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Mit viel Leidenschaft in die Pleite

Ein Ex-Präsident von Dynamo Dresden vor Gericht: Jochen Rudi saß am Freitag unter anderem wegen Insolvenzverschleppung auf der Anklagebank.

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© Robert Michael

Von Maren Soehring

Dresden. Rein rechtlich war es ein Routine-Verfahren, knappe eineinhalb Stunden hatte Richter Jürgen Scheuring für die Verhandlung am Amtsgericht Dresden angesetzt. Angeklagt war Jochen Rudi, der von 2002 bis 2007 bei Dynamo Dresden als Präsident amtierte. Unter anderem musste sich der ehemalige Geschäftsmann wegen Insolvenzverschleppung, Bankrott und Betrug verantworten. Gegen einen Strafbefehl über 630 Tagessätze hatte Rudi Einspruch eingelegt, wollte seine Sicht der Dinge schildern.

Der heute 65-Jährige war ab April 2005 alleiniger Geschäftsführer der Erhardt Fahrzeugwerke DD GmbH. Das im Dresdner Industriegelände ansässige Unternehmen war auf Bauteile für Lkws spezialisiert und sei, so die Anklage, ab Januar 2012 faktisch zahlungsunfähig gewesen. Bis Ende des Jahres beliefen sich die Außenstände auf knapp eine Million Euro. Ein Insolvenzantrag sei jedoch erst durch Rudis Nachfolger im Januar 2013 gestellt worden. Auch die Bilanzen der Jahre 2010 und 2011 wurden nicht ordnungsgemäß abgegeben, Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von rund 36 000 Euro an die Krankenkassen im Jahr 2012 nur verspätet gezahlt. Außerdem soll Rudi im Herbst 2012 noch zwei Leiharbeiter beschäftigt haben, obwohl er damals gewusst haben soll, dass er deren Gehalt nicht zahlen kann – strafbar als Betrug.

Er habe immer nur im Interesse des Unternehmens gehandelt, vor allem auch die Arbeitsplätze sichern wollen, so Rudi. In den ersten Jahren habe die Erhardt Fahrzeugwerke DD GmbH gute Gewinne gemacht, im Zuge der Wirtschaftskrise 2008 sei das Geschäft erstmals eingebrochen und habe sich auch nicht wieder richtig erholt, so Rudi. Er habe dann Gutachten eingeholt, mit den Banken verhandelt, nach Investoren gesucht und sei auch erfolgreich gewesen: Zusammen mit anderen Gläubiger-Banken wollte die Sächsische Aufbaubank SAB auf Außenstände von fast zwei Millionen Euro verzichten. Auch ein Schweizer Investor sei ernsthaft interessiert gewesen. „Ich habe immer noch gehofft, dass wir es schaffen“, sagte Rudi. Doch dazu kam es nicht mehr: Die Zusage zum Schuldenerlass kam erst Mitte Januar 2013, wenige Tage später wurde Jochen Rudi als Geschäftsführer abgelöst. Das Unternehmen ging vorläufig in die Insolvenz, hat aber inzwischen unter anderem Namen wieder Zukunftsperspektiven.

Zuvor hatte auch Jochen Rudi noch Firmenbeteiligungen und Immobilien verkauft, den Erlös in die Firma gesteckt. „Ich wollte vor allem auch die Arbeitsplätze retten“, erklärte Rudi. Bis zu einer Million Privatvermögen hat er in die Firma investiert. Heute lebt er in der Privatinsolvenz, bekommt nach eigenen Aussagen eine monatliche Rente von 260 Euro und bis zu 700 als Honorar als Vertreter für Küchenmaschinen.

„Sie sind ein Macher und ein Kämpfer, haben sich Hilfe geholt und die Zahlen dann nicht mehr im Blick gehabt“, so Richter Jürgen Scheuring in der Urteilsbegründung. Den Betrugs-Vorwurf stellte das Gericht ein, da der Angeklagte diese Verträge nicht selbst verhandelt hatte. Verurteilt wurde Rudi zu einer Geldstrafe von 10 500 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig.