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Keine Antworten auf das „Warum“

Im Prozess gegen die sogenannte Gruppe Freital haben nun vier Syrer ausgesagt. Zwei Angeklagte entschuldigten sich bei ihnen für den Sprengstoffanschlag.

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© dpa

Von Alexander Schneider

Auch heute, mehr als eineinhalb Jahre nach dem Anschlag auf ihre Wohnung, können die vier Syrer nicht verstehen, warum sie angegriffen wurden. Das sagten die Männer im Alter von 22 bis Mitte 30 als Zeugen im Prozess gegen acht Angeklagte der „Gruppe Freital“. Die sieben Männer und eine Frau stehen seit März unter anderem wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vor dem Oberlandesgericht Dresden.

Am Dienstag und am Mittwoch ging es um den Anschlag auf eine Erdgeschosswohnung in der Wilsdruffer Straße 127, Freital. In der Nacht zum 1. November 2015 detonierten dort an drei Fenstern Sprengsätze – gleichzeitig. Auf das Schnipsen eines Feuerzeugs wurden alle Lunten angezündet, wie Patrick F. gestanden hatte.

Drinnen in der Küche sah ein Syrer die brennende Zündschnur, sodass er mit zwei anderen gerade noch aus der Küche fliehen konnte. Ibrahim R. hatte weniger Glück. Er lag in seinem Bett und telefonierte, als das Fenster über ihm in die Luft flog. Der 27-jährige Asylbewerber, in Syrien hatte er Arabistik studiert, wurde an den Augen verletzt und kam in eine Klinik.

Am Ende seiner Vernehmung sagte H. wie seine Mitbewohner: „Ich hätte niemals gedacht, dass mir so etwas passieren kann.“ Er sei aus dem Krieg geflüchtet, um in Frieden zu leben. „Warum?“

Justin S. (19) und Patrick F. (26) entschuldigten sich bei ihren Opfern. S. sagte deutlich, er habe erst später verstanden, was er getan und worauf er sich eingelassen habe: „Es ist durch rein gar nichts zu entschuldigen oder zu rechtfertigen.“ Er sei zu naiv und leichtgläubig gewesen, um zu erkennen, mit welchen Menschen er zusammen gewesen sei. F. sagte nur, die Frage nach dem Warum könne er mit einfachen Worten nicht erklären. Zeit genug wäre gewesen, und Zeit genug dazu hatte er gehabt. So bleibt die Konfrontation mit den Tätern für die Opfer unbefriedigend.

Die Anwälte der Opfer kritisierten die überlangen Befragungen der Verteidiger. Eineinhalb volle Sitzungstage dauerten die Vernehmungen der vier Männer. Auf die Fragen, wer in den beengten Räumen wo gestanden habe, käme es bei dem Vorwurf „versuchter Mord“ strafrechtlich nicht an. „Sie wollten unsere Mandanten quälen“, sagten mehrere Nebenklage-Anwälte. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.