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Höhere Honorare beim MDR

Mehrere Sendungen fielen dem Warnstreik zum Opfer. Am Mittwoch kam die Einigung. Erste Eckpunkte sind bekannt.

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© dpa

Von Oliver Reinhard und Thilo Alexe

Zunächst merkte man es dem Nachmittagsfernsehen an: Die Sendung MDR ab Zwei endete am Montag zehn Minuten früher. Dann wurde die aktuelle Berichterstattung durch eine sogenannte Konserve ersetzt. Schließlich fielen TV-Nachrichtensendungen aus. Am Mittwoch ging das Nachrichtenradio MDR aktuell vom Sender. Um 8 Uhr früh schalteten die Techniker in Halle um, damit keine Stille entsteht. Auf der Frequenz lief das Infoprogramm des Bayerischen Rundfunks.

Die Auswirkungen eines Mitarbeiterstreiks hatten den MDR hörbar und sichtlich erreicht. Dem Aufruf des deutschen Journalistenverbandes DJV, der Gewerkschaft Verdi und der Deutschen Orchester-Vereinigung waren allein in der Leipziger MDR-Sendezentrale nach Angaben der Streikleitung 200 Mitarbeiter gefolgt. Betroffen waren auch die Sender-Standorte in Erfurt, Halle und Dresden. Am Mittwochvormittag trafen sich Vertreter der Streikenden mit der MDR-Spitze um Intendantin Karola Wille

Offenbar hatten sie Erfolg. Um 12 Uhr mittags war der Streik beendet, wie eine MDR-Sprecherin in Leipzig der SZ bestätigte. Das Programm lief wieder wie geplant. Streikanlass waren laut Verdi stockende Tarifverhandlungen für die Mitarbeiter des MDR. Die Gewerkschaften forderten eine Anhebung der Gehälter und Honorare um 5,5 Prozent. Auf der Liste stand auch die Einführung eines Familienzuschlags, wie er bei allen anderen ARD-Anstalten üblich sei. Ein dritter Punkt war die Anhebung der Entlohnung bei den regelmäßig anfallenden Sonn- und Feiertagsdiensten. Ein Umstand, der in der Öffentlichkeit wenig registriert wird, obwohl die Programme von TV- und Radiosendern an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr laufen. „Wer am Sonn- und Feiertag zum Dienst kommt, soll angemessen entschädigt werden“, betonte Verdi. Ebenfalls kaum bekannt: Den Großteil der TV- und Rundfunk-Beiträge des MDR steuern freie Mitarbeiter bei.

Bei ihren Forderungen nach Gehalts- und Lohnerhöhungen haben die Gewerkschaften nach ihrer anfänglichen Weigerung das Angebot des MDR akzeptiert. Laut dem Thüringer DJV-Geschäftsführer Ralf Leifer einigten sich die Tarifparteien auf eine Erhöhung der Redakteursgehälter und Honorare um 2,2 Prozent rückwirkend zum 1. April. Zum 1. April 2018 sollen die Löhne um 2,35 Prozent angehoben werden. Die Beschlüsse gelten für den gesamten MDR sowie für die Mitarbeiter des Kinderkanals Kika mit Sitz in Erfurt.

Doch auch der MDR hat sich offenbar auf die Streikenden zubewegt. Leifer zufolge einigte man sich nicht nur auf die Erhöhung der Sonn- und Feiertagshonorare für freie Mitarbeiter, sondern auch darauf, dass der Beschluss zunächst nur bis Ende 2020 gelten soll. Ursprünglich hatte der MDR darauf bestanden, dass im Falle einer Anhebung bis 2022 nicht mehr neu über das Thema verhandelt wird.

Dem MDR zufolge hat sich die Anstalt mit den Gewerkschaften auf Eckpunkte geeinigt, die nun konkretisiert werden. Dazu zählt nach SZ-Informationen auch der Familienzuschlag. Über den soll erst verhandelt werden, wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten neue Daten vorgelegt hat. Verbesserungen gibt es für feste freie Mitarbeiter. Sie sollen künftig ab dem ersten und nicht ab dem vierten Krankheitstag Krankengeld erhalten, allerdings sinkt die Höhe leicht.

Bei der öffentlich-rechtlichen Anstalt gibt es eine Vielzahl von Beschäftigungsformen. Sie reichen von Redakteuren aus der Anfangszeit, die mehrere Tarifsteigerungen erhielten, über feste freie und freie Mitarbeiter. Das macht Angaben zur Höhe der Bezahlung schwierig. Nach vom Sender unbestätigten SZ-Informationen kann ein langjähriger fest angestellter Redakteur brutto 60 000 Euro im Jahr verdienen. Es gibt fest-freie Radioreporter, die rund 200 Euro am Tag bekommen, manche auch weniger. Beim TV sind die Sätze den Informationen zufolge höher. Die meisten freien Autoren können aber nicht täglich einen Beitrag im Programm unterbringen.

Der Streik stieß auf vergleichsweise großes öffentliches Interesse. Ein Grund dafür neben dem Ausfall von Sendungen ist, dass sich der MDR über Beiträge finanziert, pro Wohnung wird kassiert. Zudem werden die Arbeitsbedingungen von Journalisten ansonsten kaum thematisiert.

Die öffentlich-rechtliche Anstalt beschäftigt mehr als 2 000 fest angestellte sowie rund 1 500 feste freie Mitarbeiter. Die Leitung sieht sich unter Spardruck. Intendantin Karola Wille hatte in einem SZ-Gespräch das Defizit auf rund 45 Millionen Euro beziffert. Da der MDR bis Ende der Beitragsperiode 2020 einen ausgeglichenen Etat vorlegen muss, will er kürzen, etwa durch Verzicht auf Stellennachbesetzung. In der Landespolitik äußerte sich die Linke. „Kritische Berichterstattung muss sicher finanziert sein“, sagte Fraktions- und Landeschef Rico Gebhardt.