Merken

Mord und Totschlag ungeklärt - die Polizei ermittelt weiter

Ein Jahr hat die Polizei bei dem getöteten Baby von Schwarzenberg im Erzgebirge erfolglos nach dem Täter gefahndet. Kein Einzelfall. Doch die ungelösten Tötungsdelikte sind nicht vergessen.

Teilen
Folgen

Von Ralf Hübner

Dresden. Die Fahndung geht weiter: In mehr als 20 Fällen von Mord und Totschlag jagt die Polizei in Sachsen seit Jahren vergeblich die Täter. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Jüngster ungelöster Fall ist das getötete Baby von Schwarzenberg im Erzgebirge, das vor etwa einem Jahr in einem Altkleidercontainer gefunden wurde. Bei einem Massengentest hatten die Ermittler etwa 2.150 DNA-Proben genommen und zuletzt im Oktober 2011 in der ZDF-Fernsehsendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Gesucht wird die Mutter des Säuglings, eine Frau im Alter zwischen 14 und 46 Jahren. Andere ungelöste Fälle liegen schon Jahrzehnte zurück.

Zwei ungeklärte Todesfälle in Zwickau

Im April 1987 wurde die 18-jährige Heike Wunderlich in einem Wald bei Plauen im Vogtland tot gefunden. Sie ist eine von zwei ungeklärten Altfällen der Polizei in Zwickau. Hauptkommissar Enrico Petzold nimmt sich den Fall seit etwa zehn Jahren immer wieder vor - „wenn es die Zeit zulässt“, wie er sagt. Die junge Frau war damals am späten Abend mit ihrem roten Moped auf dem Heimweg, kam dort aber nie an. Am folgenden Tag wurde ihre Leiche gefunden, daneben das Moped. Personalausweis, Schlüsselbund mit silberfarbener Schmuckkette sowie ein schwarzer Ledergürtel fehlten.

1991 wurden die Ermittlungen eingestellt und 1999 wieder aufgegriffen. Mit der damals noch neuen Genanalyse wurden in den Sachen der Toten noch einmal Spuren gesucht - und gefunden. Bei rund 2400 Männern wurde seither der genetische Fingerabdruck überprüft. Bisher ohne Erfolg. „Der Fall ist nicht weggelegt“, versichert Petzold. Der 42-Jährige hat die Hoffnung nicht aufgegeben, den Täter noch zu finden.

Bei der Polizeidirektion Dresden sind sieben Tötungsdelikte ungelöst. „Im vergangenen Jahr hat uns ein Fall von 1991 noch einmal beschäftigt“, berichtet Polizeisprecher Thomas Geithner. Damals war ein 26-Jähriger in Dresden auf offener Straße niedergestochen worden. Es gab viele Zeugen und doch konnte der Täter unerkannt entwischen. Die Staatsanwaltschaft hat 5.000 Euro Belohnung ausgesetzt, 2011 wandten sich die Ermittler noch einmal in „Aktenzeichen XY...ungelöst“ an die bundesweite Öffentlichkeit. „Etwa 100 Hinweise sind eingegangen. Den Durchbruch hat es aber noch nicht gegeben“, sagt Geithner.

In Nünchritzer Fall von 2004 wird noch ermittelt

Auch den Fall der 66-jährigen Vera Marotz aus Nünchritz haben die Ermittler noch nicht aufgegeben und erst im vergangenen Jahr neue Speichelproben für Gentests genommen. Die Seniorin war lebend zuletzt in der Nacht zum 20. Oktober 2004 auf der Straße zwischen Nünchritz und Grödel bei Riesa an der Elbe mit einem Handwagen gesehen worden. Am folgenden Tag wurde sie mit schweren Kopfverletzungen tot am Straßenrand gefunden. Die Ermittler suchen nach einer jungen Frau, deren genetischen Fingerabdruck sie an der Leiche entdeckten. Möglicherweise hat eine Gruppe Jugendlicher mit dem Fall zu tun, die etwa zur gleichen Zeit auf jener Straße unterwegs gewesen sein soll. „Wir werden diesen Fall schon noch aufklären“, verspricht der Polizeisprecher der Polizeidirektion Oberes Elbtal-Osterzgebirge, Wolfgang Kießling.

In Görlitz sorgte im Oktober 1997 der Mord an dem Bauunternehmer Christian Michalski für Aufsehen. Der 32-Jährige war von einem Unbekannten mit einem Schuss in die Brust verletzt worden, als er morgens aus dem Haus kam. Mit letzten Kräften schleppte sich der Mann zu einem nahen Polizeirevier, wo er starb. Der Fall sei zwar nicht vergessen, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Aber es gibt derzeit keine konkrete Spur.“

Auf dem Tisch Polizeidirektion Westsachsen liegen noch zwei Altfälle aus den Jahren 1977 und 1984, etwa fünf sind es je im Bereich der Polizeidirektionen Leipzig und Chemnitz-Erzgebirge. Der bekannteste davon ist der sogenannte Torso-Fall von Chemnitz. Im Juli 1993 wurde an der Ortsverbindungsstraße Chemnitz-Erdmannsdorf in einem Wald eine Sporttasche gefunden. Der Tote war ohne Kopf, Arme und Beine. Laut Staatsanwaltschaft Chemnitz gibt es in diesem Fall derzeit „keinerlei neue Erkenntnisse“. (dpa)