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Hof-Besichtigung kurz nach der Tat

Nur wenige Stunden nach dem gewaltsamen Tod der 17-jährigen Anneli-Marie haben sich Kaufinteressenten ahnungslos den mutmaßlichen Ort des Verbrechens angesehen.

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© Robert Michael

Alexander Schneider

Dresden. Markus B. (40) und Norbert K. (62) haben sich auch am vierten Prozesstag vor dem Landgericht Dresden nicht zu den Vorwürfen geäußert. Meist starrten sie auch am Montag mit gesenkten Köpfen auf den Tisch – während das Schwurgericht Zeugen befragte. Eine Apothekerin aus Wilsdruff etwa bestätigte, B. 250 Milligramm Äther verkauft zu haben. Damit habe er angeblich seine Hühner betäuben wollen, um sie schonend aus dem Leben zu befördern. Andere Zeugen berichteten, B. habe gar keine Hühner gehabt.

Laut Anklage haben die Männer am Donnerstagabend, 13. August 2015, die 17-jährige Anneli-Marie Riße aus Robschütz bei Meißen entführt, um von ihrem Vater 1,2 Millionen Euro Lösegeld zu erpressen. Noch vor einer möglichen Geldübergabe habe B. das Mädchen auf seinem Dreiseithof in Klipphausen-Lampersdorf getötet – am Freitagmittag. Ein Makler berichtete nun, dass er an jenem Freitag zwischen 16 und 18 Uhr sowie am Samstagvormittag zahlreiche Kaufinteressenten über diesen Dreiseithof geführt habe und dort beiden Angeklagten begegnet sei. B. habe den Hof für 150 000 bis 200 000 Euro verkaufen wollen, es habe ein recht großes Interesse gegeben. Dass Annelis Leiche nur Stunden zuvor auf dem Gelände verscharrt worden sein musste, war niemandem aufgefallen.

Interessant ist auch ein 14-minütiges Telefonat der Angeklagten vom Sonntagabend. Es wurde im Prozess vorgespielt. Ahnten die Männer, dass ihnen die Polizei schon auf den Fersen war? Diesen Eindruck muss man haben. So erkundigt sich B. bei K., ob alles in Ordnung sei. K. berichtete, ihm sei in Lampersdorf mehrfach ein dunkler Kleintransporter aufgefallen. Plötzlich sagt B., er habe im Internet von einer Entführung gelesen. K. bestätigt das. „Um die Kleine tut es mir leid“, sagte der 62-Jährige, „Wann ist das passiert?“ – „Am Donnerstag.“ Die Unterhaltung wirkt gekünstelt. Auffallend ist, wie B. versucht, den Älteren zu beruhigen. Dann sprechen sie von Containern, die von dem Dreiseithof geholt werden sollen. Am nächsten Tag wird N. verhaftet, die Entführung gestehen und sagen, dass der Mitangeklagte das Mädchen getötet habe. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.