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Holz rücken mit zwei PS

Statt Maschinen sind Pferde in Wäldern bei Lauta im Einsatz. Sie verursachen weniger Schäden und keinen Lärm.

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© Gernot Menzel

Von Anja Wallner

Die zwei kleinen Pferde stehen im Wald und malmen genüsslich Heu aus der Raufe. Diese „Kleinen“ können tatsächlich schwere Arbeit verrichten und schwere Baumstämme aus dem Wald zotteln?

Und wie sie das können. Die Hengste „Barrichello“ und „Forest“, beide sind jeweils reichlich 300 Kilo schwer, ziehen locker das Dreifache ihres Gewichts. Und das tun sie derzeit in zwei rund zwei Hektar großen Waldstücken im Lausitzer Seenland unweit des Erikasees. Erstmals verwendet die Lausitzer Seenland gGmbH Pferde zum Holzrücken in einem mit Laubbäumen durchsetzten Lärchenbestand, der jetzt, nach zehn Jahren, wieder durchforstet werden muss.

Und wie der Blitz ziehen die Kleinpferde Lärchenstämme aus dem Wald – gemeinsam mit Besitzer und Fuhrunternehmer Max Trela aus Spremberg. Er hält seine Hengste am Zügel. Den Pferden hat er ein spezielles Geschirr umgeschnallt, an dessen unterem Ende der Baumstamm befestigt ist. Die Lärchen sind vorher per Hand mit der Motorsäge gefällt worden.

Das Pferderücken ist ein altes Handwerk, das an Bedeutung verloren hat. Mit Nostalgie in hochtechnisierten Zeiten hat der jetzige Einsatz der Tiere bei Lauta aber nichts zu tun. Normalerweise sind im Naturschutzgroßprojekt regulär Maschinen zur Holzernte am Start. Aber: „Pferde verursachen weniger Schäden an Bäumen und am Boden“, verdeutlicht Alexander Harter, Geschäftsführer der Lausitzer Seenland gGmbH, die ökologischen Vorteile des Pferde-Rückens. Wer schon mal von breiten Fahrzeugreifen zerfurchten Waldboden gesehen hat, weiß, was gemeint ist. Pferde hinterließen zwar auch Streifspuren, da sei aber nach spätestens zwei Jahren Moos darübergewachsen.

Die Tiere sind wendig und weichen den Bäumen, die stehen bleiben, aus. Maschinen verletzen hin und wieder deren Rinde. Auch hier im Wald sieht man das. Die Wunden können Angriffsfläche für Pilze bieten. Auch hier im Wald ist das zu sehen. Diese Schäden wirken sich wiederum auf die Gesundheit der späteren sogenannten Zukunftsbäume aus, die von Pilzen befallen werden können. Außerdem verursachen die Tiere weder Lärm noch Abgase. Nicht zuletzt braucht man weniger Rückegassen. Das sind Schneisen, auf denen Forstfahrzeuge fahren dürfen. In einem Abstand von 20 Metern sind sie üblicherweise angelegt, damit die Maschinen alle Bereiche „erwischen“. Beim Pferde-Rücken sind es hier, in dem engen Bestand, 80 Meter Abstand. Heißt: Mehr Bäume können wachsen und weniger Waldboden wird verdichtet.

Ohne schweres Gerät geht es aber trotzdem nicht. Schließlich müssen die geschlagenen Stämme abtransportiert werden. Das 4,10 Meter lange Langholz ist fürs Sägewerk bestimmt; kürzere Stämme werden in der Industrie zu Spanplatten verarbeitet. Um den Einschlag und Abtransport kümmert sich der Forstdienstleister plb aus Lohsa. Die Kombination Pferd–Maschine ist das gängige Verfahren. „Die komplette Rückung mit Pferd wird meist nur in Biosphärenreservaten angewendet“, sagt plb-Geschäftsführer André Sauer.

Rund vier Stunden am Stück dauert ein Arbeitstag für „Barrichello“ und „Forest“. Mehr möchte Max Trela den 14- und 13-jährigen Tieren nicht zumuten. Und nicht jedes Pferd ist für das Holzrücken geeignet. „Sie müssen ruhig und ausgeglichen und sollten ungefähr sechs Jahre alt sein“, sagt der Pferdefachmann. Und sie brauchen eine spezielle „Ausbildung“, die etwa drei Jahre dauert. Wer Max Trela und seine Tiere bei der Arbeit im Wald verstehen will, muss übrigens eine eigene Sprache lernen: Ohne seine Kommandos ginge hier nichts. Das Rückeverfahren mit Pferden und motormanuellem Holzeinschlag ist aufwendig, und beim Holzverkauf wird die ökologische Variante nicht extra honoriert. Teurer muss sie aber nicht sein. „Maschinen kosten auch Geld, und sie können kaputtgehen“, sagt André Sauer. Wartung und Treibstoff gibt‘s auch nicht gratis. Für „Barrichello“ und „Forest“ ist die Schicht heute vorbei. Bis Monatsende sind sie noch bei Laubusch im Einsatz.