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In Leipzig entsteht die Abhörzentrale des Ostens

Ab 2019 werden von Leipzig aus Telefone und Computer in Sachsen, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt überwacht und abgehört.

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© dpa

Von Andrea Schawe

Dresden. Sachsens Regierung hat beschlossen, ein neues Zentrum für die Telefonüberwachung aufzubauen. Ab 2019 werden von Leipzig aus Telefone und Computer in Sachsen, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt überwacht und abgehört. Damit sollen Straftäter effizienter verfolgt werden können, so Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU).

„Die Technologien im Bereich der Kommunikation entwickeln sich rasant“, so Ulbig. Um Schritt halten zu können, müssten die Länder kooperieren. „Nur so können wir unsere Bürger künftig effektiv schützen.“ Die Überwachung kann auch in Zukunft nur ein Richter anordnen. Die Ermittler der jeweiligen Landeskriminalämter beantragen wie bisher bei Staatsanwaltschaften die Überwachung von Verdächtigen – etwa bei Straftaten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Kinder-und Jugendpornografie, organisierter Kriminalität oder Terror. Wenn der Richter zustimmt, werden durch das Rechnungszentrum Telefone abgehört, der E-Mail-Verkehr kontrolliert oder Standorte überwacht. In Sachsen wurden 2015 etwa 1 000 Verdächtige in 363 Verfahren abgehört, teilt der Innenminister mit.

Das Zentrum diene nicht dazu, die Befugnisse der Polizei zu erweitern, so Ulbig. „Es geht nicht darum, die Menschen auszuspionieren, sondern darum, schweren Straftätern auf die Spur zu kommen.“ Die Anstalt darf die Daten auch nicht auswerten oder Verdächtige verhaften. Die Länder erhoffen sich von der Kooperation Einsparungen von fast elf Millionen Euro, Sachsens Anteil liegt bei 2,9 Millionen Euro – etwa, weil nicht jedes Bundesland eigene Technik anschaffen muss.

Der Hauptsitz soll der Standort der Bereitschaftspolizei in Leipzig sein. Eine Außenstelle, vor allem zur Datensicherung, soll bei der Bereitschaftspolizei in Dresden entstehen. Dafür werden in den kommenden fünf Jahren etwa 15,8 Millionen Euro investiert, 4,8 Millionen zahlt Sachsen. Bis zu 50 Mitarbeiter sollen im neuen Zentrum arbeiten, vor allem Experten für Informationstechnologie und in der Verwaltung.

Um die Daten zu schützen, werden sie nach Ländern getrennt gespeichert. Das war eine Forderung der Datenschutzbeauftragten. Linke und Grüne kritisieren das Zentrum als intransparent, es fehle auch parlamentarische Kontrolle. Es sei unklar, wer auf die Daten zugreifen kann, so Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linken. Bedenklich sei auch, dass Funkzellenabfragen und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung in die Kompetenz des Zentrums fallen. Der Innenminister schaffe so die technischen Voraussetzungen für die geplante Verschärfung des Polizeirechts, sagt Valentin Lippmann (Grüne).