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Mythen statt Uniformen - Ausstellungen zur Völkerschlacht in Leipzig

Die zentrale Ausstellung zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht verzichtet auf Uniformen und Säbel. Stattdessen flimmert in der Schau ein zittriger Adolf Hitler auf dem Bildschirm. Das passt.

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Birgit Zimmermann, dpa

Leipzig. Kurz vor Kriegsende verleiht Adolf Hitler 20 Hitler-Jungen das Eiserne Kreuz. Die Deutsche Wochenschau ist dabei und filmt den zittrigen Diktator. Der 33 Sekunden lange Bericht ist jetzt in der großen Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht zu sehen. Hitler in der Jubiläumsschau zur Völkerschlacht? Das klingt merkwürdig, aber es passt. Denn die Schau widmet sich weniger dem Schlachtgetümmel, als vielmehr den Mythen und Symbolen, die 1813 entstanden und über die Jahrhunderte gepflegt, verdreht und auch instrumentalisiert wurden.

Das Eiserne Kreuz, so erfährt der Besucher der Schau „Helden nach Maß“, geht auf Friedrich Wilhelm III. zurück, der sich schon 1811 mit der Stiftung eines preußischen Ordens beschäftigte. Das Kreuz wurde zu jenen „Ikonen der Nation“, denen die Leipziger Schau ein eigenes Ausstellungskapital widmet. Noch heute prangt das Kreuz als Hoheits- und Erkennungszeichen der Bundeswehr auf deren Fahrzeugen.

„Es ist eine assoziative Ausstellung. Es ist ein intellektueller Ritt über den Bodensee. Hier geht es weniger um das historische Ereignis der Völkerschlacht. Hier geht es um die Erinnerung und die Bedeutung der Erinnerung“, sagte Museumsdirektor Volker Rodekamp vor der Eröffnung der Ausstellung. In insgesamt acht Kapiteln spürt „Helden nach Maß“ historischen Figuren und Symbolen nach und fragt, was später daraus wurde.

Daraus ergeben sich mitunter überraschende Blickwinkel. Unter der provokanten Überschrift „Geistige Brandstifter“ wird etwa der Dichter und Völkerschlacht-Teilnehmer Ernst Moritz Arndt (1769-1860) vorgestellt. Kurator Steffen Poser nennt Arndt einen Zwiespältigen, dessen Begeisterung für die Idee der Nation schließlich in Fanatismus umgeschlagen sei. Wie passend also, dass 1955 der Ober-Agitator des DDR-Fernsehens, Karl-Eduard von Schnitzler, mit der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille der Nationalen Front ausgezeichnet wurde.

„Helden nach Maß“ ist vom 4. September 2013 bis zum 5. Januar 2014 zu sehen. Die Schau zählt zu den Höhepunkten des Völkerschlacht-Gedenkens in Leipzig in diesem Jahr. 1813 unterlag Napoleon den verbündeten Truppen Preußens, Russlands, Schwedens und Österreichs in der 500.000-Mann-Schlacht. Rund 90.000 Menschen kamen damals ums Leben. Das Leid und das Grauen der Völkerschlacht versucht „Helden nach Maß“ in einem Epilog zu zeigen. Prothesen aus Leder und Metall sind zu sehen und ein - besonders schauriges - Exponat, die sogenannten Waterloo-Zähne: ein Gebiss, das aus echten, herausgebrochenen Zähnen von Gefallenen gefertigt wurde. (dpa)