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Milchproduktion eingestellt

Das Halten von Milchkühen bringt in Bergen längst keinen Gewinn mehr. Neue Ideen sind gefragt. Eigentlich lohnt sich nur noch Spargel, sagt die Chefin.

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© Uwe Schulz

Von Uwe Schulz

Beschlossen und verkündet. Die Bergener Landwirtschaftsgesellschaft mbH stellt die Milchtierhaltung ein. Neun Mitarbeiter des Betriebs im Umland von Hoyerswerda haben zum 31. August ihre betriebsbedingten Kündigungen erhalten. Für eine Herde von rund 200 Milchkühen wird ein neuer Besitzer gesucht.

Claudia Mönch ist nicht glücklich über diese Entscheidung. Doch sie war offenbar unabwendbar. Die Geschäftsführerin der Landwirtschafts GmbH Bergen-Bluno sah keine andere Möglichkeit. Die ebenfalls in Bergen ansässige Muttergesellschaft musste der Bergener Landwirtschaftsgesellschaft mbH diesen Schritt aufzwängen. Die Agrarprodukt Heideland Bluno GmbH sowie die Spreewitzer Rinderzucht und Landschaftspflege GmbH gehören ebenfalls zum Unternehmensverbund. Und der sah am Horizont die eigene Zahlungsunfähigkeit aufziehen.

Die Milchproduktion der Bergener bedeutete laut Claudia Mönch monatlich über 40 000 Euro Verlust. „Das kann man nur eine bestimmte Zeit ausgleichen“, sagt sie. Die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre, die auf dem Markt zu erzielenden Preise fordern ihren Tribut. „Wenn wir alle Vorkosten zusammenziehen, kommen wir auf circa 50 Cent Herstellungskosten je Liter Milch“, schildert Claudia Mönch. Doch derzeit kann man nur 22,4 Cent je Liter im Verkauf erzielen. Vielleicht sind es irgendwann auch mal wieder 30 Cent. Aber das reicht nicht. Claudia Mönch sieht die Entscheidung daher als Befreiungsschlag.

„Uns steht das Wasser bis zum Hals“, sagt sie. Da sind zum einen die Gegebenheiten wie die vergleichsweise schlechten Böden. Man hatte sich nach dem Prinzip aufgestellt, dass von den Erträgen der Felder man nur leben könne, wenn man diese veredle, also verfüttere und somit zu Milch und Fleisch mache. Doch zumindest bei der Milch funktioniert das nicht mehr. „Eigentlich lohnt sich nur noch Spargel“, sagt Claudia Mönch. Doch dieses Geschäftsfeld kann man nicht nach Belieben ausbauen. Claudia Mönch ist froh, dass man nicht wie schon mal geplant in neue Rinderställe investiert hat. Somit drücken wenigstens keine aus diesem Bereich stammenden Verbindlichkeiten. Es gibt im Land Kollegen, die haben viel investiert, sind von kostendeckender Produktion aber auch weit entfernt und können jetzt eigentlich nicht einmal die Kühe verkaufen. Die Bergener können es und hoffen, dass man die gute Herde los wird, ehe noch viele andere Tiere auf den Markt kommen.

Und nun? Die Ställe in Bergen lässt man dann erst mal leer stehen. Man muss sich aber auch Gedanken machen, was man mit den landwirtschaftlichen Flächen macht. Silo-Mais braucht man nicht mehr, Gras und Heu auch nicht. Andererseits hat man keinen Stalldung mehr für die Felder. Das Jahr war diesmal nicht zu trocken, die Ernte dennoch unterdurchschnittlich. Die Preise sind mies, die Auflagen, die zu erfüllen sind, werden immer höher und kostspieliger.

Also müssen sich die Landwirte fragen, was die Gesellschaft will. „Ist es nicht paradox, dass wir uns im Zivilschutz über private Vorräte Sorgen machen, aber die heimische Landwirtschaft nicht leben kann?“ Man kann mit Claudia Mönch lange über solche Dinge reden. Sie berichtet, was man schon alles versucht hat anzubauen, um dann doch festzustellen, dass die Vermarktungswege fehlen – oder gar der Markt selbst. Also schaut sie auf die Zeichen der Politik. Man wird wohl mehr Flächen einfach liegen lassen. Dafür, dass man die dann alle zwei Jahre einmal mäht und das Schnittgut abtransportiert, bekommen die Landwirte Geld vom Staat. Offenbar gar nicht mal so wenig. Nur sieht das dann nicht mehr unbedingt schön aus. Hin und wieder bekommt Claudia Mönch schon Anrufe, in denen man sich nach den Gründen erkundigt, warum man denn diese oder jene Fläche verkommen lasse. Und beschäftigen kann man von diesen Geldern auch niemanden dauerhaft.

Claudia Mönch weiß nicht, was die Zukunft bringen wird. Sie ist sich sicher, dass die drohende Insolvenz abgewendet ist. Wenn die Bergener keine Milch mehr produzieren – vielleicht wird es dann ja für andere ein bisschen einfacher. Denn die Zahl der Milchbauern reduziert sich deutschlandweit. In Bergen selbst müsse man nun schauen, dass man sich operativ immer neu ausrichte. Es komme, so Claudia Mönch, auf die Kreativität an.