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Mit Pferd und Technik

Das Moritzburger Wildgehege hat Vorrang beim Beseitigen der Sturmschäden. Erst danach kann die Technik in den Staatswald. Auch im Wettiner-Forst sind die Schäden riesig.

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© SZ/Sven Görner

Von Sven Görner

Moritzburg. Olga, Ulf und Eido legen sich mächtig ins Geschirr. Mit ihren kräftigen Körpern ziehen sie Stammabschnitte und dicke Äste aus den Waldstücken des Wildgeheges auf die Hauptwege. Die drei imposanten Pferde vom Fuhrbetrieb Güntke aus Bärwalde gehören zur Rasse Sächsisch-Thüringisches Kaltbult. Als es noch keine schwere Forsttechnik gab, waren sie für das Holzrücken im Wald zuständig. Heute sind diese Pferde selten geworden. Denn gebraucht werden sie nur noch, wo die Maschinen aufgrund der Gelände- und Bodenverhältnisse nicht zum Einsatz kommen können oder sollen. So wie jetzt nach dem Orkan Friederike im Wildgehege Moritzburg.

In der Luchsanlage werden dabei auch Stämme entnommen, die bei einem neuen Sturm fallen könnten.
In der Luchsanlage werden dabei auch Stämme entnommen, die bei einem neuen Sturm fallen könnten. © SZ/Sven Görner

„Wenn wir hier die Technik reinlassen, geht zuviel kaputt“, sagt Ronald Ennersch, der amtierende Leiter der zum Sachsenforst gehörenden Einrichtung. Was er damit meint, sieht man beim Blick auf die Hauptwege. Dort haben der im Einsatz befindliche Harvester – mit diesem können Bäume gefällt, von den Ästen befreit und die Stämme auf die gewünschte Länge geschnitten werden – und der Forwarder – er übernimmt das Rücken – deutliche Spuren in dem durchfeuchteten Boden hinterlassen.

Axel Gürntkes Pferde sind in dem Durcheinander der vom Sturm kreuz und quer geworfenen Kiefern auch viel wendiger als die großen Fahrzeuge. Und so mischen sich hier die leisen Kommandos Axel Gürntkes und seiner Mitarbeiter mit dem Kreischen der Kettensägen der beiden Waldarbeiter, die das Holz für den Transport vorbereiten.

Seit Freitag klingelt das Telefon des Bärwalders deutlich öfter als sonst. Denn die Nachfrage nach den Diensten von Olga, Ulf und Eido hat sich sprunghaft erhöht. „Alle drei stammen aus unserer eigenen Zucht“, sagt Axel Güntke nicht ohne Stolz. Insgesamt hat er acht Rückepferde.

Im Wildgehege gibt es für seine Vierbeiner in dieser Woche noch reichlich zu tun. Nach dem Aufräumen der auf Wege und Gehegezäune gefallenen Bäume werden mit dem Harvester nun die Stämme gefällt, die der Sturm schon angeschoben hat, wie die Forstleute sagen. Diese stehen zwar noch, aber ihre Wurzeln haben Schaden genommen. Oder ihr Fall wurde von einem anderen Baum gestoppt. Sie alle können auch ohne Vorwarnung ganz zu Boden gehen. Am Montag wurde so unter anderem eine schräg liegende Kiefer am Luchsgehege entfernt. Allerdings nicht ganz. Ein Teil der Krone hängt immer noch in einem der benachbarten Bäume. „Wir haben einige solcher Fälle“, sagt Ronald Ennersch. „Da werden wir uns wohl Baumkletterer zu Hilfe holen müssen.“

Wenn die Forstmaschine ihre Arbeit in der Luchsanlage erledigt hat, sollen die durch Friederike zerstörten Zäune schnell wiederhergestellt werden. „Denn die Luchse brauchen ihren Platz.“ Derzeit müssen sich die beiden Luchsdamen mit der zur Anlage gehörenden kleinen Voliere begnügen.

Gebraucht werden die beiden Forstmaschinen indes auch dringend im Moritzburger Staatswald-Revier. Das umfasst rund 1 500 Hektar. Revierleiter Marko Groß rechnet hier nach der Sturmnacht mit rund 5 000 Festmetern Holz, das in den nächsten Monaten aufgearbeitet werden muss. Zum Vergleich: Bei Sturm Herwart Ende Oktober letzten Jahres waren es rund 2 000 gewesen. Insgesamt entspricht das der jährlichen Holzeinschlagmenge im Moritzburger Staatswald. Aufgearbeitet waren von dem Herbst-Sturmholz gerade einmal rund zehn Prozent, da die Technik erst seit 14 Tagen zur Verfügung stand. Nun müssen zunächst wieder die Wege freigeräumt werden, bevor das Wurf- und Bruchholz weiter aus dem Wald geholt werden kann. Auch das Neue.

Daniel von Sachsen, der Leiter der Wettinischen Forstverwaltung rechnet mit um die 5 000 Festmeter Schadholz je 1 000 Hektar. Insgesamt bewirtschaftet der Betrieb im Friedewald und in der Kienheide 1 2000 Hektar. Der Forstmann vergleicht Friederike mit Kyrill, der auf den Tag genau vor elf Jahren gewütete hatte. Damals hatte Daniel von Sachsen gerade die Leitung der Wettinischen Forstverwaltung übernommen. „Nach Kyrill gab es allerdings deutlich mehr Wurfnester. Diesmal sind die Schäden mehr auf die Fläche verteilt.“ Einfacher wird deren Beseitigung damit indes nicht. Im Gegenteil. „Zudem wird der Wald so auch anfälliger für neue Sturmereignisse.“

Glücklicherweise glimpflich weggekommen ist der Bestattungswald. „Schäden hat es dort vor allem in den Randbereichen gegeben, die später einmal genutzt werden sollen. Dort stehen noch sehr viele Kiefern.“ Allerdings fielen durch den Sturm auch zwei schon ganz ansehnliche Eichen um. „An diesen hatte es aber noch keine Bestattungen gegeben und sie waren auch noch nicht vergeben“, sagt Daniel von Sachsen.

Wie sein Forstkollege vom Staatswald, appelliert auch der Betriebsleiter der Wettinischen Forstverwaltung an die Vernunft der Bürger, dem Wald derzeit lieber fern zu bleiben. „Die Gefahr ist zu groß, auch wenn sie nicht immer gleich sichtbar ist.“

Ähnlich äußert sich die Untere Forstbehörde im Landratsamt. Anders als die Landeshauptstadt will sie aber keine Allgemeinverfügung erlassen, die ein Betreten der Wälder bei Androhung eines empfindlichen Bußgeldes verbieten würde. „Eine Allgemeinverfügung hätte zur Folge, dass alle Waldfläche im Landkreis gesperrt sind, einschließlich deutlicher Kennzeichnung“, so das Landratsamt. „Im Westen des Landkreises hat der Wald aber kaum Schaden genommen. Es wäre also ungerecht, die Gesamtflächen zu sperren.“