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Lutz Bachmann macht den Abflug

Der Pegida-Gründer arbeitet bereits seit Monaten in Spanien. Er begründet das mit der Bedrohung seiner Familie. Seiner ehemaligen Mitstreiterin Festerling wirft er ein perfides Spiel vor.

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© Andreas Weihs

Von Ulrich Wolf

Dresden.Pegida-Gründer Lutz Bachmann ist dabei, seinen Lebensmittelpunkt nach Spanien zu verlegen. In einer auf Facebook verbreiteten Videobotschaft teilt er mit, bereits im vergangenen Frühjahr habe er seinen Sympathisanten vorschlagen wollen, „über meine Tätigkeit im Ausland zu informieren“. Seine ehemalige Mitstreiterin und heutige Intimfeindin Tatjana Festerling sei jedoch aus taktischen Gründen strikt dagegen gewesen.

Dass sie ausgerechnet nun damit herausrücke, sei ausgesprochen perfide. Die 51-Jährige hatte am Dienstag der Sächsischen Zeitung bestätigt, Urheberin eines Facebook-Kommentars zu sein, in dem behauptet wird, Bachmann ziehe nach Teneriffa um und komme zu den Montagsdemonstrationen von Pegida nur noch alle zwei Wochen nach Dresden.

Tatsächlich fehlte der Pegida-Gründer am Montag, sein Stellvertreter Siegfried Däbritz äußerte sich nicht zu Bachmanns Abwesenheit. Der meldete sich lediglich via Videobotschaft zu den geplanten Pegida-Protesten am 3. Oktober, wenn in Dresden die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit stattfinden.

In der Videoantwort auf Festerlings Kommentar sagt Bachmann, er habe seit fünf Monaten Werbeaufträge auf der Kanaren-Insel Teneriffa. Er habe dort „was Neues angefangen“ und „einen guten Mann gefunden, der mich dafür bezahlt, dort zu sein“. Nach SZ-Informationen handelt es dabei um ein mit dem Ehepaar Bachmann befreundeten Gastwirt aus Radebeul; dieser war bereits im vorigen Herbst auf die Kanaren-Insel ausgewandert.

Er bietet von dort aus im Internet diverse Dienstleistungen für auswanderungswillige Deutsche an: von Adress- und Autoummeldung, über Schulanmeldung, beglaubigte Übersetzungen, Hausverwaltung und Pflege, Wohnungssuche, Detektei bis hin zur Inselerkundung ist alles dabei. Auch Catering und Partyservice sind im Angebot, das Bild dazu zeigt jedoch nichts von Teneriffa, sondern den Dresdner Schlossplatz mit der Semperoper. Bachmann selbst antwortete einem Pegida-Sympathisanten auf Facebook, er habe Aufträge unter anderem in der Touristenhochburg Los Cristianos.

Bachmann führte weiter aus, dass er „im Gegensatz zu Europatouristen ohne feste Erwerbstätigkeit“ seine Brötchen noch selbst erarbeite. Es sei doch vollkommen belanglos, wo man arbeite und seinen Lebensunterhalt verdiene, „so lange man mit Rückgrat hinter der Sache steht“. Er werde auf der geplanten Pegida-Demonstration am kommenden Montag die Vertrauensfrage stellen. „Ich habe mir absolut nichts vorzuwerfen“, sagte Bachmann. Zuvor hatte er auf eine Anfrage der Sächsischen Zeitung nicht geantwortet; ebenso wenig taten dies Pegida-Vize Siegfried Däbritz und Förderverein-Schatzmeister Stephan Baumann.

Festerling, die im vorigen Jahr als Dresdner Oberbürgermeister-Kandidatin rund zehn Prozent der Wählerstimmen holte, betont in ihrem Facebook-Kommentar, sie habe Bachmann nie die Führungsposition streitig machen wollen. Gemeinsam mit Siegfried Däbritz aus Meißen habe sie jedoch dafür sorgen wollen, „dass Pegida weiter kraft- und anspruchsvoll bestehen bleibt, wenn Bachmann seinen Lebensmittelpunkt nach Teneriffa verlegt“. Däbritz habe jedoch ihr Angebot abgelehnt.

Festerlings Mitstreiter, der Niederländer Edwin Wagensveld, der bei Pegida noch zu Jahresbeginn als „Ed, der Holländer“ gefeiert worden war, kündigte für Ende September bei einer Demonstration in Chemnitz „Klartext“ an, um Bachmann weiter zu belasten. Sowohl Pegida wie auch die Festerling-Bewegung „Festung Europa“ wollen am 3. Oktober zeitgleich, aber an verschiedenen Orten protestieren. In Dresden finden in diesem Jahr die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit statt, zu denen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck erwartet werden.

Die Gerüchte um Bachmanns Abgang kursieren in der Szene der selbst ernannten Patrioten seit Monaten. Seine Frau soll sich nach SZ-Informationen schon seit Längerem auf Teneriffa aufhalten. Bachmann sagte, seine Frau sei in psychologischer Behandlung; auch deshalb halte man sich auswärts auf. Bereits im Mai habe das Ehepaar den bisherigen Wohnsitz in Kesselsdorf bei Dresden aufgegeben.

Dort sei mehrmals eingebrochen worden, sein Auto sei manipuliert worden, der Motor während einer Autobahnfahrt in die Luft geflogen, das Fahrzeug halb ausgebrannt. Er, seine Frau und auch sein Vater würden verfolgt. Bachmanns Ehefrau läuft in der Tat seit Monaten nicht mehr bei Pegida mit. In der Öffentlichkeit ist sie zuletzt beim Volksverhetzungsprozess gegen Bachmann Ende April/Anfang Mai in Dresden gesehen worden.

Auf den beiden Konten der noch existierenden Pegida-Vereine bei der Ostsächsischen Sparkasse liegt nach SZ-Informationen derzeit noch eine niedrige fünfstellige Summe. Beträge im Tausender-Bereich gingen unter anderem an Bachmanns Anwältin in Dresden, seine Frau und an eine Kanzlei in Würzburg. Bareinzahlungen sollen seit Juni nicht mehr stattgefunden haben.

In Anspielung auf die Spendentonnen, die montags abends bei Pegida aufgestellt werden, kommentiert das ehemalige Organisationsmitglied Thomas Tallacker aus Meißen auf Facebook inzwischen: „Die werden weiter fleißig Spenden für den Lebensabend vom Lutz einwerfen.“