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Ladenbesitzer dank neuer RTL-Serie

Eine Familie will in Löbau raus aus Hartz IV - mit knapp 25 000 Euro Startkapital. Sie begannen zunächst in Herrnhut neu. Immer dabei wird aber die Öffentlichkeit sein.

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© Beutler

Von Anja Beutler

In den hölzernen Regalen stapeln sich Strampler, T-Shirts und Schneeanzüge. Kinderspielzeug steht im Schaufenster. Rund zehn Tage haben Andrea Metz und René Looks noch Zeit bis zu ihrem Ziel: der Eröffnung ihres eigenen An- und Verkauf-Ladens. Das Paar will in Löbau einen Neustart in der Inneren Zittauer Straße wagen und sich seinen Lebensunterhalt künftig selbst verdienen. „Wir wollen hier am 29. Januar öffnen“, sagt René Looks.

Diese Ladeneröffnung ist allerdings alles andere als „normal“: Das Geld für den Neuanfang haben die beiden nämlich nur bekommen, weil sie dafür in einer neuen RTL-Sendereihe mitmachen und sich bei ihrem Start ins neue Leben filmen lassen. „Zahltag – Ein Koffer voller Chancen“ heißt das neue Format und es soll eine Art Sozialreportage sein, erklärt eine Sprecherin der Produktionsfirma Endemol Shine auf SZ-Nachfrage. Die Firma steht für viele bekannte TV-Formate wie beispielsweise „Wer wird Millionär“ oder auch „Vermisst“ – jeweils auf RTL oder auch „Promi Big Brother“ auf SAT. 1. Pate für die neue „RTL-Doku-Reihe“ ist der frühere Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Familie seit Monaten immer wieder von Kamerateams begleitet wird. Auch wenn Endemol und RTL sich zu den „Promis“, die den Kandidaten beratend zur Seite stehen, noch bedeckt hält, haben Passanten bei den Dreharbeiten eine Frau durchaus erkannt: Ilka Bessin, die viele Fernsehzuschauer mit rosa Trainingsanzug und blonder Perücke als Cindy aus Marzahn kennen, war in der Oberlausitz vor Ort.

Zuletzt gab es im Dezember Dreharbeiten in Löbau und auch in Herrnhut, wo die Geschichte ihren Anfang genommen hat. Denn als die Familie vor genau einem Jahr, am 21. Januar 2017, den Geldkoffer für ihr neues Leben erhielt, surrten die Kameras noch im Herrnhuter Ortsteil Berthelsdorf, dem damaligen Wohnort der Kandidaten. In Herrnhuts Zentrum haben der heute 39-Jährige und seine 37-jährige Frau dann auch den ersten An- und Verkauf eröffnet. Allerdings war der Standort des Ladens – in der Löbauer Straße – nicht ganz optimal.

Dass sich in Löbau nun mehr Kundschaft bieten könnte, war am Ende neben Uneinigkeiten mit dem bisherigen Wohnungsvermieter auch ein Grund, warum sich die Familie mithilfe des Fernsehens nun aus Herrnhut verabschiedet hat und mit zwei Kindern nach Löbau gezogen ist, direkt über den Laden. Welche Details aus dem vergangenen Jahr in welchem Licht wahrscheinlich ab Februar oder März auf RTL zu sehen sind, wissen die beiden Existenzgründer nicht. In Herrnhut und auch in Berthelsdorf war die Familie durchaus bekannt – und nicht überall positiv beleumundet. So manche Geschichte über ihr Schicksal gibt es in sehr verschiedenen Versionen zu hören.

Aus der Oberlausitz stammen beide nicht. Sie sind, eigenen Angaben zufolge, 2013 nach Berthelsdorf gezogen, weil sie es hier schön fanden und gemeinsam einen neuen Lebensort suchten. 2016 haben sie sich dann als Kandidaten für die neue RTL-Show beworben. René Looks war arbeitslos geworden, wollte aber „nicht zu Hause sitzen“, wie er erzählt. Aus gesundheitlichen Gründen könne er, so berichtet der 39-Jährige, in seinem erlernten Beruf als Maurer schon seit einiger Zeit nicht mehr arbeiten.

Eine befristete Arbeit hat seine Frau in Herrnhut. Sie ist in der Sternemanufaktur beschäftigt und verdient den Unterhalt für die Familie. Denn durch die Geldzahlung des Senders erhalten sie keine Unterstützung vom Staat. „Wir waren mit den Fernsehleuten deshalb beim Amt“, sagt Looks. Die Produktionsfirma wirbt mit diesem Finanzkonzept auch online für die Reihe: „Für die Laufzeit des sechsmonatigen Experiments verdoppelt RTL die kompletten staatlichen Bezüge und zahlt sie auf einen Schlag in bar aus“, heißt es. In diesem Fall sind es 24 422 Euro, die aber ausschließlich in die neue Existenz gesteckt werden müssen. Ob der Plan aufgeht, wird sich zeigen. „Die Leute sind schon sehr neugierig und fragen, wann wir öffnen“, sagt Looks.

Unter der Woche werde das Geschäft von 8 bis 16 Uhr offen sein, sonnabends zunächst von 10 bis 14 Uhr.