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Holzkünstler statt Schnitzer

Schnitzer gibt es im Erzgebirge viele. Die Gruppe „exponaRt“ aber hat sich der Holzkunst verschrieben. Ihre Werke zeigt sie gleich parallell in zwei Ausstellungen.

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© dpa

Von Martin Kloth

Annaberg-Buchholz. Es ist wie ein Reflex: Erzgebirge und Holzbildhauer ergibt Räuchermännchen-Schnitzer. Das ist in vielen Köpfen so selbstverständlich, wie eins plus eins gleich zwei ist. Ronny Tschierske rollt dann gedanklich immer mit den Augen. „Wir sind keine Räuchermännl-Schnitzer“, betont der 42-Jährige. Er und neun Kollegen sind Holzbildhauer und -gestalter, die gegen dieses Image arbeiten. Gemeinsam bilden sie die Künstlergruppe „exponaRt“ aus dem Erzgebirge und haben mit der landläufigen Vorstellung von Schnitzereien wie Schwibbögen oder Nussknackern nichts zu tun.

In der kleinen Bergkirche St. Marien, gleich am Marktplatz von Annaberg-Buchholz, begeistert die „Bergmännische Krippe“ viele Betrachter. Rund 70 000 Besucher waren es 2016, die das Konzeptwerk aus den 32 rund 1,20 Meter großen Holzfiguren bestaunt haben. Das Ensemble der Berg- und Stadtleute stellt die Weihnachtsgeschichte auf eine angenehm lebendige Weise dar. Tschierske sowie Jesko Lange, Robby Schubert und Friedhelm Schelter aus der Gruppe „exponaRt“ haben die Figuren geschaffen, Kunstmaler Günter Kreher hat sie mit Farben versehen. „Er hat den Figuren Leben eingehaucht“, sagt Tschierske.

Längst ist „exponaRt“ weit über die Region hinaus bekannt. Am 2. März wurde - passend zu Reformationsjubiläum - die bereits seit 2014 laufende Wanderausstellung „exponaRt WortGESCHICHTE(n) - Gedanken zur Reformation in Holz“ im hessischen Neu Isenburg eröffnet. „Da ist nichts Erzgebirgisches dabei“, sagt Tschierske.

Vom 10. Juni an ist die Werkschau dann in Döbeln (Landkreis Mittelsachsen) zu sehen. Seit dem 12. März findet in der Kunstwandelhalle Bad Elster (Vogtlandkreis) die bereits 15. Jahresausstellung statt. Und bis zum Sonntag waren darüber hinaus im Daetz Centrum Lichtenstein (Landkreis Zwickau) Arbeiten zu sehen. Tschierske: „Wir sind als Künstlergruppe recht erfolgreich.“

Nach dem Hochwasser 2002 hatten sich die Holzexperten zusammengefunden. Sie fertigten Spielskulpturen für Kindergärten in Grimma und Döbeln an, die von den Fluten geschädigt waren. Das habe gut funktioniert, erzählt Tschierske. Man habe gemerkt, dass mehrere Leute viel schaffen könnten. Und weil sie keine starre Vereinsstruktur wollten mit Satzung und Mitgliederversammlungen, wählten sie die lose Form der Gruppe.

Vorbild für die zehn Männer ist die Gruppe „UNIKA“ aus Südtirol, die 1994 gegründet wurde und der rund 40 Holzbildhauer, Fassmaler, Vergolder und Verzierungsbildhauer angehören. „So weit sind wir noch nicht“, gibt Tschierske zu, „im Können sind die uns weit voraus.“ Annäherung und Vervollkommnung heißt das Ziel. „Als stilprägend sehe ich uns nicht an. Wir schaffen nicht, um zu prägen. Wir prägen vielleicht irgendwann mit dem, was wir geschaffen haben“, philosophiert der Annaberger.

Von der Holzbildhauerei leben zu können, ist nicht vielen vergönnt. „Wir haben 2 000 Hobbyschnitzer im Erzgebirge, aber nur sehr wenige Holzbildhauer“, sagt Dietmar Lang, Vorsitzender des Verbandes Erzgebirgischer Schnitzer. Die duale Ausbildung dauert drei Jahre. Nach Langs Meinung ist es so gut wie ausgeschlossen, dass nach diesem System in Sachsen ausgebildet werden kann. Denn im Freistaat gebe es keine Fachschule, man müsse nach Tarif bezahlen und es dauere mindestens ein Jahr, bis ein Stück des Lehrlings verkauft werden kann. „Holzbildhauer ist ein wunderbarer Beruf. Aber Geld damit zu verdienen, ist schwer.“

Aus der Gruppe „exponaRt“ indes können alle ihren Lebensunterhalt mit ihrem Handwerk bestreiten. Die Mitglieder fertigen Unikate auf Kundenwunsch, von der Miniatur bis zum überlebensgroßen Objekt. „Das wird gut bezahlt“, berichtet Lang. Nur so bleibt den Künstlern aber nach eigener Einschätzung auch der nötige Freiraum.

Für die Jahresausstellung steuert jedes Gruppenmitglied mindestens ein Exponat bei. Insgesamt kommt die Gruppe auf fünf bis sieben Ausstellungen pro Jahr. Für 2017 haben die Holzkünstler noch einen besonderen Wunsch: Ihre Reformationsschau in Martin Luthers Wirkungsstätte Wittenberg zeigen. (dpa)