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Mit Flaschentrick zur Weltmeisterschaft

Der Löbauer Gymnasiast Paul Linke vertritt Deutschland bei Physik-Wettbewerb in Peking. Er ist der Wasser-Versteher.

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© Rafael Sampedro

Von Markus van Appeldorn

Wenn Paul Linke daheim in Kemnitz immer und immer wieder eine Wasserflasche in einem Salto auf den Küchentisch wirft, zweifeln die Eltern nicht etwa am Verstand ihres Sohnes. Denn was Paul da macht, ist ein physikalisches Experiment. Und mit seiner Art des Flaschendrehens hat es der 18-jährige Abiturient des Löbauer Geschwister-Scholl-Gymnasiums weit gebracht. Paul Linke bildet mit vier anderen Gymnasiasten das deutsche Team beim International Young Physicist‘s Tournament (IYPT) in Peking. Das internationale Turnier von Nachwuchs-Physikern gilt als Physik-Weltmeisterschaft.

„Glücklicherweise haben einige Parameter für mich gesprochen“, kommentiert Paul Linke wissenschaftlich zurückhaltend seinen Erfolg, an dem auch seine Abiturkollegen Fabian Bartuschk aus Oppach und Christoph Seibt aus Zittau teilhaben. Die drei bilden am Geschwister-Scholl-Gymnasium seit zwei Jahren das Physik-Wettbewerbs-Team „C4LQL83D“. Das liest sich erst mal kompliziert, lässt sich aber bei genauerem Hinsehen als das englische Wort „CALCULATED“ entziffern und heißt auf Deutsch einfach „berechnet“. „Wir haben diesen Namen gewählt, weil der Wettbewerb viel mit mathematischen Problemen zu tun hat“, sagt Paul Linke.

Der letzte Wettbewerb, das war der deutsche Vorausscheid zum IYPT im Februar im nordrhein-westfälischen Bad Honnef. Das Löbauer Team belegte einen Spitzenplatz. Und nach einem weiteren Test-Wochenende der besten zehn Teilnehmer an der Universität Ulm stand Paul Linke als Mitglied des deutschen Teams für Peking fest. Uwe Kopte, am Gymnasium Fachberereichsleiter für mathematische und naturwissenschaftliche Fächer (MINT-Fächer) sieht den Erfolg als vorläufigen Höhepunkt der Exzellenz-Initiative des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. „Die drei gehören zum ersten Jahrgang, der hier die vertiefte mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung begonnen hat“, sagt Kopte. Und diesen Erfolg haben sich die Jung-Physiker in vielen Stunden Experimentieren neben der eigentlichen Arbeit fürs Abitur erarbeitet – zum Beispiel mit jenem Flaschenwurf. „Wir haben den Bottle Flip Tausende Male wiederholt, mit verschiedenen Flaschen“, sagt Paul Linke, „hier in der Schule und eben auch daheim.“

Bei diesem auch für die Physik-Weltmeisterschaft bedeutenden Experiment geht es um etwas, was viele Menschen schon im Alltag beobachten konnten: Wenn man eine teilweise gefüllte Kunststoff-Flasche in einem Salto wirft, fällt sie oft nicht um, sondern richtet sich wieder auf. Unter welchen Umständen und warum das so ist – das sollen die Teilnehmer bei der Physik-Weltmeisterschaft wissenschaftlich herleiten und vor einer Fachjury begründen. Physikalisch bedeutsam sind dabei etwa die Drehbewegung der Flasche, die Bewegung des Wassers oder auch die Verformung der Flasche beim Aufprall. „Turbulente Strömungen“, nennt Paul Linke das oder „Translations-Energie“ und schließlich. „Ich habe eine Theorie aufgestellt“, sagt Paul Linke, „die Füllhöhe sollte dem Durchmesser der Flasche entsprechen.“ Solche Theorien gilt‘s dann im Wettbewerb zu belegen und wissenschaftlich zu untermauern.

„Mit schulischen Mitteln stößt man da sehr schnell an Grenzen“, sagt Fachbereichsleiter Uwe Kopte. Manche dafür nötigen Rechenleistungen würden einen Computer zum Beispiel tagelang beschäftigen. Aber die Forschergruppe des Geschwister-Scholl-Gymnasiums bekam wissenschaftliche Hilfe. „Wir haben fachliche Beratung im Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf bekommen“, sagt Paul Linke. Dort sitzen Experten für „Fluid-Dynamik“, also für das Strömungs-Verhalten von Flüssigkeiten. Und der Fachbereich Elektrotechnik und Physik der Hochschule Zittau-Görlitz lieferte mit hochwertiger Mess-Elektronik experimentelle Unterstützung.

Paul Linke hofft nun auf einen Erfolg in Peking, doch er hält sich auch an das Olympische Motto: „Bei der Physik-WM dabei sein zu dürfen, ist schon eine Auszeichnung im Lebenslauf“, sagt er. Denn er strebt auch nach dem Abitur eine wissenschaftliche Karriere als Physiker an. Die WM könnte eine Top-Bewerbung sein: „Da stehen internationale Universitäten hinter dem Wettbewerb und da schauen viele Universitäten hin.“