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Hilfe nach der Explosion

Durch die Zerstörung ihres Hauses in Weinböhla sind die zwei Bewohnerinnen mittellos geworden. Unterstützer werden aktiv - und die Erkenntnisse über gefährliche Sprayflaschen größer.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Vom Haus Rathausstraße 16 ist nur Schutt übrig. Mauersteine, Holzbalken, Fensterrahmen wild durcheinander. Ein Bauzaun steht vorm Gartentor, an dem noch der Briefkasten hängt. Ein Schild warnt vorm Betreten der Baustelle. Ein Schrotthaufen, wo bis Sonnabendfrüh noch Mutter und Tochter B. wohnten.

Darüber ist auch Bettina Gnadt-Oddoy fassungslos. Sie eilt gleich nach der Explosion zu den Nachbarn. Gemeinsam mit einem weiteren gegenüber wohnenden Helfer holt ihr Mann die ältere Bewohnerin aus dem Haus. Die Tochter (55) wird von den Rettungskräften geborgen, kommt schwer verletzt ins Krankenhaus. Sie ist ansprechbar, sagt ihr Bruder, wurde am Mittwoch erstmals operiert. Was geht es weiter mit der Mutter, derzeit im betreuten Wohnen? Für sie wird wohl eine kleine Wohnung gesucht, sagt der Mann.

Den beiden Frauen ist nicht mehr als das geblieben, was sie auf dem Leib tragen, als die Explosion das Haus zerstört. Für Bettina Gnadt-Oddoy keine Frage, dass weiter geholfen werden muss. Sie ist in Weinböhla aufgewachsen – wo sie im Sommer wohnt –, kennt die Leute, sieht die Unterstützung als ihre Aufgabe. Nicht zuletzt deshalb, weil sie selbst schon Hilfe erhalten hat. Als ihre Wohnung in Dresden-Laubegast von der Elbeflut überschwemmt wird, das Wasser dort 70 Zentimeter hoch steht.

Sie überlegt nicht lange, organisiert eine Spendensammlung. Das Wichtigste ist Geld für erste Dinge, die gebraucht werden, wenn alles verloren ist. Da will sie sich mit der Familie und dem Bürgermeister kurzschließen. Nicht benötigt werden derzeit Möbel und andere Sachspenden.

Willkommen dagegen ist jede Geldspende per Paypal mit der Mailadresse [email protected]. Wobei die Namen registriert werden, damit die Familie weiß, wer sich für sie eingesetzt hat. Einige haben schon mitgemacht, sagt Bettina Gnadt-Oddoy, die sich auf noch mehr Spender freut. Sowie über die Möglichkeit, einen caritativen Flohmarkt zu veranstalten, dessen Erlös an die Explosionsopfer gehen soll. Da könnten alle mitmachen, die sagen, Geld habe ich zwar keines, aber dort was anzubieten. Der Bürgermeister sei auch ganz angetan von der Idee, wolle organisatorische Schützenhilfe leisten.

Die Gemeinde selbst bietet ebenfalls die Möglichkeit zum Spenden. Wer den beiden Frauen unserer Gemeinde helfen möchte, kann das durch eine Einzahlung auf das Konto DE 56850550004010145914 der Sparkasse Meißen unter dem Kennwort „Rose“ und dem Empfänger „Explosionsopfer“ tun, teilt die Verwaltung mit. Verweist darauf, dass keine Spendenquittung ausgestellt werden kann.

Pfarrer Norbert Reißmann zufolge sucht die Kirchgemeinde ebenfalls eine Chance, sich an einer solchen Hilfsaktion zu beteiligen. Der Wunsch wurde an ihn herangetragen. Deshalb werde er die genannten Spendenaktionen unterstützen, dafür werben, unter anderem in der Kita.

Dass im Ort die Bereitschaft zum Helfen groß ist, stellt Bürgermeister Siegfried Zenker (CDU) auch am Tag des Unglücks fest. Ihm ist der Dank an alle Engagierten wichtig. An die Nachbarn, die die Einsatzkräfte mit Getränken versorgten. Die die ältere Dame vorübergehend aufnahmen, an Feuerwehr und THW, die bis zum Abend im Einsatz waren, sowie an den Bauhof, der fürs ordnungsgemäße Absperren sorgte.

Die Straßensperrung ist inzwischen wieder aufgehoben, auch der Fußweg nicht mehr blockiert. Beim Vorbeilaufen am Haus schüttelt mancher den Kopf. Für viele bleibt unvorstellbar, dass das alles durch eine Spraydose verursacht wurde, wie die jüngere Frau sie benutzt hatte.

Polizeisprecher Thomas Geithner bestätigt das am Mittwoch noch einmal. Tatsächlich reiche eine oder sogar eine halbe Haarspraydose – auf jeden Fall ziemlich langes Sprayen –, um den 2,60 Meter mal 2,30 Meter kleinen Raum mit dem Gasgemisch zu füllen. Wenn dazu noch Türen und Fenster geschlossen sind, genüge ein minimaler Funke wie bei Warmwasserboiler oder Lichtschalter für eine Explosion. Auf jeden Fall hätten sich vor Ort relativ viele Haarspraydosen befunden.

Als weiteren Grund für die drastischen Auswirkungen nennt Thomas Geithner die relativ schlechte Bausubstanz. In einem neuen Haus hätte es vielleicht nur eine Wand verrückt, so der Polizeisprecher.

Absprachen über Geldspenden, auch für eine persönliche Übergabe, bei Bettina Gnadt-Oddoy unter [email protected]