Merken

Mieten im Elbland steigen wegen Dresden

Der Radebeuler Mietspiegel erscheint in wenigen Wochen. Der Coswiger ist gerade auf dem Tisch.

Teilen
Folgen
© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Ein neuer Mietspiegelindex für ganz Deutschland ist gerade im Magazin Spiegel veröffentlicht worden. 345 Städte und Gemeinden wurden verglichen. Durchschnittlich zahlt der deutsche Mieter 6,54 Euro je Quadratmeter Kaltmiete. In München liegt der Durchschnittswert bei über elf Euro, in Dresden bei 5,54 Euro. Doch was nützt dem Wohnungssuchenden der Durchschnitt, wenn die Wirklichkeit ganz anders aussieht.

Wohnungsmakler im Elbland schauen immer auf Dresden – weil das Mietniveau von dort in immer kürzeren Abständen direkt auf die Nachbarschaft im Elbland wirkt. Wer in Dresden eine passable Zwei- oder Dreiraumwohnung sucht, beispielsweise in Neustadtnähe oder Pieschen, muss nahezu immer mit sieben Euro und aufwärts je Quadratmeter rechnen. Beliebte Familienwohnungen um die 100 Quadratmeter, gar in Vierteln wie Striesen und Blasewitz, beginnen oft erst bei zehn Euro und reichen bis zu 13 Euro.

Und diese Tendenz drückt massiv ins Elbland rüber – weil die Dresdner ausweichen und hiesige Vermieter die Nachfrage nutzen. „Nahezu alles, was mit Straßenbahn und S-Bahn erreichbar ist, ist derzeit für Dresdner Familien interessant“, sagt Eyk Schade, Vorsitzender des Mietervereins Meißen. Das sind Radebeul, Coswig und Weinböhla, von wo jeder, der in Dresden Arbeit hat, schnell zwischen Wohnort und Berufsplatz pendeln kann, nicht selten preiswerter und mit der S-Bahn auch schneller als mit dem Auto.

Wie sich das auswirkt, zeigt der gerade erschienene Mietspiegel von Coswig, eine Stadt, in die noch vor wenigen Jahren die wenigsten Dresdner ziehen wollten. Lagen hier die durchschnittlichen Kaltmieten vor drei Jahren noch zwischen fünf und sechs Euro, so hat sich der Durchschnitt um mindestens einen Euro erhöht. Vier-Zimmer-Wohnungen seien Mangelware. Die größten Preissteigerungen gibt es für Wohnungen zwischen 45 und 60 Quadratmetern, weil die von Hartz-IV-Beziehern genauso gesucht würden wie von älteren Bürgern, die vom Dorf in die Kleinstadt ziehen wollen, sagt der Mietervereinsvorsitzende.

Mehr Nachfrage, höhere Mietpreise – sieben Euro kalt, wenn es nicht direkt an der Hauptstraße sein soll, sind in Coswig mittlerweile völlig normal. Bei sz-immo.de sind gerade mal 17 Wohnungen angezeigt. Auf dem Sammelportal immonet.de finden sich einige Angebote mehr, zu gleich hohen Preisen. Ähnlich sind die Suchergebnisse in Weinböhla, auch was die Preise betrifft. Ganze vier Wohnungen zeigt das Portal hier an.

Was auf Coswigs und Weinböhlas Wohnungsmarkt gerade abläuft, hat Radebeul in vielem schon durch. Dicht an Dresden, haben die Großstadt-Familien hier zuerst nach Wohnraum gesucht. Zwischen sieben und acht Euro liegen hier die derzeit angebotenen 30 Mietwohnungen im Portal der Sächsischen Zeitung. Teuer sind besonders kleine Wohnungen bis 40 Quadratmeter und die großen Familienwohnungen ab 90 Quadratmeter.

Makler Jens Beck leitet als Sachverständiger die Expertengruppe, welche den neuen Mietspiegel für Radebeul erarbeitet. Spätestens im Sommer soll er erscheinen. Die vorhandenen Fakten werden gerade abgeglichen. Beck: „Wir müssen uns dabei vor allem auf die großen Vermieter beziehen, wie die Radebeuler Besitzgesellschaft und die Wohnungsgenossenschaften. Viele private Vermieter machen, trotz Aufruf im Amtsblatt, keine Angaben zu den Mietpreisen.“ Obwohl ihnen das auf die Füße fallen könnte, so der Leiter der Arbeitsgruppe. Etwa dann, wenn jemand sich von der Bank Geld leihen will für ein Bauvorhaben, den Mietspiegel zur Hand nimmt, um zu sehen, was an Rendite zu erzielen ist, und dort geringere Mietpreise stehen, als die Wirklichkeit zeigt.

Fakt sei, die Mietpreise ziehen weiter an, wenn auch nicht mehr so rasant in Zehn-Prozent-Schritten wie in den letzten Jahren, sagt Beck. Er sieht Steigerungen von zwei bis fünf Prozent in den folgenden fünf Jahren als realistisch. Eins der größten Probleme am Mietmarkt sei, dass Neubauwohnungen fast ausschließlich im oberen Preissegment mit Mieten ab neun Euro je Quadratmeter gebaut werden, in Dresden wie auch in der nahen Umgebung. Es fehlen die Neubauten mit Sieben-Euro-Mieten.

Dresden erwartet bis 2030 einen Bevölkerungszuwachs auf bis zu 600 000 Einwohner, von jetzt knapp 550 000. Das wird sich auch aufs Umland auswirken, nicht zum Vorteil der Mieter, so die Fachleute.