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Kontrollgang bei den Anglern

Wer ohne gültige Papiere die Angel auswirft, macht sich als Fischwilderer strafbar. Vergehen jeder Art ist die Gewässeraufsicht des Anglerverbands auf der Spur.

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© Ulrike Keller

Von Ulrike Keller

Hinter ein paar Büschen werden sie fündig. Gemütlich sitzt ein Angler am Ufer. Zwei Angeln hängen fangfertig im Stausee Radeburg. Ein junger Hecht lässt sich kurz im flachen Wasser blicken und ist sogleich wieder verschwunden.

Mirko Naumann handhabt es freundlich, aber verbindlich: „Verbands-gewässeraufsicht, Naumann“, sagt er zu dem älteren Mann im Campingstuhl. „Ich würde jetzt eine Kontrolle durchführen. Könnte ich Ihre Papiere sehen?“

René Häse tritt mit einem lockeren „Petri“ hinzu. Er ist als Zeuge mit. Falls es später zu Streitigkeiten vor Gericht kommt. Die beiden arbeiten hauptamtlich beim Anglerverband Elbflorenz Dresden e.V., und zu dessen Pflicht gehören auch ganzjährig Kontrollen an den Pacht- und Eigentumsgewässern. Um dieser Aufgabe nachzukommen, sind zusätzlich 367 ehrenamtliche Kontrolleure im Verbandsbereich unterwegs. Dieser umfasst den gesamten Regierungsbezirk Dresden und damit fünf Landkreise. Allein im Landkreis Meißen werden 49 Gewässer betreut.

Der bärtige Angler springt aus seinem Faltstuhl auf, greift nach unten und hat sofort eine Plastiktüte zur Hand, aus der er seine Papiere zieht. Erst den Fischereischein, eine Art Fahrerlaubnis fürs Angeln, dann den Erlaubnisschein, die Genehmigung, speziell an diesem Gewässer angeln zu dürfen. Beides muss gültig sein.

„Ohne gültige Scheine wäre das Fischwilderei“, erklärt René Häse, der Geschäftsführer des Verbands ist. „Wer sich erwischen lässt, muss mit empfindlichen Geldstrafen rechnen.“ Erst vor Kurzem habe es einen solchen Fall gegeben, verrät er. Ein Rentner, der noch dazu die Kontrolleure beleidigte. Letztlich kamen ihn seine Vergehen mit über 3 000 Euro teuer zu stehen.

Hier lässt sich alles gut an. Mirko Naumann sieht auf Anhieb die Verbands-Mitgliedermarke 2017. Selbst das Fangbuch ist mit Angeldatum und Gewässer vorschriftsgemäß vorgetragen. Andreas Zebahl aus Dresden angelt seit seiner Kindheit. Der 56-jährige Kurierfahrer genießt seinen letzten Tag Urlaub nach jenem Motto, das er groß auf der Brust trägt: Der perfekte Angeltag. Gefangen hat er noch nichts. Obwohl er vor zwei Tagen so ziemlich alles Denkbare am Haken hatte: Schleie, Karpfen, Plötze und Brasse. Allerdings zu klein, um sie mitnehmen zu dürfen, erzählt er. Alle Blicke wandern zur Seite. Dort schlängelt sich ein Riesenexemplar von Ringelnatter über den Weg, etwa ein Meter lang.

„Petri!“ Die Kontrolleure ziehen weiter. „Man merkt immer schon nach einem kurzen Gespräch, ob etwas nicht stimmt“, sagt René Häse. Meistens seien die Angler dann von vornherein auf kontra.

Im See vollführt ein Haubentaucher Kunststückchen. Stockenten drehen ihre Runden. Und das Verbandsduo trifft auf die nächsten Angler. Einen Mittvierziger und seinen Sohnemann. Auch hier sofortige Bereitschaft, die Papiere vorzuzeigen. Michael Rahner ist Maler und Lackierer in Dresden und erfüllt seinem Jungen einen Ferienwunsch. Ihr Eimer – noch leer. „Brassen, Brassen, Brassen“, sagt der 45-Jährige, „aber alle nur 40 bis 50 Zentimeter“. Und junge Rotaugen hätten sie gefangen und ebenfalls wieder reingesetzt.

„Eigentlich sind wir reine Karpfenangler“, erklärt der Vater. Wie er erzählt, ist er früher immer zur Tongrube Berbisdorf gefahren. Aber dort gäbe es neuerdings Gruppen, die feiern, Feuer machen und angeln und sich dabei auch nicht unbedingt an Regeln hielten. Wichtige Informationen für die Kontrolleure. Pro Jahr, so Verbandschef René Häse, werden im gesamten Regierungsbezirk Dresden 50 bis 60 grobe Verstöße protokolliert und geahndet. „Da wird zum Beispiel mehr Fisch mitgenommen, als erlaubt ist, oder zu kleine Tiere verschwinden mit im Beutel.“

Noch ein Abstecher an die Elbe in Radebeul. Beliebt bei Anglern wegen Zander, Barbe und Karpfen. Von der Panzerstraße aus marschieren die Kontrolleure Richtung Serkowitz. Und machen auf halber Strecke unterhalb der Böschung auf einer Landzunge ein tarngrünes Zelt aus. „Wetterschutzzelte sind erlaubt“, erklärt René Häse. „Wichtig ist: Es darf keinen Boden haben, um der Vegetation nicht zu schaden.“

Mirko Naumann läuft voraus. Kurzes Gespräch, verständiges Nicken, dann eine Handbewegung. Ein Abwinken zur Verabschiedung. „Das Paar packt gerade zusammen“, sagt er zu René Häse. „Es hatte keine Ruten mehr im Wasser.“ Damit darf auch nichts überprüft werden, so die Vorschrift.

Das Anglerpaar hat noch nie mitbekommen, dass kontrolliert wird, erzählt es. Dass das tatsächlich geschieht, findet es richtig gut. „Die Masse der Angler hält sich an die Gesetze und nimmt auch den Müll mit“, sagt Mirko Naumann. „Aber der eine, der es nicht macht, wird zum Maßstab genommen für alle anderen. Und das vermittelt ein falsches Bild.“