sich aber beim besseren Kennenlernen. „Es hilft, sich die Biografie und eigene Geschichte zu erzählen.“

Oehme schätzt, dass seit 1992 rund zwei Millionen Aussiedler nach Deutschland kamen. Knapp 130.000 davon verschlug es nach Sachsen. Wie viele aber noch im Freistaat leben, ist unbekannt. „Aussiedler sind Deutsche“, die Statistik führe sie nicht extra auf, sagte Oehme. 2012 zogen weitere 102 Aussiedler zu, in diesem Jahr bis Ende April 31. Das waren neun weniger als zum Vorjahreszeitpunkt. (dpa)