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Mach mal ’nen Spruch!

Originelle Slogans sollen eine Stadt unverwechselbar machen. In Sachsen klappt das nicht immer.

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© Illustration: SZ

Nina Schirmer

Man muss sich nur gut verkaufen können. Nach diesem Prinzip wetteifern längst nicht nur die Wirtschaftsbosse großer Unternehmen. Auch Städte und Gemeinden versuchen, bei der Selbstvermarktung das Maximum herauszuholen. Mit teils originellen, teils absurden Slogans. Auch in Sachsen ist man mancherorts einfallsreicher als anderswo.

Nicht jede Gemeinde kann sich mit dem Namen einer berühmten Persönlichkeit schmücken, die dort zur Welt kam oder längere Zeit lebte. Die Ringelnatz Stadt Wurzen, die Adam-Ries-Stadt Annaberg-Bucholz und die Lessingstadt Kamenz haben Glück. Andere verzichten in ihrem Slogan lieber auf den Hinweis, wer dort weilte. Torgau zum Beispiel. „Stadt, in der sich Katharina von Bora das Becken brach und an den Folgen der Verletzung starb“, klingt auch nicht so gut. Deshalb nennt sich Torgau lieber Stadt der Reformation und Stadt der Renaissance.

Wer auch keine geschichtsträchtigen Ereignisse zu bieten hat, muss sich auf die Landschaft beziehen. Coswig etwa ist die „junge Stadt am grünen Rande Dresdens“. Warum allerdings ausgerechnet Coswig jung sein soll, erschließt sich nicht. Das Durchschnittsalter liegt hier bei über 48 Jahren – vier Jahre über dem bundesweiten Durchschnitt.

Modern statt mit Köpfchen

Mit den Leitsprüchen versuchten die Städte, sich nach außen mit einem Alleinstellungsmerkmal zu positionieren, sagt Marketingexperte Helge Löbler, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Leipzig. Oft seien die Slogans jedoch nicht zielführend. „Wenn es gar kein Alleinstellungsmerkmal der Stadt gibt, verpufft die Botschaft.“ Auch Sprüche, die weder Einheimische noch Auswärtige verstehen, seien nicht tauglich.

Chemnitz – „Stadt der Moderne“ ist so ein schwer verständliches Beispiel, mit dem viele Einheimische fremdeln. Die Stadt sieht das allerdings anders: Wohl auf keine andere Stadt in Deutschland träfe die Bezeichnung so zu wie auf Chemnitz, heißt es auf der offiziellen Internetseite. Wegen der wiederbelebten Innenstadt, dem vielfältigen kulturellen Angebot und der engen Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Den Slogan gibt es seit 2007. Zuvor versuchte es Chemnitz schon mit den Sprüchen „Stadt mit Köpfchen“ als Anspielung auf das Karl-Marx-Monument und „InnovationsWerkStadt“.

Die Losung „Stadt der Moderne“ hat es immerhin auch auf eines der bekannten braun-weißen Hinweisschilder an der Autobahn geschafft. Dass dies mitunter kein leichtes Unterfangen ist, zeigt das Beispiel Mittweida. Dort gab es ein jahrelanges Ringen darum, ob man an der Autobahn mit dem Spruch „Hochschulstadt Mittweida“ werben darf. Dem Slogan fehle die touristische Komponente, befanden zunächst die Kritiker. Inzwischen steht das Schild dennoch. Sowie rund 270 weitere an Autobahnen in Sachsen.

Bei der Suche nach dem perfekten Werbespruch erfreut sich auch das Wörtchen „Tor“ bei den Leuten vom Stadtmarketing in Sachsen großer Beliebtheit. Dippoldiswalde – „das Tor zum Erzgebirge“ und Bischofswerda – „das Tor zur Oberlausitz“ machen es vor. Oschatz haut noch eine Schippe drauf und nennt sich „die Stadt im Herzen von Sachsen“. Geografisch stimmt das nur so einigermaßen.

In Grimma hat man sich bestimmt geärgert, dass dieser Titel schon vergeben war. Deswegen wirbt die Stadt jetzt mit dem Leitspruch „Alles ist möglich“. Dazu der Hinweis auf der Website: „Entdecken Sie Grimma bei Tag und Nacht“. Ja, wann denn auch sonst? Und ob eine vielversprechende Nacht in Grimma, in der alles möglich ist, wirklich die richtigen Touristen dort hin lockt?

Das sei nämlich in der Regel das Ziel von Städteslogans, sagt Professor Löbler. Deswegen bräuchten Städte, über die ohnehin viel gesprochen wird, keine Leitsprüche, etwa Dresden und Leipzig. „Die haben das nicht nötig.“

Andere Städte verweisen auf ihre besondere Industrie. Weil „Stadt der hundert Schornsteine“ nicht mehr attraktiv klingt, ist man in Crimmitschau jetzt „aus Tradition innovativ“. Und Zschopau krönt sich zur Motorradstadt, auch wenn die Motorenwerke 2012 Insolvenz anmeldeten und wenig später die Produktion einstellten.

Mitunter klingen die Marketing-Sprüche weit hergeholt. Doch die Städte haben oft gute Erklärungen für ihre Slogans. In Hoyerswerda bezieht man sich mit dem Spruch „Wir lieben Ideen“ auf den Ideenreichtum Konrad Zuses, Erfinder des ersten funktionsfähigen Computers der Welt, der in Hoyerswerda zur Schule ging. „Hinter dem Satz steckt die Aufforderung, auch mit unkonventionellen Vorschlägen auf die Stadtverwaltung zuzugehen“, sagt Olaf Dominick, Referent des Oberbürgermeisters. Klingt logisch, wenn man es erst weiß.

Auch kleinere Gemeinden können in Sachen gewöhnungsbedürftiger Selbstvermarktung mithalten. In Bannewitz will man „immer mehr bewegen“. Cunewalde preist sich als „ein Tal mit Weitblick“. Dann doch lieber auf nach Weißwasser. Dort hat man bei der Sloganwahl wenigstens Humor bewiesen: „Wer Weißwasser kennt, der weiß, was er kennt“.