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Hoyerswerda bereitet sich auf Ankunft von Asylbewerbern vor

Der Ruf ist beschädigt, seit Steine gegen Ausländer-Wohnheime flogen. Hoyerswerda wird seither oft in einem Atemzug mit Rostock, Solingen oder Mölln genannt. Nun richtet die ostsächsische Stadt eine Unterkunft für Asylbewerber ein - und baut vor.

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Hoyerswerda. Hoyerswerda wehrt sich gegen das Stigma der Fremdenfeindlichkeit. 22 Jahre nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen, die ihr einen zweifelhaften Ruf bescherten, bereitet sich die Stadt auf die Ankunft zahlreicher Asylbewerber vor. Unter dem Motto „Hoyerswerda hilft mit Herz“ hat sich ein breites Bündnis zur Unterstützung der Neuankömmlinge formiert. „Wir wollen uns aktiv darauf vorbereiten“, sagte Mitinitiator Jörg Michel. Für die Unterbringung der bis zu 120 Asylbewerber lässt der Landkreis Bautzen eine ehemalige Schule umbauen. Bis zum Jahresende soll das Heim zumindest teilweise bezugsfertig sein.

Hoyerswerda war im Herbst 1991 der erste Ort in Deutschland, in dem nach der Wiedervereinigung Gewalt gegen Ausländer eskalierte. 32 Menschen wurden damals verletzt. „1991 soll sich nicht wiederholen“, sagte Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU). „Wir müssen mit den Bürgern ins Gespräch kommen und versuchen, die Unsicherheit zu nehmen.“

Der Landkreis hatte nach eigenen Angaben verschiedene Möglichkeiten geprüft, um die steigende Zahl von Asylbewerbern unterzubringen, darunter auch einen Standort in Bautzen. Die Wahl fiel aber auf Hoyerswerda, wo nun die frühere Förderschule für geistig Behinderte umgebaut wird. Alle Arbeiten dort sollen spätestens im März 2014 abgeschlossen sein. Bis Mitte Dezember will die Behörde einen Heimbetreiber gefunden haben. Die Ausschreibung dafür läuft.

Der evangelische Pfarrer Jörg Michel und seine Mitstreiter wollen die Bevölkerung für eine „Willkommenskultur“ sensibilisieren. Das Bündnis sammelt sowohl Angebote für konkrete Alltagshilfe - zum Beispiel Kleiderspenden - als auch Vorschläge zur Integration in Vereinen oder Sprachkursen. Außerdem will das Bündnis gezielt darüber informieren, weshalb Menschen aus Konfliktgebieten in Deutschland Asyl suchen.

„Wir wissen, dass rechte Kräfte die Situation nutzen, indem sie künstlich Ängste schüren“, sagte Michel. Er ist Sprecher der Initiative „Zivilcourage“, die sich schon 2006 gegründet hat. Anlass dafür war eine Demonstration von Neonazis, die zum 15. Jahrestag der fremdenfeindlichen Übergriffe in Hoyerswerda aufmarschierten. „Zivilcourage“ setzte ein breites Engagement von Bürgern dagegen, um aktiv ein anderes Bild der Stadt in der Öffentlichkeit zu erzeugen.

Die Gewalt in Hoyerswerda war am 17. September 1991 eskaliert, nachdem acht angetrunkene Skinheads vietnamesische Händler angepöbelt hatten. Rechte belagerten ein Hochhaus, in dem Mosambikaner und Vietnamesen wohnten. Steine und Flaschen flogen. Später geriet ein Asylbewerberheim in den Fokus der Angriffe. Nach tagelangen Krawallen wurde es am 23. September geräumt, etwa 230 Ausländer verließen die Stadt.

An die Ausschreitungen soll künftig ein Denkmal erinnern. Der Stadtrat beschloss am Dienstagabend, wo genau es seinen Platz in der Neustadt bekommt. Das drei Meter hohe Tor mit einem Regenbogen zwischen den Pfosten soll Aussöhnung, Freundschaft und Frieden symbolisieren. (dpa)