Merken

Jobs für Asylbewerber - Sachsen macht Fortschritte

Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus dürfen nur gemeinnützig arbeiten. In Sachsen öffnen sich dafür inzwischen erste Gemeinden. Auch für Auszubildende bessern sich langsam die Aussichten.

Teilen
Folgen

Sophie Rohrmeier

Dresden. In Crimmitschau starten diese Woche sieben Männer mit gemeinnütziger Arbeit für die Stadt: Männer aus Syrien, Afghanistan, Albanien und dem Kosovo. Sie haben noch kein Bleiberecht und doch bekommen sie die Chance. „Das kann nur gut sein für die Integration“, sagt Uta Pleißner, Sprecherin der Stadt im Landkreis Zwickau. „Viele reden darüber, aber man muss auch was hinkriegen.“

Schritt für Schritt geht es in Sachsen voran mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. So gibt es in einigen Kommunen und Unternehmen Vorstöße, Asylbewerber zu beschäftigen. Die sieben neuen Helfer in Crimmitschau würden im Bauhof eingesetzt und die Freibäder winterfest machen. „Die Männer nehmen niemandem den Job weg und bekommen nur eine Aufwandsentschädigung“, sagt Pleißner und schiebt nach, das sei wichtig auch in der Außendarstellung.

Bislang gibt es für Menschen wie die Asylsuchenden aus Crimmitschau tatsächlich keine andere Möglichkeit als die gemeinnützige Arbeit. Kommunen oder der Staat können Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus zeitlich begrenzt gemeinnützig beschäftigen. Dafür erhalten die Geflüchteten dann 1,05 Euro pro Stunde - kein Gehalt, sondern eben eine Aufwandsentschädigung. In Crimmitschau übernehme der Landkreis die Arbeitskosten, das Land die Kosten für die Ausstattung, so Pleißner.

Damit folgen Kommunen der Botschaft, die Wirtschaftsverbände bereits ausgesendet haben: das Land braucht die Flüchtlinge als Arbeitskräfte. „Schon heute gehen mehr Menschen in den Ruhestand als Jüngere nachrücken“, sagt auch der Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Chemnitz, Klaus Schuberth. „Das führt in den kommenden zehn Jahren zu einem Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung. Daher ist Zuwanderung ganz klar ein Gewinn.“ Und darüber gelinge dann auch die Integration in die Gesellschaft.

„Crimmitschau ist eines der Vorreiterprojekte in Sachsen“, sagt Frank Vollgold, Sprecher der BA-Landesdirektion. Einen genauen Überblick, wie viele Unternehmen und Kommunen in Sachsen derzeit Asylbewerber beschäftigen oder ausbilden, hat weder die Behörde noch die Landesdirektion. Aber es zeigen sich erste Schritte: Die Tarifparteien der sächsischen Metall- und Elektroindustrie (VSME) zum Beispiel wollen junge Flüchtlinge bei der Vorbereitung auf eine Ausbildung unterstützen. Dazu wurde ein entsprechender Tarifvertrag zur Förderung Jugendlicher auf Migranten erweitert. Er gilt auch für jene, deren Aufenthaltsstatus noch nicht geklärt ist.

In Radebeul bei Dresden bildet der Druckmaschinenhersteller KBA zwei pakistanische Asylbewerber zu Mechatronikern aus. Eine Reaktion auf die negativen Schlagzeilen aus sächsischen Städten, heißt auf der Website des Betriebs. KBA exportiere rund 85 Prozent seiner Produkte ins Ausland, seine Techniker seien in anderen Ländern stets willkommen. „Es ist für unser international tätiges Unternehmen in der derzeitigen Situation Pflicht, ein Zeichen für eine bessere Willkommenskultur zu setzen“, sagt Ralf Sammeck aus der Konzernleitung.

Die Industrie- und Handelskammer in Dresden weiß von fünf bis sechs Flüchtlingen in Sachsen, die eine Ausbildung machen. „Die Betriebe wünschen sich angesichts des Fachkräftemangels eine größere Auswahl und sind deshalb offen für Asylbewerber, die motiviert sind“, sagt Sprecher Lars Fiehler.

Doch vor allem die mangelnden Deutschkenntnisse seien noch eine Hürde. Flüchtlinge müssten ja die Berufsschule schaffen, um die Ausbildung abzuschließen. „Es braucht eine vorgeschaltete Berufsvorbereitung, aber dafür gibt es ja Modelle“, sagt Fiehler.

In manchen Regionen laufen Vollgold zufolge erste Versuche der BA, Flüchtlinge schon vor der Entscheidung über ihren Asylantrag in den Arbeitsmarkt zu lotsen. Die Behörden wollten nicht mehr warten, bis der Aufenthaltsstatus nach den oft langwierigen Verfahren geklärt ist. In Chemnitz etwa prüften Mitarbeiter der Agentur die beruflichen Fähigkeiten von Flüchtlingen in einer Erstaufnahmeeinrichtung und gäben ihnen einen persönlichen Fahrplan mit, sagt Vollgold. „Da haben wir gute Erfahrungen gemacht.“

Darauf hofft auch Michael Oehler, Leiter im Wohnprojekt Asyl in Glauchau und Meerane, wo derzeit 344 Flüchtlinge leben. Ein Mann sei im Praktikum im Hausmeisterservice, eine Frau leiste gemeinnützige Arbeit. Mehr nicht - weil den Betreuern die Zeit fehle, sich um Jobs für die Asylsuchenden zu kümmern. Und weil bisher keine Sprachkurse gesetzlich verankert sind für Menschen, die keine anerkannten Flüchtlinge sind.

Jetzt aber soll das anders werden. Am Donnerstag traf sich Oehler mit Mitarbeitern der Arbeitsagentur. Zusammen wollen sie die Angebote von Unternehmen bündeln und die Flüchtlinge auf dem Weg in die Arbeit begleiten, sobald die ersten drei Monate um sind. „Ich erhoffe mir viele positive Aspekte davon“, sagt er. Die Integration solle besser werden, die Sprachkenntnisse auch. Die Unternehmen sollen Arbeitskräfte bekommen. „Und wenn die Asylsuchenden arbeiten, dann bleiben sie auch in der Stadt“, sagt Oehler. „Das hilft den Städten.“ (dpa)