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Kassenschlager Westgeld

Kaufland in Löbau nimmt in diesem Monat noch D-Mark an. Der Erfolg der Aktion übertrifft alle Erwartungen.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Renate Raupach zögert ein bisschen. Dann läuft die Dame aus Dürrhennersdorf auf die Kaufland-Mitarbeiterin im Löbauer Markt zu: „Nehmen Sie auch noch DDR-Mark an?“, fragt sie unsicher und nestelt einige große Münzen aus einem Säckchen. Sie zaubert längst vergessene Schätze hervor: 20-Mark-Stücke. Die waren mal sehr beliebt und bekannt. Die Kaufland-Mitarbeiterin an der Info-Theke schüttelt bedauernd den Kopf: „Nein, das nehmen wir leider nicht mehr“, sagt sie. Aber West-Mark, die könne sie gern bis Ende des Monats noch zum Bezahlen mitbringen.

Renate Raupach aus Dürrhennersdorf mit einem 20-DDR-Mark-Stück.Geld ist und bleibt Geld
Renate Raupach aus Dürrhennersdorf mit einem 20-DDR-Mark-Stück.Geld ist und bleibt Geld © abl

Die Aktion der Supermarktkette Kaufland, in diesem Monat auch die gute alte D-Mark wieder als Zahlungsmittel zu akzeptieren, hat nicht nur Frau Raupach aufmerksam gemacht. In weit größerem Maße als erwartet kommen die Kunden seit Anfang Januar mit ihren Altgeld-Beständen, die sich im Laufe der Euro-Jahre irgendwo doch noch angefunden haben.

„Die Aktion wird überall in unseren Filialen – auch in Zittau, Löbau und Ebersbach – sehr gut angenommen“, bekräftigt Kaufland-Sprecherin Andrea Kübler. Man sehe das als Service für die Kunden. Schließlich nimmt Kaufland den D-Mark-Besitzern die Arbeit ab, bis nach Leipzig oder Chemnitz zur nächstgelegenen Bundesbank-Filiale zu fahren, um die alten Münzen und Scheine noch gegen Euro einzutauschen.

Und damit die Mitarbeiter in den Märkten nicht lange umrechnen müssen, hat der Konzern ihnen das Prozedere erleichtert: Auf den Kassen ist ein extra D-Mark-Programm aufgespielt, der die entsprechenden Beträge blitzschnell umrechnet und das Wechselgeld oder einen Restbetrag dann auch in Euro ausgibt. 1,95583 lautet der amtliche Kurs, das heißt, knapp zwei D-Mark sind ein Euro wert. Einen Aufschlag berechnet Kaufland dabei nicht. Auch, wenn der Aufwand schon ein bisschen größer ist, bestätigt Pressesprecherin Kübler.

Denn, ein bisschen länger kann es manchmal dauern, wenn ein Kunde sehr viele Münzen mitbringt. Gisela Junghans, Kassenchefin im Zittauer Kaufland in der Christian-Keimann-Straße, nickt nur. Sie hält ein Kästchen von der Größe eines A 6-Heftes in den Händen – randvoll mit Pfennigen. Und einem 500-Mark-Schein. Das Hartgeld habe ein Kunde gebracht – so geballt sei es schon die Ausnahme. Ebenso wie richtig große Beträge. „Wir waren aber schon erstaunt, wie gut die Aktion angenommen wird und wie viel Geld noch im Umlauf ist“, sagt Frau Junghans. Im Tausenderbereich liege das D-Mark-Aufkommen pro Woche in diesem Zittauer Haus im Schnitt. „Viele Kunden bezahlen ihren ganz normalen Einkauf damit, manche lassen sich Gutscheine ausstellen“, sagt sie.

Flankiert wird die ganze Aktion noch mit einer ganz speziellen Idee: Einige Marken-Unternehmen haben extra für das Handelsunternehmen Verpackungen aus den 60ern wieder aufleben lassen. Margarine, Filtertüten, Eierlikör gibt's jetzt im Anno-Dunnemals-Flair bis zum Ende der Aktion am 30. Januar. „Eine runde Sache“, begeistert sich die Löbauer Kaufland-Marktleiterin Cornelia Bär. Zumal die meisten Kunden, die mit D-Mark im Laden auftauchen eher gestandene, ältere Kunden sind. Ob sich die älteren Kunden hier in der Region wirklich angesprochen fühlen – schließlich gab es all die Waren damals hierzulande ja nicht – kann keiner sagen. Aber auf diese Weise ließ sich für die Handelskette die Aktion viel besser bewerben.

Werbung – die braucht Axel Unruh vom Spreequellkaufhaus in Neugersdorf für seinen D-Mark-Service schon lange nicht mehr: „Seit dem Währungswechsel 2002 nehmen wir die alte Währung an“, bestätigt er. Anfangs immer zu besonderen Aktionen wie Sommer- oder Winterschlussverkauf. „Inzwischen nehmen wir durchgehend D-Mark an, wenn ein Kunde damit zu uns kommt“, sagt Unruh. Auch der Unternehmer sieht das als besonderen Service für den Kunden, nimmt gern den zusätzlichen Aufwand in Kauf. Er hat aber auch beobachtet, dass die Altgeld-Reserven seiner Kunden – die aus dem Oberland, Löbau, Zittau und auch aus Bautzen kommen – inzwischen weniger werden. Dennoch kommt im Schnitt pro Woche altes Westgeld in einer mittleren Hundertersumme zusammen. Dabei sind es noch nicht einmal nur ältere Kunden, die in Büchern, Bedienungsanleitungen oder alten Taschen noch etwas gefunden haben, wie Unruh weiß: Es kommen auch junge Leute, die bei den Großeltern oder Eltern noch etwas geerbt oder gefunden haben. „Manchmal kommen die Kunden auch mit einem ganzen Glas voll Hartgeld“, sagt Unruh schmunzelnd. Er persönlich habe noch eine alte Mark, sonst keine Westgeldreserven mehr, sagt er. Wie lange die D-Mark als Zweitwährung im Spreequellkaufhaus noch akzeptiert wird, kann Axel Unruh nicht abschätzen. Kaufland aber beendet die Aktion am 30. Januar. Ob es eine Wiederholung geben wird, ist noch nicht sicher. Frau Raupach aus Dürrhennersdorf hat aber auf alle Fälle noch Zeit, ihre ebenfalls noch vorhandenen D-Mark-Reste auszugeben.