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Mausefallen 2.0 aus Wilsdruff

Die Schädlingsbekämpfer von Groli sind in einer uralten Branche aktiv und doch im digitalen Zeitalter angekommen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Wilsdruff. Mausefallen gehören wahrscheinlich zu den simpelsten aber auch brutalsten Erfindungen der Menschheit. 1899 patentierte der Brite James Henry Atkinson die Konstruktion aus Holzbrett, Feder und Metallbügel. Knabbern die kleinen Nager an einem Stück Käse oder Speck, lösen sie einen Mechanismus aus, der ihnen meist schnell und effektiv das Rückgrat bricht. Bis heute hat sich an diesem Grundprinzip nichts geändert.

Doch in den Zeiten der Digitalisierung zieht auch in der Jagd auf Mäuse und Ratten moderne Technik ein. Das Unternehmen Groli aus Wilsdruff verkauft und vermietet Mausefallen, die mit dem Mobilfunknetz verbunden sind und eine E-Mail oder SMS versenden, wenn sie ausgelöst werden. „Wir sind sehr an der Digitalisierung interessiert. Diese Fallen passen in unser Unternehmensprofil“, erklärt Geschäftsführer Marco Müller. Jüngst wurde das System bei Groli in Zusammenarbeit mit einem Partnerunternehmen, das die digitalen Fallen entwickelt hat, eingeführt. Die Fallen werden jedoch in der Regel nicht in privaten Haushalten, sondern im großen Maßstab eingesetzt.

„Das Tierschutzgesetz schreibt vor, dass jede Mausefalle täglich kontrolliert werden muss. In einem kleinen Objekt ist das kein Problem. In großen Lebensmittellagern oder Supermärkten wäre ein Mitarbeiter allerdings den ganzen Tag damit beschäftigt“, erklärt Müller. Dank des digitalen Systems müssen nun nur noch die Fallen kontrolliert und wieder gestellt werden, die wirklich einen Fang gemacht haben.

So sind die Mausefallen von Groli vor allem etwas für Profis. „Das System kann beispielsweise von Hausmeistern betreut werden, die den sogenannten Wirbeltierschein vorweisen müssen, um Jagd auf Ratten und Mäuse machen zu dürfen. Darüber hinaus gibt es Betriebe, die von uns betreut werden. Hier kontrollieren wir die Fallen“, berichtet Müller.

Eine weitere Besonderheit sind die Köder, mit denen die professionellen Kammerjäger die Nager zur Strecke bringen. Die Mäuse werden nicht mit Käse oder Speck angelockt. Groli verwendet spezielle Kunststoffblöcke, die einen penetranten Fleischgeruch verströmen. Die Blöcke sind mit Metallfäden durchzogen. Beißt eine Maus einen Krümel ab und dieser landet später auf einem Fließband in der Lebensmittelproduktion, schlagen Detektoren Alarm und die gesamte Charge muss aussortiert werden.

Für Unternehmen, die weniger tief in die Tasche greifen wollen, hat Groli ein akustisches System im Angebot. Ein Bewegungssensor löst einen hohen Ton aus, wenn die Falle erschüttert wird. Der Hausmeister muss sich dann nur noch in die Halle stellen und konzentriert horchen, um die tote Maus ausfindig zu machen.

So wegweisend die digitale Mausefalle auch ist, bei Groli ist vieles Handarbeit. Ein großer Teil der Aufträge der Wilsdruffer drehen sich um die Bekämpfung von viel kleineren Schädlingen. Das Unternehmen gehört zu den wenigen in Deutschland, die große, oft historische Gebäude begasen dürfen, um Insekten, die die Bausubstanz zerstören, den Garaus zu machen.

„Zuerst begutachten wir das Objekt und versuchen den Schädling – etwa den Hausbock, der Kanäle in das Holz gräbt – ausfindig zu machen. Was oft eine echte Herausforderung ist“, erklärt Müller. Ist der Übeltäter identifiziert, beginnt die eigentliche Arbeit. Wie der Verpackungskünstler Christo schlagen die Mitarbeiter von Groli das Gebäude in Teilen oder komplett luftdicht in weiße Folie ein. Daraufhin wird für mehrere Tage ein Gas, beispielsweise Sulfuryldifluorid, eingeleitet. Erst nachdem die Folien entfernt und das Objekt gründlich gelüftet wurde, können die Räume wieder gefahrlos betreten werden.

Diese Arbeit ist mit einer hohen Verantwortung verbunden und erfordert eine spezielle Ausbildung. „Schädlingsbekämpfer müssen sich in der Biologie, Chemie, Mathematik und letztlich auch der Meteorologie auskennen, um Gefahren zu vermeiden. Darüber hinaus kommt in vielen Fällen moderne Messtechnik zum Einsatz“, weiß Müller.

Der Geschäftsführer, der vor drei Jahren als ehemaliger Soldat in die Branche einstieg, hat zunehmend Probleme, junge Menschen für eine Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer zu begeistern. „Unser Betrieb besteht seit Anfang der 90er-Jahre. Doch gerade in jüngster Zeit expandieren wir. 2014 entstand an unserem Standort auf der Hühndorfer Höhe eine neue, größere Halle. Entsprechend bräuchten wir mehr als unsere 16 Mitarbeiter“, sagt der Geschäftsführer.

Die Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer existiert erst seit 2006. Kurios, wenn man bedenkt, dass es sich um eines der ältesten Gewerbe der Welt handelt. Doch die Anforderungen an den Beruf steigen stetig. Müller bereut seine Berufsentscheidung in jedem Fall nicht: „Wir kommen an Ecken, die der Öffentlichkeit verborgen bleiben, etwa in Lager von Museen. Mit unserer Arbeit helfen wir, Altes zu erhalten. Wenn man einen robusten Magen hat, ist das ein sehr befriedigender Beruf“, meint Müller.