Merken

Lößnitzbad in schäbigem Zustand

Die Stadt Radebeul wollte bis zum Saisonstart einiges tun. Doch die Gäste fanden verschlossene WCs vor und große Äste im Wasser.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Wirsig

Von Ulrike Keller

Radebeul. Die Lust ist Karsten Kießling vergangen. Eigentlich wollte er den ersten Öffnungstag des Lößnitzbads in diesem Jahr zum Baden nutzen. Aber was er in seinem jahrzehntelangen Stammbad vorfindet, deprimiert den 42-Jährigen aus Radebeul-Ost einfach nur. „Es ist traurig“, sagt er leise. Die Treppengeländer zum Wasser sind hier, im FKK-Bereich, marode und rostig. Sich daran festzuhalten, erfordert Mut zum Risiko. Denn die rote Farbe ist großflächig abgeblättert und steht in Splittern ab.

In allen Mülleimern fehlen die Einsätze. Einer ist schon am ersten Tag randvoll gefüllt.
In allen Mülleimern fehlen die Einsätze. Einer ist schon am ersten Tag randvoll gefüllt. © André Wirsig

Am Ende der Treppen, im Wasser, schimmern völlig veralgte Stufen durch. „Darauf ist es glatt wie Schmierseife“, weiß Karsten Kießling aus Erfahrung. „Die Algen müssen täglich weggebürstet werden.“

Doch der Clou sind für ihn die Riesenäste, die nahe der Treppen im Wasser liegen und auch einige Meter weiter als Stücke aus dem See ragen. Möglicherweise entsorgte Reste der gefällten Bäume. „Wenn man hier reingeht, muss man nur ungünstig treten und umknicken, und schon hat man sich ein Bein gebrochen“, sagt Karsten Kießling. „Was nützen da die ganzen neuen Schilder, dass das Baden auf eigene Gefahr erfolgt?“

Zwei Hartgesottene wagen sich von einer Stelle an der Seite ins Wasser. Die 19-jährige Claudine Pieske lässt das Schwimmen auch lieber bleiben. „Mir ist das mit den Algen und Ästen zu eklig und zu gefährlich.“ Mit zwei Kumpels testet sie zum ersten Mal das Lößnitzbad. Sie sind neulich erst hergezogen und haben es zufällig beim Vorbeifahren entdeckt. „Es ist toll, dass es keinen Eintritt gibt“, meinen die drei jungen Leute. „Aber wir hätten auch ohne Weiteres Eintritt bezahlt.“ Vor allem, wenn sich erfüllt hätte, was der idyllische Eindruck von außen versprochen hat. „Ich müsste jetzt nach drei Stunden mal auf Toilette“, sagt die Neu-Radebeulerin. „Aber die Toiletten sind zu.“ Alle.

Das hat auch Karsten Kießling schon festgestellt. Dabei sollten die WCs entsprechend der Ankündigung der Stadt geöffnet sein. In frisch renoviertem Zustand. Wonach sie weder aussehen noch durch die angekippten Fenster riechen.

Versprochen waren zudem viele Entsorgungsbehälter in verschiedenen Größen. Was vorzufinden ist, sind lediglich die alten Betonmülleimer. Allerdings enthalten sie keine Einsätze, was die Leerung von vornherein schwierig gestalten dürfte. Einer der Papierkörbe im FKK-Bereich ist am späten Sonnabendnachmittag bereits bis zum Rand gefüllt. Auch feste Grill- und Feuerstellen, die die Stadt anlegen wollte, lassen sich auf einem Rundgang um das Gewässer nirgends ausmachen.

„Das Gras ist gemäht worden auf der FKK-Liegewiese“, fällt Karsten Kießling positiv auf. Jedoch auch, dass ein großes Fahrzeug tiefe Spuren hinterlassen hat. Einige stehen voller Wasser. Die Hecke ist stellenweise beschädigt.

Der angekündigte Rückbau scheint erst teilweise bewerkstelligt. Denn das Planschbecken und das Holz-Klettergerüst gibt es noch – ungepflegt. Die überholten Hinweistafeln wie „Garderobe“ oder „Schach, TT“ hat man weiter hängen lassen. Dafür sind die Fenster im langgestreckten Gebäude am Eingang, in dem früher Umkleiden, Sanitätsraum und Kasse waren, mit nagelneuem Vandalismusschutz gesichert. Auch wenn es zum Saisonstart nur wenige Besucher in das Bad zieht – einiges scheint bei der Vorbereitung der Wiedereröffnung schief gelaufen oder zumindest halbherzig angegangen worden zu sein.

Der Geschäftsführer der Stadtbäder und Freizeitanlagen GmbH Radebeul (Sbf) Titus Reime hatte Anfang April im SZ-Interview davon gesprochen, dass man einen Schatz heben wolle, indem man den Wechsel vom Naturbad zu einer offenen Badestelle vornimmt. Doch der Schatz glänzt aktuell durch Vernachlässigung.

Am Wochenende war Bäderchef Titus Reime für die SZ nicht zu erreichen. Radebeuls Zweiter Bürgermeister Winfried Lehmann, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Sbf ist, äußerte sich am Telefon verwundert über die geschilderten Zustände. „Wir gucken uns das diese Woche genauer an“, verspricht er. „Da wird noch einiges passieren.“ Das Thema Grill- und Feuerstellen komme aber erst noch an die Reihe. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass die ordnungsgemäße Entsorgung der Grillkohle funktioniert.

Karsten Kießling stimmt die Situation alles andere als optimistisch. „Das Bad liegt mir und vielen anderen Leuten sehr am Herzen“, sagt er. „Ich sehe nicht, wo jetzt der Mehrwert gegenüber früher sein soll.“