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Hoyerswerda feiert 30-jähriges Bestehen der Lausitzhalle

Musterbeispiel des sozialistischen Wohnungsbaus - so wurde Hoyerswerda oft genannt. Über Jahre war die Stadt nicht viel mehr als ein Ort zum Schlafen. Die Einwohner sehnten sich nach einem Kulturtempel.

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© dpa

Von Anett Böttger

Hoyerswerda. Auf ein Kulturhaus hat Hoyerswerda lange warten müssen. Über sieben Jahre zog sich der Bau in der Stadt hin, die zu DDR-Zeiten rasant wuchs. Für die Beschäftigten des Gaskombinats im benachbarten Schwarze Pumpe entstanden dort ab 1955 tausende Wohnungen. Kultur allerdings kam zu kurz, bis sich am 26. April 1984 endlich die Türen für das „Haus der Berg- und Energiearbeiter“ öffneten. Seit 1992 heißt es Lausitzhalle. An diesem Samstag wird das 30-jährige Bestehen mit einem Tag der offenen Tür gefeiert.

Martin Schmidt, der Vorsitzende des Kunstvereins in Hoyerswerda, erinnert sich gut an den jahrelangen Kampf um das Kulturhaus. Kunst- und literaturinteressierte Einwohner schickten 1968 einen achtseitigen Brief an den DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht. Sie forderten darin mehr Kultur für die Stadt mit damals etwa 60 000 Einwohnern. „Das hat etwas bewirkt“, sagt Schmidt.

Auch Brigitte Reimann (1933-1973) gehörte zu den 35 Unterzeichnern des Beschwerdebriefes. Die Schriftstellerin, die von 1960 an acht Jahre in Hoyerswerda lebte, vermisste Grünanlagen, Begegnungsstätten und einen Konzertsaal. „Der Theaterbau war ... wieder gestrichen worden“, schrieb sie 1968 in ihr Tagebuch. Architekten hatten auf dem Reißbrett durchaus eine attraktive Neustadt für Hoyerswerda entworfen. Doch viele Ideen blieben auf der Strecke.

Einer Initiative des Kombinats Schwarze Pumpe war es schließlich zu verdanken, dass der Bau des Betriebskulturhauses mit der Grundsteinlegung 1977 begann. Es habe allerdings mehrfach Baustopps gegeben, berichtet Schmidt. „Die SED-Bezirksleitung in Cottbus hat immer wieder interveniert, weil das Vorhaben nicht im Volkswirtschaftsplan enthalten war.“

„Um Stillstand zu vermeiden, musste man einfallsreich sein“, sagt Bernd Zobel im Rückblick. Der technische Leiter der Lausitzhalle ist dienstältester Mitarbeiter im Haus und gehörte ab 1978 zum Aufbaustab. Das Kombinat Schwarze Pumpe habe Lehrlingsbrigaden auf die Baustelle nach Hoyerswerda geschickt, erzählt Zobel. „Maurer, Tischler, Elektriker absolvierten dort ihre praktische Ausbildung, damit es weiterging.“

„Mit 820 Plätzen war das Haus in seiner Größe ein Novum für die Gegend“, sagt Zobel. Ein eigenes Ensemble hatte es nie, dafür zu DDR-Zeiten 125 Mitarbeiter. 12 Beschäftigte blieben 1992 übrig, nachdem die Stadt Gebäude und Grundstück aus dem Eigentum des Gaskombinats übernommen hatte, berichtet Martin Schmidt. Er führte damals als Kulturdezernent von Hoyerswerda die Verhandlungen.

Heute sind 17 Menschen in der Lausitzhalle beschäftigt. Das Kultur- und Tagungszentrum ist Kulisse für jährlich mehr als 200 Veranstaltungen. Künstler loben die hervorragende Akustik. Das potentielle Publikum in der Stadt ist allerdings geschrumpft, seit tausende Arbeitsplätze in der Lausitzer Bergbau- und Energiewirtschaft wegfielen. Wohnten 1981 rund 71.000 Menschen in Hoyerswerda, sind es heute noch knapp 35.000.

Der Kulturbetrieb ist eine Herausforderung: „Die Stadt könnte die Lausitzhalle nicht allein tragen“, sagt Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU). Das Haus fahre Defizite ein und sei deshalb 2007 in den Verbund kommunaler Wirtschaftsbetriebe integriert worden. Unter diesem Dach profitiere die Lausitzhalle vom positiven Ergebnis anderer Unternehmen, sagt Skora. Diese Solidargemeinschaft solle auch künftig helfen, weiter in die einzigartige Einrichtung zu investieren. (dpa)