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Grenzenloser Urlaub

Das Zittauer Gebirge bietet nicht nur schöne Wanderungen. Warum es sich lohnt, den letzten Zipfel Sachsens zu besuchen.

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© Wolfgang Wittchen

Von Michael Juhran, Zittau

Sanfte Hügellandschaften, bizarre Sandsteinfelsen, klare Gebirgsbäche und Seen künden von einer intakten Natur. Das Zittauer Gebirge zog lange Zeit vor allem Wanderer und Kletterer an. Grenzübergreifende Kultur- und Sportangebote machen das Dreiländereck heute noch attraktiver.

Der Kelchsteinwächter und die Kelchsteine in der Nähe von Oybin sind ein Wahrzeichen im Zittauer Gebirge. Im Dreiländereck spielen nicht nur beim Wandern die einstigen Grenzen keine Rolle mehr. Im Gegenteil: Dank der Nachbarländer sind die Tourismusangebo
Der Kelchsteinwächter und die Kelchsteine in der Nähe von Oybin sind ein Wahrzeichen im Zittauer Gebirge. Im Dreiländereck spielen nicht nur beim Wandern die einstigen Grenzen keine Rolle mehr. Im Gegenteil: Dank der Nachbarländer sind die Tourismusangebo © Wolfgang Wittchen

In den Waggons der Zittauer Schmalspurbahn machen es sich deutsche, tschechische und polnische Touristen hinter der schnaufenden Dampflok bequem. Vorbei an goldgelben Rapsfeldern und den regional typischen Umgebindehäusern sind die Ausflügler auf dem Weg zum Kurort Oybin an der Grenze zu Tschechien.

Alfred Simm engagiert sich als gestandener Eisenbahner seit vielen Jahren im Verein Ostsächsische Eisenbahnfreunde für die Traditionsbahn. Hin und wieder begleitet er Gäste in seiner Uniform. „Die Burg Oybin hat sich zu einem Magneten für Besucher aus allen drei Ländern entwickelt“, sagt er. Im vergangenen Sommer seien 30 bis 40 Prozent der Fahrgäste aus der Tschechischen Republik gekommen.

Der Zug schnauft auf den letzten Kilometern hinauf ins Zittauer Gebirge. Direkt vor dem 514 Meter hohen Berg Oybin ist Endstation. Die bekannteste Erhebung des Zittauer Gebirges ragt wie ein gewaltiger Bienenstock aus dem Talkessel. Auf dem Gipfel thronen die stattlichen Ruinen einer Burg und eines mittelalterlichen Klosters, die schon von Caspar David Friedrich auf Leinwand verewigt wurden. Auf dem Bergplateau hat man den Eindruck, dass sich die teilrestaurierten Anlagen schon zum internationalen Pilgerziel entwickelt haben.

Im Zittauer Stadtmuseum in der restaurierten Klosterkirche wiederum begegnet man außergewöhnlichen Zeugnissen aus der Zeit, als der Handel zwischen Prag und der Ostsee der Stadt zu Ruhm und Reichtum verhalf. Am 30. Juli öffnet hier eine Ausstellung, in der rund 80 Epitaphien von Zittauer Bürgern aus der Zeit der Reformation und danach zu sehen sein werden.

„Das Besondere an diesen Epitaphien ist, dass die Bildnisse von Handwerkern und die dazu gehörenden Grabpredigten authentisch das Schicksal vieler Familien aus dem Mittelalter und der Renaissance erzählen“, erklärt Museumsdirektor Peter Knüvener.

Innerhalb des Oberlausitzer Städtebundes, der von 1346 bis 1815 existierte, nannte man Zittau „die Reiche“. Immer dann ging es der Stadt am besten, wenn die Beziehungen zu den Nachbarn gut waren. „Darin liegt auch heute die größte Chance unseres Dreiländerecks“, sagt Oberbürgermeister Thomas Zenker. „Besonders seit dem Beitritt unserer beiden Nachbarn zur EU schießen grenzübergreifende Kultur- und Freizeitprojekte wie Pilze aus dem Boden.“ Seit 2012 sind Zittau, Bogatynia und Hradek nad Nisou im Städteverbund Kleines Dreieck vereint.

Für Schulen, Vereine und Unternehmen ist die Zusammenarbeit Normalität geworden, wovon auch der Tourismus profitiert. Von Mittelalterfesten über Film- und Theaterfestivals bis zu Oldtimerrennen ist nahezu an jedem Wochenende etwas los.

Die Theaterintendantin Dorotty Szalma gehört zu den Machern, die dem trilateralen Kulturaustausch ständig neue Impulse verleihen. „Wir begrüßen zu den Festivals mittlerweile Stammgäste und Urlauber, die über 100 Kilometer anreisen, um sich vom aktuellen Theaterschaffen aus den drei Ländern inspirieren zu lassen.“

Vor den Toren Zittaus bereiten sich Sportler am Strand des Olbersdorfer Sees auf die alljährlichen Deutschen Meisterschaften im Cross-Triathlon vor. Eine weitere Erfolgsgeschichte der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit, organisiert von deutschen und tschechischen Sportlern. Hunderte von Profi- und Freizeittriathleten treffen sich jeweils im August zur „O-SEE Challenge“, zu der selbst Sportler aus Neuseeland und den USA anreisen.

Entspannter geht es bei den vielen Radlern und Wanderern zu, die längst die grenzüberschreitenden Rad- und Wanderwege für sich entdeckt haben. „Die Nonnenfelsen bei Jonsdorf, die Lausche auf der tschechischen Seite oder die Tagebaulandschaft um das polnische Turow sind bei allen drei Nationen gleich beliebt“, sagt Kletterführer Thomas Weidner. Neben ihm taucht gerade eine polnische Damengruppe auf und genießt die Aussicht auf die Höhenkämme und Talebenen der drei Länder.

Direkt im Grenzgebiet ist das Wegnetz ausgezeichnet ausgebaut und beschildert. Im tschechischen Hinterland sieht das etwas anders aus. Dort lockt wilde Natur zwischen Sandsteinfelsen und dichten Wäldern. Gaststätten an kleinen Weilern servieren hervorragende Craft-Biere. „Dort gibt es sie noch, die Böhmischen Dörfer“, sagt Weidner. (dpa)