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Kinder auf dem Land sind dicker als in der Stadt

Fast jedes elfte Kind in Sachsen ist bei der Schuluntersuchung zu dick. Unter Sechstklässlern sind es gar doppelt so viele.

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© Markus Scholz/dpa

Von Theresa Hellwig

Dresden. Viele Kinder gehen nach der Schule nicht nach draußen und spielen, sondern greifen zum Smartphone oder setzen sich vor den Computer. Sie bewegen sich dadurch zu wenig und nehmen zu. Ein Phänomen, das die Krankenkassen und spezielle medizinische Behandlungszentren seit langem beschäftigt.

Fast jedes elfte Kind in Sachsen war laut Statistischem Landesamt zur Schulaufnahmeuntersuchung 2016/2017 übergewichtig oder sogar adipös, also krankhaft fettleibig. Während tendenziell immer mehr Schüler zu dick sind, sieht es unter den angehenden Schulkindern noch vergleichsweise gut aus. Im vergangenen Jahr waren von ihnen sogar weniger zu dick als im Vorjahr. Mit steigendem Alter nimmt dem Amt zufolge jedoch die Zahl übergewichtiger Kinder zu. Unter den Sechstklässlern beispielsweise war im Schuljahr 2015/2016 schon jedes fünfte Kind zu schwer für seine Größe. Besonders viele dicke Sechstklässler gab es 2013/2014.

Trotz der Spielmöglichkeiten in Wald und Garten auf dem Land: Das Problem ist eines, das dort deutlich stärker ausgeprägt ist als in den Städten. Während zum Beispiel in Dresden nur 5,1 Prozent der angehenden Schulkinder für das Jahr 2016/2017 übergewichtig oder fettleibig waren, waren es im Umland deutlich mehr. Am dicksten waren die Kinder in Nordsachsen. 12,1 Prozent waren dort bei der Schulaufnahmeuntersuchung übergewichtig oder sogar fettleibig. Auch in Mittelsachsen, dem Vogtlandkreis, Bautzen und im Landkreis Leipzig war 2016/2017 mehr als jedes zehnte Kind bei der Schulaufnahmeuntersuchung übergewichtig. Warum die Kinder im ländlichen Raum stärker von Übergewicht betroffen sind, darüber kann auch Tobias Lohmann vom Adipositaszentrum des Städtischen Klinikums Dresden nur mutmaßen. So gebe es in der Stadt zum Beispiel mehr Selbsthilfegruppen.

Im Adipositaszentrum werden fettsüchtige Erwachsene und Kinder behandelt. Während Erwachsene operiert werden können, gibt es bei Kindern vor allem Gesprächstherapien. Ernährungsberatung steht dabei ebenso auf dem Plan wie die Stärkung des Selbstbewusstseins. Denn eine große Rolle spielt bei alledem die Psyche. Ist ein Kind erst einmal dick, wird es oftmals gehänselt. Es kann passieren, dass es depressiv wird und die negativen Gefühle durch Essen kompensiert. „Das ist ein Teufelskreis“, sagt Lohmann. Er warnt: „Gesundheitserziehung muss schon im Kindergarten beginnen.“ Etwa ein Jahr müssen fettsüchtige Kinder auf ihre Therapie warten. Zwanzig junge Menschen werden jährlich in dem medizinischen Zentrum behandelt, nötig wären jedoch etwa 100 Therapieplätze, erklärt Lohmann.