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Immer noch Probleme auf der Autobahn nach Prag

Die Sicherung der Hänge dauert länger als gedacht. Eine Brücke bleibt deshalb weiter halbseitig gesperrt.

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© dpa

Von Steffen Neumann, SZ-Korrespondent in Usti n.L.

Ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme des letzten Teilstücks der Autobahn D8/A17 Dresden–Prag bleiben drei Kilometer immer noch aus Sicherheitsgründen nur zweispurig befahrbar. Weil sich die Erde unter der Hochbrücke Prackovice bewegte, entschied die tschechische Autobahndirektion RSD kurz vor der Eröffnung im Dezember letzten Jahres, eine der beiden Hochbrücken zu sperren und den Verkehr nur halbseitig freizugeben. Der verläuft seitdem auf nur einer Spur je Richtung und bei 60 Stundenkilometer.

Wie nun bekannt wurde, müssen sich Reisende Richtung Süden auch in der Urlaubszeit mit den Einschränkungen abfinden. Nachdem schon zwei Termine nicht eingehalten werden konnten, ist die „vorübergehende Maßnahme“ zum Dauerzustand geworden. „Wir mussten den Zeitplan anpassen. Es gab Probleme mit den Bohranlagen und dem Wetter“, räumt Jan Blahut gegenüber der SZ ein. Der Experte vom Prager Institut für Oberflächenstruktur und -mechanik berät die Autobahndirektion bei der Sicherung des von Erdrutschen bedrohten Gebiets. Während der Schwerlastverkehr über die Brücke donnert, werden an ihrem Sockel gewaltige Betonmassen bis zu 20 Meter tief ins Erdreich versenkt. An die Pfeiler werden Ankerrahmen montiert. Diese Anker werden wiederum bis zu 40 Meter tief in den Hang getrieben. Anders als noch im Dezember, verhalte sich das Erdreich unter der Brücke aber inzwischen weitgehend ruhig. „Es gibt nur kleinere Erschütterungen durch die Sanierungsarbeiten. Sobald aber die Verankerung abgeschlossen ist, sollten sie völlig abklingen“, erwartet Blahut.

Eröffnung nicht vor Herbst

Doch wann das passiert, ist derzeit noch unklar. „Wir schließen gerade die erste Phase der Sicherungsarbeiten ab“, fährt Blahut fort. „Es wird noch eine zweite Ankerebene eingezogen, das passiert aber erst im Sommer.“ Auf einen konkreten Termin, wann auch das letzte Stück Autobahn noch freigegeben wird, will sich Blahut nicht festlegen. Zu viele Unwägbarkeiten birgt das komplizierte Gelände. „Wir haben uns mit den Fachleuten geeinigt, die Brücke erst freizugeben, wenn die Arbeiten beendet und ihre Folgen wirksam geworden sind“, nennt RSD-Sprecher Jan Rydl den Kompromiss. Die Umweltorganisation „Deti Zeme“, die den Autobahnbau von Beginn an kritisch begleitet, kritisiert die Informationspolitik. „Termine werden nicht eingehalten. Wenn es Probleme gibt, erfährt die Öffentlichkeit – wenn überhaupt – erst auf Nachfrage davon“, sagt Vereinsvorsitzender Miroslav Patrik, der seinerseits auf eine Eröffnung der zweiten Brücke frühestens im Herbst tippt.

Aus der Sicht von „Deti Zeme“ bleibt der Hang aber auch danach noch gefährlich. „Das Monitoring muss weitere Jahre erfolgen, wenn nicht sogar über Jahrzehnte“, mutmaßt Patrik. Deti Zeme hatte schon vor 20 Jahren vor dem Bau in dem geologisch instabilen Gebiet gewarnt. Wenige Kilometer südlich hatten 2013 starke Regenfälle einen gewaltigen Erdrutsch ausgelöst, der die Fertigstellung der Autobahn um zwei Jahre verzögerte. Seitdem erfolgt eine Stabilisierung des Hangs.

Zumindest hat das Verkehrsministerium begonnen, aus dem Desaster rund um die Autobahn D8 Lehren zu ziehen. Bis September soll erstmals eine Methodik vorliegen, wie das Risiko von Erdrutschen künftig vermieden werden kann. „Bisher wurde an geologischen Gutachten sträflich gespart, da das Gesetz über öffentliche Aufträge immer das günstigste Angebot bevorzugt, was schlecht ist“, kritisiert Geologe Blahut. Auch Umweltschützer Patrik sieht den Staat in der Pflicht. „Der hat völlig versagt. Leidtragende sind alle, die mit und an der Autobahn D8 leben.“ Dass es an der Strecke irgendwann wieder zu einem Erdrutsch kommt, kann auch Jan Blahut nicht gänzlich ausschließen. „Das bedeutet aber nicht, dass das Gelände eine Gefahr für Menschen birgt.“ Er verweist auf die über 100 Messpunkte, die das Gebiet überwachen. Gefährliche Veränderungen würden so frühzeitig erkannt, und es können Gegenmaßnahmen ergriffen werden.