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Mama, warum hinkt der Wolf?

Lilly, die junge Wölfin im Wildgehege Moritzburg, läuft nicht rund. Daher gilt ihr besonderes Besucherinteresse.

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© SZ/Sven Görner

Von Sven Görner

Lilly hat es sich in einer Erdkuhle bequem gemacht. Als Moritz, ihr ein Jahr älterer Bruder, vorbeiläuft, hebt sie nur kurz den Kopf. Doch dann kommt Bewegung in den schlanken Körper. Lilly reckt und streckt sich, steigt aus dem Loch – und läuft los. Allerdings nicht so elegant wie Moritz oder die beiden alten Rüden nebenan im abgetrennten größeren Teil der 2009 eingeweihten neuen Wolfsanlage. Lilly humpelt.

„Mama, warum hinkt der Wolf?“, fragt sofort ein kleines Mädchen, das bei dem schönen Sommerwetter mit ihren Eltern das Wildgehege in Moritzburg besucht. „Der hat sich verletzt“, antwortet der Papa. Und gibt damit das Stichwort für die nächste Frage. „Wird er wieder gesund?“ Papa bestätigt, dass alles wieder gut wird, und die Kleine ist glücklich.

Wer sich eine Weile beim Wolfsgehege aufhält, erlebt Szenen wie diese immer wieder. Nicht nur Kinder machen sich sorgen um Lilly. Schon seit längerer Zeit setzt die Wölfin den linken Vorderlauf anscheinend nur vorsichtig auf, wodurch der hinkende Gang entsteht.

Tatsächlich liegt die Ursache für Lillys Humpeln schon zwei Jahre zurück. „Die Wölfin ist damals mit den beiden alten Rüden aneinandergeraten“, sagt Markus Biernath, der Leiter des Forstbezirks Dresden, auf SZ-Nachfrage. In der Regel enden solche Streitigkeiten, bei denen es meist um die Rangordnung im Rudel geht, glimpflich. In diesem Fall war es anderes.

Das mag vor allem daran gelegen haben, dass die 2009 geborene Lilly wie Moritz und sein Zwillingsbruder August vom damaligen Cheftierpfleger Gerd Ullmann mit der Hand aufgezogen wurde. Was er ihnen aber nicht beibringen konnte, war der Umgang mit ihren „wilden“ Artgenossen im Gehege. Es gab mehrere Versuche, beide Gruppen, die Alttiere und die Jungwölfe, in der für sie neu gebauten großen Anlage zusammenzuführen.

Es funktionierte nicht. Nach einer Bissverletzung musste Lilly vom Tierarzt operiert werden. Seitdem fehlt ihr an der linken Pfote eine Klaue, und auch eine Sehne ist etwas zu kurz. „Ein Problem ist das für sie nicht, da sie ja nicht jagen muss“, sagt Markus Biernath.

Die Hoffnung, in der großen Wolfsanlage auch ein großes Rudel zeigen zu können, musste indes vorerst aufgegeben werden. Etwas will Biernath aber ändern: „Ich werde veranlassen, dass an der Anlage mit Moritz und Lilly ein Schild angebracht wird, auf dem über den Grund für das Hinken der Wölfin informiert wird.“