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Mission Walderlebnis

Der Sachsenforst plant einen hundert Kilometer langen Wanderweg in der Sächsischen Schweiz, aber auf der anderen Elbseite. Dabei geht es nicht nur um den Tourismus.

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© Kristin Richter

Von Gunnar Klehm

Sächsische Schweiz. Es herrscht ein Ungleichgewicht in der Sächsischen Schweiz. In den Nationalpark, der sich rechts der Elbe befindet, kommen jedes Jahr schätzungsweise knapp zwei Millionen Besucher. Im linkselbischen Elbsandsteingebirge gibt es mit der Festung Königstein zwar auch einen Punkt, den Millionen Besucher ansteuern. Die Zahl der Wanderer ist in den ausgedehnten Waldgebieten ringsum aber viel geringer als im Nationalpark. Dabei sind die Aussichten und die Tafelberge nicht weniger interessant.

In den Gästebüchern der Trekkinghütten und Biwak-Plätze des Sachsenforstes haben Wanderer bewegende Geschichten hinterlassen. Das Gebiet hat offenbar Potenzial.
In den Gästebüchern der Trekkinghütten und Biwak-Plätze des Sachsenforstes haben Wanderer bewegende Geschichten hinterlassen. Das Gebiet hat offenbar Potenzial. © SZ/Klehm
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Deshalb hat der Staatsbetrieb Sachsenforst, dem sowohl die Nationalparkverwaltung als auch der umliegende Forstbezirk Neustadt zugeordnet sind, die Belebung des linkselbischen Bereiches begonnen. Seit 2012 wird an dem Projekt Forststeig geplant. Uwe Borrmeister, der Leiter des Forstbezirks Neustadt, hat mal wieder einen Zwischenbericht gegeben und den Arbeitsstand des Forststeigs vorgestellt. Die Feinplanung auf deutscher Seite steht, wie er sagt. Durchgängig begehbar ist die Strecke jetzt aber noch nicht.

Was geplant ist

Ziel war es, einen Weg zu planen, der gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist und der so viele Attraktionen wie möglich erreicht. So wurde eine rund 100 Kilometer lange Route festgelegt, die von Schöna über den Großen Schneeberg in Tschechien bis nach Bad Schandau führt. Der Weg verläuft über 17 Aussichtspunkte, darunter Großer Zschirnstein, Tissaer Wände, Zeisigstein, Grenzplatte, Rotstein, Katzstein, Gohrisch oder Papststein. Wanderer sind fast ausschließlich im Wald unterwegs. Auch deshalb ist der Name Forststeig äußerst passend.

Was noch zu tun ist

Markierte Wanderwege gibt es jetzt schon auf der Strecke. Einige Abschnitte werden in Zusammenarbeit mit den Wegewarten der Regionen integriert. Es müssen aber noch zusätzliche Verbindungen hergestellt werden. „Bei drei bis fünf Prozent der Strecke auf unserem Gebiet wäre noch etwas freizuschneiden oder die Begehbarkeit herzustellen“, sagt Uwe Borrmeister. Das bedeute aber nicht, dass jeder Baumstamm weggeräumt wird. „Über die man gut drüber steigen kann, die sollen ruhig liegen bleiben“, sagt der Forstbezirkschef. Seine Behörde hat zwei Bundesfreiwillige gefunden, die die Strecke ablaufen, sie dokumentieren und Hinweise geben. Den Gemeinden und den Tourismusverantwortlichen soll die Feinplanung Anfang 2017 vorgestellt werden.

Gute Zusammenarbeit mit Tschechien

Der Sachsenforst hat eine Kooperation mit den Behörden in Tschechien zu dem Projekt abgeschlossen. Dort wird selbstständig entschieden, wo der Forststeig entlang führen soll. Eine Feinplanung wie in Sachsen gibt es zwar noch nicht. Fest steht aber, dass der Weg über den Großen Schneeberg und die Tissaer Wände führen soll und dann wieder nach Deutschland. Uwe Borrmeister und seine Mitarbeiter freuen sich über die gute Zusammenarbeit. Selbst der Grenzpfad an sich, auf dem sonst nur Patrouillen liefen, darf teilweise in den Wanderweg integriert werden.

Waldpädagogik ist gesetzlicher Auftrag

So manches Mal muss sich der Forstbezirk aber auch erklären, ob der Tourismus jetzt zum Hauptgeschäft der Förster werden soll. Zuletzt wurden alte Hütten von Forstarbeitern als Schutzhütten für Wanderer umfunktioniert und wurden Biwak-Plätze eingerichtet. „Waldpädagogik ist unsere gesetzliche Aufgabe“, erklärt Anke Findeisen, die Sprecherin des Forstbezirks. Der Forststeig wird intern als Lehrpfad betrachtet.

Das bedeutet nicht, dass entlang der Strecke zahllose Lehrtafeln aufgestellt werden. „Wir wollen damit der Naturentfremdung etwas entgegensetzen“, sagt Anke Findeisen. Sie hat festgestellt, dass die Naturentfremdung rasant zunimmt. Manche Kinder könnten Tiergeräusche kaum noch erkennen. Andere hätten noch nie absolute Stille erlebt. Das könnte man nun auf dem Forststeig. „Auch deshalb ist das Projekt sehr wertvoll“, sagt Anke Findeisen.

Gästebücher machen Freude

Uwe Borrmeister ist sich sicher, „damit den Nerv derjenigen getroffen zu haben, die das Naturerlebnis wollen“, wie er sagt. Das zeigten auch die Gästebücher, die in den jüngst eingerichteten Trekkinghütten und an den Biwak-Plätzen ausgelegt sind. Darin heißt es zum Beispiel: „Der Ofen – das unbekannte Wesen!“ Es sei schon erstaunlich, wie viele nicht wüssten, wie man einen Ofen anheizt. Ein anderer habe geschrieben, dass er zwei Tage Abgeschiedenheit suchte, um für sich etwas zu klären. „Ich hatte mir zwei Nächte vorgenommen. Nach einer konnte ich die Aktion schon abbrechen“, schrieb er. Das sei kein Einzelfall, sagt Anke Findeisen. Die Hütten und Biwak-Plätze sind Teil des Forststeigs. Sie sind hauptsächlich für Familien und Langstreckenwanderer gedacht. „Gruppenreisen oder organisierte Veranstaltungen sind nicht vorgesehen“, sagt Uwe Borrmeister.

Zwei weitere Biwak-Plätze geplant

Wer nicht auf andere Menschen treffen will, der sollte allerdings die Wochenenden in den Schulferien meiden. Da kam es dieses Jahr schon vor, dass die Hütten überbelegt waren. Doch niemand habe sich darüber beschwert. „Im Gegenteil. Es gab viele Gästebucheinträge, bei denen die Autoren erklärten, lange nicht mehr so tiefgreifende und lange Gespräche mit anderen, meist fremden Menschen geführt zu haben“, sagt Anke Findeisen. Beim Lesen habe sie manchmal Gänsehaut bekommen. „Es ist doch schön, dass sich die Menschen hier auf sich einlassen“, sagt sie. Auch das könne ein Stück Waldpädagogik sein. „Ein oder zwei Biwak-Plätze oder Hütten werden wir noch einrichten“, sagt Uwe Borrmeister. Eine größere „Möblierung“ des Weges mit Bänken soll es aber nicht geben. „Es soll ein Walderlebnis bleiben“, sagt er.