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„Jedem das Seine“ zum blütenweißen Herrenhemd

Ein Bekleidungs-Unternehmen warb auch in Sachsen in einem Prospekt für frühlingshafte Mode - und bediente sich dabei auf ganz und gar nicht elegante Weise eines in Verruf geratenen Mottos.

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© Screenshot SZ

Dresden. Jetzt also auch Peek & Cloppenburg. Nach der CDU vor vielen Jahren, der Fluglinie Austrian Airlines und dem Webportal Yahoo passierte nun dem Modehaus mit Sitz in Hamburg der Fauxpas der unbedachten Wortwahl: Auf der vorletzten Seite präsentiert der Pfingst-Prospekt acht weiße Hemden in Kombination mit diversen Krawatten. Zwischen den Reihen reinster Baumwolle verwiesen die Werber auf eine Auswahl an Accessoires und schrieben darüber „JEDEM DAS SEINE“.

Als der sächsische Linken-Politiker André Schollbach beim Frühstück in dem Prospekt blätterte und einen Blick auf die Hemden warf, war es um seinen Appetit geschehen. Denn was er dort las, hat besonders in Deutschland eine hässliche Bedeutung. Die Nationalsozialisten verhöhnten mit dem antiken Gerechtigkeits-Idiom einst ihre Gefangenen, seit 1937 standen die Worte am Tor des Konzentrationslagers Buchenwald - von innen lesbar.

„Eine derartige Werbung ist absolut geschmacklos und geschichtsvergessen. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass ein derart bekannter und an Zynismus kaum zu überbietender Nazispruch für Werbezwecke benutzt wird“, schrieb Schollbach und machte damit offenbar erst auf den verbalen Ausrutscher aufmerksam. Denn zum Zeitpunkt seiner Aussendung zierte der Prospekt noch in seiner Urform die Homepage des Unternehmens. Gerade weil er dort gern einkaufe, sei er enttäuscht über die Werbemethode, so der Anwalt und Abgeordnete.

Die Firma reagierte prompt. „Wir möchten uns in aller Form dafür entschuldigen, das wir vielleicht die Gefühle Anderer verletzt haben - dies lag aber in keiner Weise in unserer Absicht und wir hoffen, dass Sie uns diese verbale Ungeschicklichkeit verzeihen werden“, teilte die Unternehmenszentrale mit und legte gleich den aktuellen Prospekt bei.

Ursprünglich ist „Jedem das Seine“ ein philosophischer Rechtsbegriff. Cicero nutzte die Formel in seinen Argumentationen, Preußens König Friedrich I. stiftete nach dem Motto „suum cuique“ einen Orden und Bach komponierte unter dem Titel „Nur jedem das Seine“ eine Kantate. (szo)