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Invasion der Bergfinken

Tausende Vögel sind in Strauch nördlich von Großenhain eingefallen. Doch die Einwohner haben keine Furcht. Warum auch.

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© Aris Gutsche

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Kennen Sie den Horrorfilm „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock? Da machen Millionen aggressiver Tiere den Menschen das Leben schwer – mit ungewissem Ausgang. Die Zigtausend Bergfinken, die gerade bei Strauch überwintern, jagen den Einwohnern allerdings keine Furcht ein. Ihr abendlicher Einflug zu den Schlafplätzen auf den Bäumen ist vielmehr eine Herausforderung für Hobbyfotografen. Und es freut viele Naturliebhaber. Sind die Wintervögel mit der markanten orangefarbenen Brust doch friedlich und machen nur beim Vorbeifliegen ein ungemein beeindruckendes rauschendes Geräusch.

Aris Gutsche aus Strauch hat die Finken beobachtet, wie sie etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang einflogen, einige Runden drehten und dann auf Bäumen landeten, bevor sie sich zum Schlafen hauptsächlich in dichten Baumkronen verkrochen. Diese Rundflüge riesiger Schwärme gehören zum Beeindruckendsten, was der Beobachter erlebte. Erst Mitte März werden die Bergfinken zu ihren Brutgebieten in Nordeuropa aufbrechen. „Da sieht man doch, dass wir als Landschaftsschutzgebiet durchaus Berechtigung haben und die Ausschlusskriterien gegen Windräter nicht aus der Luft gegriffen sind“, so der Straucher.

Das Greening der Landwirte

Aris Gutsche weiß allerdings auch, warum die Bergfinken so massenhaft bei Strauch kampieren. Es sind die nicht abgeernteten Sonnenblumenfelder der Agrargenossenschaft Skäßchen. Seit zwei Jahren bauen die Bauern sie als Zwischenfrucht an, die dann untergepflügt wird. Denn sie bekommen eine Prämie dafür. Greening heißt das Agrarumwelt-Förderprogramm, das die Landwirtschaftsbetriebe unterstützt, die dafür sorgen, dass nicht verbrauchter Stickstoff aus dem Boden gezogen wird, erklärt Geschäftsführer Manfred Engelmann. Neben dem Sonnenblumenschlag wurde auch Phacelia auf dem Acker gesät. Schmetterlinge und Bienen konnten damit ihre Winterreserven anlegen. Für die Wildgänse bleiben Raps und Wintergetreide stehen: von manchen als „geförderte Unkrautvermehrung“ belächelt. Doch neben den Skäßchener Bauern nutzen Nebenerwerbslandwirt Werner Böhme und weitere Agarunternehmen auch die EU-Förderung.

Angenehme Begleiterscheinung

Der Vogelschutz ist für die Landwirte eine angenehme Begleiterscheinung bei der „grünen Flächenzahlung“ innerhalb der Agrarförderung. Für die Bergfinken ist sie existenziell. Die kleinen Sperlingsvögel tauchen tagsüber gar nicht so massenhaft auf, weil sie sich in der Gegend verteilen und in mehr oder weniger kleineren Pulks mit Erkundungsflügen auf Futtersuche gehen. Gelegentlich tauchen sie in Dutzendstärke an Futterplätzen im Garten auf. Auch da finden sie schließlich Sonnenblumenkerne. In erster Linie sind die flinken Fiederlinge aber auf Bucheckern fixiert – ihre Leib- und Magenspeise während der Wintermonate. Im Sommer ernähren sie sich vorwiegend von Insekten und Wirbellosen.