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Minister gegen JVA-Schließung

Der Anstalt in Zeithain droht 2020 das Aus. Nun erhält das Gefängnis Unterstützung – unter einer Bedingung.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Zeithain. Die Herren haben es eilig. Über den Hof der JVA Zeithain geht ein kalter Windzug. Die dunklen Anzüge sind nicht gemacht für den Aufenthalt im Freien, wenn es nur wenig über null Grad ist. Im schnellen Schritt geht es an den hohen Drahtzäunen mit den Stacheldrahtrollen vorbei. Ziel ist die Turnhalle am Rand der Justizvollzugsanstalt. Dort gab es am Montag Grund zum Feiern: Das Gefängnis im Gewerbegebiet an der Grenze von Glaubitz zu Zeithain begeht sein 40-jähriges Bestehen.

Doch die rund 140 Mitarbeiter erwarten keine Geschenke – sie hoffen vor allem darauf, dass Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) vor allem etwas zu dem Punkt sagt, der auf dem Programmzettel der Gedenkveranstaltung gar nicht auftaucht. Wie geht es weiter mit der JVA Zeithain? Wird das die letzte Jubiläumsfeier? Denn nach derzeitigem Stand soll die Anstalt 2020 schließen, wenn die geplante JVA Zwickau-Marienthal in Betrieb geht. Und tatsächlich kommt der Minister ungefragt auf das Thema zu sprechen – nachdem er ausführlich die Arbeit der auf Glaubitzer Flur gelegenen JVA gelobt hat: Die Mitarbeiter hätten „bundesweit herausragende Maßnahmen“ geschaffen: Zeithain habe vor 20 Jahren als erstes deutsches Gefängnis einen Kunsttherapeuten fest angestellt, 2007 mit als erste einen Drogenspürhund eingeführt, 2014 eine einzigartige Suchttherapiestation eingerichtet. Das jüngste Pilotprojekt ist die Möglichkeit für Gefangene, mit Angehörigen Gespräche per Videotelefon führen zu können. Das sei wichtig, um persönliche Kontakte nicht abreißen zu lassen – damit nach der Entlassung der Weg in die Freiheit leichter falle.

„Heute steht Zeithain für einen sicheren und humanen Strafvollzug“, sagt Sebastian Gemkow. Und morgen? „Ich setze mich dafür ein, dass es wenigstens eine mittelfristige Perspektive zur Verlängerung der JVA Zeithain gibt“, sagt der Justizminister – und erntet dafür Zwischenapplaus. Allerdings sei noch offen, wie lange er sein Amt ausübt: Der nominierte Tillich-Nachfolger Michael Kretschmer will nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten nächsten Montag sein neues Kabinett vorstellen. „Sollte ich dann noch für das Ressort zuständig sein, werde ich dafür kämpfen, dass die Anstalt erhalten bleibt.“

40 Jahre Gefängnis

Am 12.September 1977 zieht die damalige Strafvollzugseinrichtung Riesa nach Zeithain um – mit 600Gefangenem und allem Inventar.

Zu DDR-Zeiten beherbergt das Gefängnis ständig rund 600Männer, die – so wie heute – kürzere Freiheitsstrafen zu verbüßen haben. Fast die Hälfte sitzt aus politischen Gründen ein, etwa wegen Republikflucht.

Damals ließ man die Gefangenen vor allem im Stahlwerk Riesa, im Rohrwerk Zeithain und im Gleisbau bei der Reichsbahn arbeiten.

Heute sitzen rund 360Gefangene im geschlossenen Vollzug, 130 belegen Schul- oder Ausbildungskurse.

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Eine Bedingung dafür gibt es allerdings: Die Gefangenenzahlen in Sachsen dürfen zuvor nicht wesentlich sinken. Denn zuletzt war – vor allem durch die Zuwanderung – die Zahl der Gefangenen in Sachsen so deutlich gestiegen, dass die geplante neue JVA Zwickau-Marienthal allein nicht ausreichen dürfte. Schon jetzt seien die sächsischen Gefängnisse außerordentlich stark belegt, sagt der Justizminister. Darunter leide auch das Angebot an Behandlungsmöglichkeiten. Demnach brauche man auch nach 2020 eine weitere JVA. „Wir sollten Zeithain erhalten – zumal der Neubau einer JVA ohnehin sehr lange dauert, wie wir gerade sehen.“

Außerdem sei das Klima in der Anstalt vorbildhaft, sagte er in seiner Rede vor einer Reihe von Landtagsabgeordneten, Vertretern aus dem Justizministerium und der Lokalpolitik. Lutz Thiemig, parteiloser Glaubitzer Bürgermeister, legt den Fokus auf die Außenwirkung der JVA: Viele Bedienstete würden im Umland wohnen, sich für das Gemeindeleben engagieren, ihre Kinder an Schulen und Kindergärten schicken. Mitarbeiter wie Gefangene hätten bei den Hochwassern Sandsäcke gefüllt und beim Aufräumen geholfen. Kleinere und mittlere Unternehmen der Region würden Arbeitsschritte von Gefangenen erledigen lassen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die JVA auch in zehn Jahren ihr 50. Jubiläum auf Glaubitzer Gebiet feiern kann“, sagt Thiemig. „Ich appelliere an alle Abgeordneten und Entscheidungsträger, das Angebot zu erhalten!“ – Anstaltsleiter Oliver Schmidt lobte die Arbeit seiner Mitarbeiter – und freute sich über die Wertschätzung aus Dresden. Unter Vollzugsbediensteten hofft man, dass auf die Worte Taten Folgen: Ein früherer Justizminister hatte schon mal einen millionenschweren Neubau für Zeithain versprochen, der dann nie kam. „In zwei Jahren sind Landtagswahlen, dann sehen wir weiter“, sagt ein Uniformierter.