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Lücken im Stundenplan

An Sachsens Schulen fällt immer mehr Unterricht aus – auch aus Lehrermangel. Welche Lösungen gibt es?

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© Symbolfoto: dpa

Von Andrea Schawe

Ein Spitzenreiter ist die Grundschule Lohmen: Eine Woche Notbetrieb, der Unterricht konnte nicht stattfinden, weil zu viele Lehrer fehlten. Im ersten Halbjahr wurden an der Schule im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge insgesamt 482 Stunden außerplanmäßig gestrichen, das sind fast 15 Prozent des Unterrichts.

Sachsenweit fielen im ersten Halbjahr Tausende Unterrichtsstunden, die laut geltender Stundentafel an allgemein- und berufsbildenden Schulen gehalten werden sollten, aus – insgesamt 4,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2015/16 waren es nur 3,6 Prozent. Das ergibt sich aus Zahlen des Kultusministeriums.

Warum fällt so viel Unterricht an den Schulen aus?

„Das Ausmaß des Unterrichtsausfalls ist alles andere als zufriedenstellend“, sagt Dirk Reelfs, der Sprecher des Kultusministeriums. Zunehmend spiegele sich die extrem angespannte Situation auf dem Lehrerarbeitsmarkt auch in der Unterrichtsausfallstatistik wider. Der Anteil der planmäßig gestrichenen Stunden ist in allen Schularten stark gestiegen: an den Grundschulen von 551 auf fast 2 800 Stunden innerhalb eines Schuljahres, an den Oberschulen von 1 400 auf mehr als 7 100, an den Gymnasien von 260 auf mehr als 1 800. Vor allem in den Landkreisen Mittelsachsen, Bautzen, Görlitz, Dresden, Meißen und dem Erzgebirgskreis wurden die Stundenpläne wegen Lehrermangels gekürzt.

Auch die Zahl der außerplanmäßig ausgefallenen Unterrichtsstunden ist erheblich gestiegen – vor allem wegen Krankheit und Fort- und Weiterbildungen, so das Kultusministerium.

Welche Schularten und Fächer sind besonders betroffen?

An den Förder- und Berufsschulen ist der Unterrichtsausfall am höchsten. An den Grundschulen fielen 104 000 Stunden wegen Krankheit aus, an den Oberschulen waren es etwa 140 000. In Leipzig ist die Situation besonders dramatisch: An sieben Oberschulen wurden etwa zehn Prozent der Unterrichtsstunden nicht gehalten.

An den Grundschulen fallen die Unterrichtsfächer Deutsch, Deutsch als Fremd- und als Zweitsprache wegen Krankheit am häufigsten aus. Besonders betroffen ist der sogenannte Anfangsunterricht – 20,86 Prozent des Unterrichts fallen in Sachsen aus. Der Lehrermangel zeigt sich in den Fächern katholische Religion, Kunst/Werken/Musik und Sport. An den Oberschulen wird vor allem im Wahlpflichtbereich, aber auch in Biologie, Geschichte, Deutsch, Englisch, Sport und Musik gekürzt.

Wie soll der Unterrichtsausfall reduziert werden?

Mittelfristig soll das im Oktober 2016 beschlossene Maßnahmenpaket Wirkung entfalten. Allerdings setze der leer gefegte Lehrerarbeitsmarkt der Wirksamkeit des Maßnahmenpaketes eine natürliche Grenze, so Ministeriumssprecher Dirk Reelfs. „Wir könnten deutlich mehr Lehrer einstellen, als auf dem Arbeitsmarkt zu finden sind.“ Es mangele nicht an freien Stellen und Geld, es fehlen schlichtweg grundständig ausgebildete Lehrer. Das Kultusministerium rechnet erst ab 2019 mit einer spürbaren Verbesserung der Situation: Dann stehe die deutlich gestiegene Zahl von Lehramtsstudierenden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Welche Konzepte gibt es noch?

Derzeit werden Schulordnungen und Instrumente zur Dokumentation und Qualitätssicherung vom Kultusministerium geprüft und hinterfragt. Das wurde im Lehrermaßnahmepaket vereinbart. „Wir sind überzeugt, dass hier noch ‚Luft’ zu finden sein wird“, sagt SPD-Bildungspolitikerin Sabine Friedel. Außerdem soll das Kultusministerium sein Personal umbauen. Derzeit sind rund 150 Lehrkräfte in die Verwaltung des Ministeriums abgeordnet.

Die bisherigen Maßnahmen der Landesregierung entfalten keine ausreichende Wirkung, kritisiert die Grünen-Landtagsabgeordnete Petra Zais. Ein weiterer Anstieg des Unterrichtsausfalls sei programmiert, auch an den Gymnasien. Die Themen Lehrermangel und Unterrichtsausfall seien nicht nur ein Problem des Kultusministeriums, sondern Aufgabe des gesamten Kabinetts.