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„Hoch vom Sofa“

Das nordsächsische Torgau hat die jüngste Oberbürgermeisterin Sachsens. Vorbehalte wegen ihres Alters kennt Romina Barth zur Genüge. Aber die Politikerin nimmt sie als Antrieb.

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© dpa

Birgit Zimmermann

Torgau. Romina Barth kommt nicht mehr unerkannt durch ihre Heimatstadt Torgau. Ein kurzer Gruß hier, ein Nicken dort, ein „Schöne Ferien!“ in Richtung einer Schüler-Gruppe. Die Aufmerksamkeit der jungen Leute freut Barth besonders. Indem sie ihr einfach mal ein „Hallo“ zuwerfen oder sie mit einer Frage ansprechen, beschäftigten sich schon Jugendliche mit Politik, ohne dass sie ihnen wirklich bewusst sei, findet sie. Barth ist seit anderthalb Jahren Rathauschefin der nordsächsischen Stadt. Mit 34 Jahren ist die CDU-Politkerin die jüngste unter den 53 Oberbürgermeistern in Sachsen.

Die „Liebe zur Heimatstadt“ treibe sie an, sagt Barth. Vor ihrer Kandidatur 2015 hat sie acht Jahre lang in der Dresdner Region als Projektentwicklerin im Immobilienbereich gearbeitet. „An den Wochenenden zu Hause habe ich aber immer gedacht, dass sich in Torgau viel zu wenig tut.“ Die 20 000-Einwohner-Stadt mit dem markanten Schloss Hartenfels und den vielen Renaissance-Häusern ist hübsch. „Aber es lag in einer Art Dornröschenschlaf.“ Und es hat die Probleme vieler kleinerer ostdeutscher Kommunen: Wenig Industrie, Abwanderung, noch heute die höchste Arbeitslosenquote im Landkreis Nordsachsen.

2014 kandidierte Barth zunächst für den Stadtrat. „Und dann saß ich da - und hatte mir ehrlich gesagt etwas mehr vorgestellt, was man da machen kann.“ Sie sei ein ehrgeiziger Mensch. „Wenn Steine im Weg liegen, frage ich mich, wie man eine Treppe draus bauen kann.“ Als sie erst ein Bürger an der Drogerie-Kasse und später die CDU-Stadtchefin ansprachen, ob sich nicht für das Oberbürgermeister-Amt kandidieren wolle, habe sie angefangen nachzudenken. Am Ende habe sie sich gesagt: „Du hast nichts zu verlieren“. Und sie gewann die Wahl, wenn auch denkbar knapp mit 39 Stimmen Vorsprung vor der langjährigen SPD-Amtsinhaberin.

Wegen ihres Alters seien ihr viele Vorbehalte entgegengebracht worden. „Ich wurde oft gefragt: „Sind Sie nicht viel zu jung dafür?““, erzählt Barth. Aber auch da habe sie beschlossen, es ins Positive zu drehen. „Ich habe mir gesagt, dass ich halt fitter, dynamischer, ehrgeiziger bin.“

Barth hofft, dass sie Vorbild für andere junge Menschen sein kann. Sie selbst habe sich schon immer engagiert, zwar nicht schon immer politisch, aber zum Beispiel in Pferdesportvereinen, sagt die leidenschaftliche Reiterin. Und inzwischen habe sich auch eine Jugendinitiative, das Jugendteam Torgau, unter dem Motto „Hoch vom Sofa“ gebildet, die sich einmischt. Barth findet das gut: „Das ist doch besser als zu Hause vor dem Fernseher zu hocken.“ (dpa)