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Heroin in Teppichen

Der Zoll am Leipziger Flughafen beschlagnahmt 45 Kilogramm des Rauschgiftes. Der Wert der raffiniert verpackten Droge: mehr als 18 Millionen Euro.

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© Jörn Haufe

Von Andrea Schawe

Es war keine alltägliche Nachtschicht von Stefan Schornagel am 12. Januar. Der Zollobersekretär überprüfte gerade einen Perserteppich, als ihm die ungewöhnliche Struktur der Stoffoberfläche auffiel, der Teppich ließ sich auch nicht einfach zusammenrollen. Irgendetwas stimmte damit nicht. „Wir haben die Ware ausgepackt und geröntgt“, sagt Schornagel. Das Bild zeigte eine orangefarbene Fläche, am oberen Rand etwas dunkler als am unteren. „Ungewöhnlich“, sagt Schornagel. Normalerweise unterscheiden sich die Farbtöne nicht. „Es sah aus, als hätte jemand Pappe zwischen den Webstoff gelegt.“ Ein Wischtest reagierte positiv auf Drogen.

In einzelnen Schnüren hatten die Schmuggler dünne Plastikbänder in den zwei mal drei Meter großen Teppich gewebt – gefüllt mit nahezu reinem Heroin, insgesamt fünf Kilo, Straßenverkaufswert über zwei Millionen Euro. „Das Rauschgift in den Teppich zu weben, ist äußerst raffiniert und extrem aufwendig“, sagt Zöllner Stefan Schornagel. Jeder Webstrick war mit Heroin gefüllt. Wenn man nah ran geht, riecht der Teppich nach Essig. „Typisch für Heroin“, sagt er.

Wie das Hauptzollamt Dresden gestern bekannt gab, erreichten innerhalb von fünf Tagen neun solcher Teppiche den Flughafen Leipzig. Vier sollten nach Belgien, drei nach Polen und je einer nach Frankreich und in den Kongo geschickt werden. Insgesamt wurden 45 Kilo Heroin beschlagnahmt. „Hauptsächlich sind die Drogen für den europäischen Markt bestimmt gewesen“, sagte Zoll-Sprecherin Heike Wilsdorf.

Das Rauschgift gilt wegen des sehr hohen Reinheitsgehaltes als Händlerware. „Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 80 bis 90 Prozent bekommt man nicht auf der Straße“, sagte Wilsdorf. Der Stoff werde von den Händlern auf maximal 15 Prozent gestreckt, ein Gramm reicht für fünf bis zehn Trips und kostet etwa 43 Euro. Hochgerechnet ergeben die 45 Kilo einen Verkaufswert von über 18 Millionen Euro.

„Alle Teppiche kamen als Luftfracht vom gleichen Versender im Iran“, sagte Heike Wilsdorf. Das Land im Mittleren Osten zählt zu den Hauptanbaugebieten für Schlafmohn. Aus dessen getrocknetem Milchsaft, dem Rohopium, wird erst Morphin und durch chemische Prozesse Heroin hergestellt.

Für den Zoll am Leipziger Flughafen ist dieser Fund einer der größten. „Das ist für einen kleineren Flughafen wie Leipzig etwas Besonderes“, sagte Zollobersekretär Schornagel. Vor zwei Jahren fanden die Beamten etwa 50 Kilogramm Kokain, das in Surfbrettern versteckt war.

Um solche Ware unter den Tausenden Paketen, die am Flughafen umgeschlagen werden, zu erkennen, braucht man Erfahrung und ein Auge für Ungereimtheiten. Auch Michael Meister, der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesfinanzministerium, das auch für die Zollverwaltung zuständig ist, lobte die Arbeit der Zöllner in Leipzig. „Mit ihrem Spürsinn haben sie den international operierenden organisierten Drogenschmugglern einen empfindlichen Schlag versetzt“, sagte Meister. Die Empfänger in den Nachbarländern wurden von den zuständigen Behörden verhaftet, die Drogen werden außerdem kriminaltechnisch untersucht und dann vernichtet.

Der für den Kongo bestimmte Teppich wird allerdings nicht den dortigen Behörden übergeben. „Die Menschenrechtslage verbietet das“, sagt Heike Wilsdorf. Auf Drogenhandel steht im Kongo die Todesstrafe.