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Meißner Wein-Affäre geht vor Gericht

Ein Weingut lässt die Arbeit der Behörden überprüfen. Haben sie nach dem Insektenmittel-Fund in den Trauben überreagiert?

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Beim Verwaltungsgericht in Dresden liegt derzeit eine Klage gegen das Landratsamt Meißen vor. Eingereicht hat sie ein sächsischer Weinbaubetrieb, der anonym bleiben möchte. Laut Landratsamt Meißen richtet sich die Klage gegen das Verbot, Wein verkaufen zu dürfen, welcher leicht mit Rückständen eines Insektenmittels belastet ist. Indirekt sei die Landesdirektion Sachsen in den Fall verwickelt, da der Kreis Meißen von dieser angewiesen wurde, so das Landratsamt.

Wie aus Winzer-Kreisen verlautet, soll das Gerichtsverfahren zudem klären, ob die Behörden im Verlauf der sogenannten Wein-Affäre 2016 stets korrekt entschieden und gehandelt hätten. Ausgelöst worden war die Krise durch Funde von Rückständen des Insektenmittels Dimethoat in den Produkten mehrerer sächsischer Winzer. Das Mittel ist zwar für den Obstanbau zugelassen, nicht jedoch für den Weinanbau. Die in sächsischen Weinen dokumentierten Restmengen stellen nichtsdestotrotz keine Gefahr für die Gesundheit dar.

Tatsächlich zeigten sich beim Vorgehen der Ämter gegen sächsische Winzer vor allem im ersten Halbjahr 2016 mehrere Widersprüche. So kritisierte etwa das Meißner Landratsamt die kurzfristig geänderte amtliche Prüfpraxis im Freistaat.

Es dürfte das Ziel der jetzt in Dresden anhängigen Klage sein, mit der zugespitzten Forderung nach Freigabe des belasteten Weins, diesen und andere strittige Punkte für die Zukunft gerichtlich zu klären. Sollten die Richter Fehler finden, könnten sich Klagen auf Schadensersatz anschließen. Beträchtliche Werte stehen zur Debatte. So ist die Rede davon, dass mehr als eine halbe Million Liter Wein von den Behörden als mit nicht zugelassenem Pflanzenschutzmittel belastet eingestuft wurden. Das würde mehr als einem Fünftel der Ausbeute des Jahrgangs 2015 entsprechen. Die Summe der Einnahmeausfälle dürfte mehrere Millionen Euro umfassen. Hinzu kommt ein veritabler Image-Schaden. Selbst Winzer, die nicht direkt betroffen waren, hatten mit Umsatzeinbußen zu kämpfen.

Während das jetzt anstehende Gerichtsverfahren künftig in all diesen Fragen für Rechtssicherheit sorgen soll, haben Sachsens Winzer in der Praxis weitreichende Konsequenzen aus der Affäre von 2016 gezogen. Winzer Jan Ulrich aus Diesbar-Seußlitz hat sich im Laufe des vergangenen Jahres von einem Großteil seiner 80 Traubenlieferanten getrennt. Der Weingutchef entsorgte 16 000 Liter des Jahrgangs 2016 in der Kläranlage Zadel. Bei Sachsens größtem Weinerzeuger, der Sächsischen Winzergenossenschaft Meißen, soll ein engmaschiges Netz an Kontrollen verhindern, dass erneut ähnliche Probleme auftreten. Die rund 1 800 Mitglieder der Genossenschaft wurden und werden zudem intensiv in Pflanzenschutz geschult.

Hilfreich waren zudem die beiden sowohl von der Quantität als auch Qualität her guten bis sehr guten Jahrgänge 2016 und 2017. In einer ersten Schätzung geht das Deutsche Weininstitut für Sachsen von 27 000 Tonnen Lesemenge im vergangenen Jahr aus. Das ist deutlich mehr, als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre erreicht wurde.