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Lauben müssen verschwinden

Zwei Besitzer von Datschen im Nationalpark haben gegen die entschädigungslose Kündigung geklagt – mit unterschiedlichem Ergebnis.

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© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Schmilka. Mit Getöse poltert eine Ladung Schutt auf der am Hang angelegten Rutsche hinab. Die Staubwolke zieht über die Bundesstraße B 172 hinweg auf die Elbwiesen. Kurz vor dem Ortseingang von Schmilka sind Abrissarbeiten im Gange, die eine lange Vorgeschichte haben. Die reicht weit in DDR-Zeiten zurück. Bis vor Kurzem haben hier noch vier kleine Wochenendhäuschen gestanden. Jetzt lässt die Nationalparkverwaltung eines im Auftrag des Freistaates abreißen. In Richtung der Steinbrüche Postelwitz ist bereits vor einiger Zeit eines vom Nutzer an den Staatsbetrieb Sachsenforst abgegeben worden, der auch dort alles abreißen ließ. Die Flächen bei Schmilka werden vom Nationalpark Sächsische Schweiz betreut, der dem Sachsenforst zugeordnet ist.

Helge Norr muss sein Wochenendgrundstück in Schmilka notgedrungen aufgeben.
Helge Norr muss sein Wochenendgrundstück in Schmilka notgedrungen aufgeben. © Kristin Richter

Die Verträge mit den Nutzern waren schon vor langer Zeit gekündigt worden. Auf dem Hang sollen zukünftig nur noch einheimische Bäume wachsen. Die Anpflanzungen der Gartenbesitzer wurden bereits beseitigt. Wann und wie neu aufgeforstet werden soll, ist aber noch nicht festgelegt. Einer der Besitzer der beiden noch stehenden Häuschen ist Helge Norr. Dem Rentner aus Dresden ist klar, dass er seine Parzelle in Schmilka aufgeben muss. „Aber nicht auf diese Art und Weise“, sagt er.

Das Problem bei den vier Wochenendgrundstücken ist, dass der Grund und Boden dem Freistaat gehört. Die Hütten aber den privaten Nutzern. So etwas ist heutzutage nicht mehr möglich. Als die Lauben gebaut wurden, galt aber DDR-Recht. Das hatte so etwas zugelassen. Das wurde zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz wieder geändert. Dort war den Laubenbesitzern eine 25-jährige Frist bis 2015 eingeräumt worden, in denen sie die Lauben weiter nutzen durften.

Keine Auskunft zu Mauern

Der Termin ist längst vorbei, trotzdem gärtnert Helge Norr immer noch auf seiner Parzelle in Schmilka. Er will die Anlagen in Schuss halten, denn das könnte noch wichtig sein, wenn das Wochenendgrundstück zwecks Entschädigung bewertet werden würde. Doch stattdessen wurde der 76-Jährige aufgefordert, sämtliche Bauten zurückzubauen – also auch die Trockenmauern, die den Hang oberhalb der Bundesstraße stabilisieren. Norr macht sich deshalb Sorgen um die Sicherheit.

Über 40 Jahre lang hat er nicht nur viel Freizeit in diesen Garten gesteckt. Deshalb hat er Widerspruch gegen die entschädigungslose Kündigung und den geforderten Rückbau eingereicht und klagte auf Entschädigung. In erster Instanz verlor er jedoch am Amtsgericht in Pirna. Das will er so nicht hinnehmen und ist in Revision gegangen.

Mut machen ihm dabei zwei Dinge. So hat ein anderer Richter am selben Amtsgericht in Pirna bei seiner Nachbarin anders entschieden. „Dort ist ein vom Gericht bestellter Taxator vor Ort gewesen und hat den Wert ermittelt“, sagt Norr und sieht nicht ein, warum das bei ihm nun anders gehandhabt werden soll. Des Weiteren hat er ein Schreiben der ehemaligen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zur Hand, in dem diese in ihrer Amtszeit die Auslegung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes erläutert. „Dort steht wörtlich drin, dass bei Vertragsbeendigung der Grundstückseigentümer dem Nutzer grundsätzlich eine angemessene Entschädigung für Werterhöhungen zu leisten hat“, sagt Norr. Das sei gerade mit den Mauern ja der Fall. Dass er dieses Recht nun in zweiter Instanz vor dem Landgericht einfordern muss, ärgert ihn sehr. „Ich bin Rentner und habe jetzt schon eine fünfstellige Summe in die juristische Auseinandersetzung investiert“, sagt er. Klein beigeben will er aber nicht.

Zu den zwei Gärten, bei denen Gerichtsverfahren laufen, will sich die Nationalparkverwaltung nicht vor Abschluss der Verfahren äußern. Die Behörde gibt auch keine Auskunft darüber, ob die Trockenmauern als Hangsicherung erhalten bleiben werden.

Helge Norr war früher auch in der kalten Jahreszeit öfter in seiner Laube. Doch er hat kein Heizmaterial mehr. „Das habe ich schon lange verbraucht und nichts mehr geholt“, sagt er. Schließlich will er sein Wochenendhäuschen ja aufgeben. „Aber nicht auf diese Art und Weise“, wiederholt er noch mal.