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Mit Schlauchboot in Namensnot

Felix wird auf der Talsperre Kriebstein von der Wasserschutzpolizei angehalten und verwarnt. Nun hat aber sein Vater ein Problem.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Waldheim. Diese Story wird Felix Thomas wohl später noch einmal seinen Enkeln erzählen: Seine erste Polizeikontrolle hat er in einem Schlauchboot sitzend auf der Talsperre Kriebstein erlebt. „Ich hatte ein alkoholfreies Radler dabei. Die Wasserschutzpolizisten haben mich zu sich rangewunken und dann sollte ich pusten“, erzählt er. Im Mai ist er 18 Jahre alt geworden. Seinen Autoführerschein hat er erst seit wenigen Wochen. Doch damit der Kuriosität noch nicht genug. Die Polizisten hatten noch ein ernstes Wörtchen mit Felix zu reden. „Sie haben mir gesagt, dass an meinem Boot der Name fehlt“, erzählt er. Wohlgemerkt: Felix hat in einem Schlauchboot gesessen. „Das hat mein Vater im Supermarkt gekauft“, erzählt er. Rund 40 Euro habe es gekostet, ergänzt Dietmar Thomas.

Es ist ein Schlauchboot, wie es bei schönem Wetter auf zahlreichen Gewässern zu sehen ist. „Ich schätze, es ist um die zwei Meter lang und einen Meter breit. Wenn drei Erwachsene drin sitzen, wird’s eng“, sagt Felix. Nie im Leben wäre er auf die Idee gekommen, dass ein handelsübliches Schlauchboot einen Namen bekommen muss. „Sie sagten mir, dass der Name gut sichtbar und an beiden Seiten platziert sein muss, weil es sich um ein Wasserfahrzeug handelt“, so Felix.

Wer das hört, denkt zuerst an Polizisten mit viel Humor, die sich ein kleines Späßchen mit einem jungen Burschen erlaubt haben. Aber weit gefehlt. Sie können sogar Paragrafen zitieren. Zum Beispiel den hier: „§ 1.01 BinSchStrO“. Hinter der Abkürzung verbirgt sich die Binnenschifffahrtstraßenordnung. Derzufolge werden „auch im Supermarkt gekaufte Schlauchboote im Schifffahrtsrecht als Kleinfahrzeuge klassifiziert“, erklärt Daniel Adner, Sprecher der Bereitschaftspolizei – der ist die Wasserschutzpolizei angegliedertDas Schlauchboot benötigt einen Namen oder eine Devise. Als Beispiele nennt er „Freundschaft“ und „Sonnenschein“. Der Name ist auf beiden Außenseiten des Kleinfahrzeugs in gut lesbaren, mindestens zehn Zentimeter hohen lateinischen Schriftzeichen anzubringen. Die Schriftzeichen müssen in heller Farbe auf dunklem Grund oder in dunkler Farbe auf hellem Grund angebracht sein.

Felix erzählt: „Mir haben die Polizisten gesagt, ich hätte den Namen mit einem wasserfesten Edding draufschreiben können.“ Doch das überlässt er lieber seinem Vater. Schließlich ist er der Bootshalter. Ja, auch da wird eine Unterscheidung getroffen. Denn wenn die Beamten es ganz genau genommen hätten, hätten sie den 18-Jährigen auch noch zur Kasse bitten können: Es existiert nämlich auch ein Buß- und Verwarnungsgeldkatalog für Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen. „Dieser sieht bei Verstößen der Kennzeichnungspflicht für den Schiffsführer (Bootsführer) und den Eigentümer jeweils ein Verwarngeld in Höhe von 35 Euro vor“, erklärt Daniel Adner. Wobei auf das Wörtchen „und“ viel Wert gelegt wird. 70 Euro hätte die Familie Thomas das Vergehen aus Unwissenheit also kosten können.

Vater Dietmar nimmt’s mit Humor: „Ich muss erstmal schauen, wo ich luftdichte Nieten bekomme. Schließlich bin ich gelernter Instandhaltungsmechaniker und kein Maler. Ich will das Schild schon auf mechanische Weise an meinem Boot anbringen.“ Bereitschaftspolizeisprecher Daniel Adner gibt Tipps: „Am Schlauchboot eignen sich natürlich Aufkleber oder wasserfeste Beschriftungen am besten. Es wurden aber auch schon mit Bindfäden befestigte Schilder verwendet.“

Doch noch ist das Schlauchboot noch immer nicht regelkonform unterwegs. Denn auch die Anschrift des Halters muss noch ergänzt werden. „Der Eigentümernachweis muss irgendwo am oder im Boot sein, der auch erst auf den zweiten Blick zu finden sein braucht“, erklärt Adner.

Und wozu das Ganze? Das weiß Thomas Katzschmann von der Abteilung Kanu des SV Leisnig 90. „Damit der Bootsführer von der Wasserschutzpolizei direkt angesprochen werden kann.“ Sonst müssten die Beamten ja nach Bootsfarbe oder Kleidung der Mannschaft gehen. Des sei unpraktikabel. „Das haben wir aber auch nicht gewusst“, gibt Katzschmann zu. Erst bei einer Ausfahrt in Berlin vor fünf oder sechs Jahren sind die Leisniger Kanuten ebenfalls von der Wasserschutzpolizei auf die Kennzeichnungspflicht hingewiesen worden. Seitdem tragen alle Boote der Leisniger Sportler Namen.

Die Wasserschutzpolizei ist unregelmäßig auf der Talsperre Kriebstein unterwegs. „Sie kommt unangemeldet“, erzählt Thomas Caro, Geschäftsführer des Zweckverbands Kriebsteintalsperre. „Für Schlauchboote ohne Motoren können Fantasienamen vergeben werden. Sobald sie aber einen Motor mit mehr als vier PS haben, müssen sie laut Sportbootverordnung amtlich registriert sein“, sagt er. Die Zahl der motorisierten Kleinfahrzeuge auf der Talsperre habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Boote des Kanuverleihs tragen alle ein amtliches Kennzeichen, ebenso die Fahrgastschiffe.

Und wie ist das nun mit Biertrinken im Boot? Auf dem Wasser gelten ähnliche Bedingungen wie auf der Straße – auch was den Alkoholkonsum betrifft. „Bei muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen beginnt die absolute Fahruntüchtigkeit der Bootsführer, wie bei Fahrradfahrern im Straßenverkehr, bei 1,6 Promille, erklärt Daniel Adner von der Bundespolizei. Bei Bootsführern von motorbetriebenen Wasserfahrzeugen verhalte es sich wie bei Kraftfahrzeugführern im Straßenverkehr. Bei Felix Thomas hätten die Wasserschutzpolizisten an dieser Stelle aber nicht nochmal abkassieren können. „Ich hatte 0,0 Promille. Das Radler war ja alkoholfrei“, erzählt er.