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Gewaltige Sprengung im Kirnitzschtal

Immer mehr lockeres Gestein stürzt in die Tiefe. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Straße bleibt vorerst gesperrt.

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© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Ein Signalton ertönt, dann zwei aufeinanderfolgende. Einen Augenblick später geht ein mächtiger Knall los. Den Zuschauern am Ostrauer Berg schlackern die Hosenbeine, so stark ist die Schallwelle. Eine meterhohe Staubwolke schießt nach oben. Tonnenschwere Felsbrocken kullern krachend den Hang hinunter. Vorsorglich wurden zwar einige Bäume gefällt, trotzdem wird noch ein weiterer von einem Felsbrocken umgeknickt. Drei Hupsignale verkünden, dass die Sprengung erfolgreich beendet ist.

Felsbrocken fällt ins Kirnitzschtal

Ein geschätzt 50 Tonnen schwerer Sandstein-Felsen ist am Dienstagmorgen vom Hang oberhalb der Kirnitzschtalstraße abgebrochen und ins Tal gerollt.
Ein geschätzt 50 Tonnen schwerer Sandstein-Felsen ist am Dienstagmorgen vom Hang oberhalb der Kirnitzschtalstraße abgebrochen und ins Tal gerollt.
Der Felsbrocken von rund 11 Metern Umfang ist mitten auf der Straße liegen geblieben
Der Felsbrocken von rund 11 Metern Umfang ist mitten auf der Straße liegen geblieben
Er blockiert die Straße so, dass sie für Fahrzeuge derzeit unpassierbar ist.
Er blockiert die Straße so, dass sie für Fahrzeuge derzeit unpassierbar ist.
Nach Auskunft der Oberelbischen Verkehrsbetriebe fährt die Kirnitzschtalbahn bis zur Freigabe der Straße nur zwischen dem Depot der Kirnitzschtalbahn und der Endhaltestelle Lichtenhainer Wasserfall nach Fahrplan. Fahrgäste aus Bad Schandau müssen bis zum Depot laufen, wollen sie die Bahn nutzen, die Straße ist nur zu Fuß passierbar.
Nach Auskunft der Oberelbischen Verkehrsbetriebe fährt die Kirnitzschtalbahn bis zur Freigabe der Straße nur zwischen dem Depot der Kirnitzschtalbahn und der Endhaltestelle Lichtenhainer Wasserfall nach Fahrplan. Fahrgäste aus Bad Schandau müssen bis zum Depot laufen, wollen sie die Bahn nutzen, die Straße ist nur zu Fuß passierbar.
Busse der Linie 241, Bad Schandau - Hinterhermsdorf, die eigentlich durch das Kirnitzschtal fahren, verkehren vorübergehend von Bad Schandau über Sebnitz, Ottendorf, Buschmühle nach Hinterhermsdorf.
Busse der Linie 241, Bad Schandau - Hinterhermsdorf, die eigentlich durch das Kirnitzschtal fahren, verkehren vorübergehend von Bad Schandau über Sebnitz, Ottendorf, Buschmühle nach Hinterhermsdorf.
Das Unglück geschah zwischen der Kirnitzschtalklinik und dem Depot der Kirnitzschtalbahn.
Das Unglück geschah zwischen der Kirnitzschtalklinik und dem Depot der Kirnitzschtalbahn.
Verletzt wurde bei dem Felssturz niemand. Wann das Gestein beräumt und die Straße wieder passierbar ist, ist derzeit unklar.
Verletzt wurde bei dem Felssturz niemand. Wann das Gestein beräumt und die Straße wieder passierbar ist, ist derzeit unklar.

Der Brocken ist zertrümmert

Der riesige Felsen, der am Dienstag auf die Kirnitzschtalstraße bei Bad Schandau gestürzt ist, ist verschwunden.
Der riesige Felsen, der am Dienstag auf die Kirnitzschtalstraße bei Bad Schandau gestürzt ist, ist verschwunden.
Der etwa 50 Tonnen schwere Sandstein ist am Mittwoch zertrümmert und abtransportiert worden.
Der etwa 50 Tonnen schwere Sandstein ist am Mittwoch zertrümmert und abtransportiert worden.
Dabei hatte der etwa 3,70 Meter hohe Felsen ein Gipfelbuch. Das hatten Kletterer in der Nacht dort angebracht.
Dabei hatte der etwa 3,70 Meter hohe Felsen ein Gipfelbuch. Das hatten Kletterer in der Nacht dort angebracht.
Die Erstbesteiger hatten den kleinen Gipfel „Eintagsfliege“ getauft.
Die Erstbesteiger hatten den kleinen Gipfel „Eintagsfliege“ getauft.
Der Name des Steins hat sich als wahr herausgestellt
Der Name des Steins hat sich als wahr herausgestellt
Am Mittwoch rückte ein Bagger an, um den auf den Gleisen der Kirnitzschtalbahn liegenden Felsen wegzuräumen.
Am Mittwoch rückte ein Bagger an, um den auf den Gleisen der Kirnitzschtalbahn liegenden Felsen wegzuräumen.
Baggerfahrer  entdeckte am Morgen das Gipfelbuch.
Baggerfahrer entdeckte am Morgen das Gipfelbuch.
Darin war neben einer genauen Karte des neuesten Klettergipfels...
Darin war neben einer genauen Karte des neuesten Klettergipfels...
auch ein Zettel. Der Finder desselben könne sich in der nahen „Buschmühle“ einen Kasten Bier abholen. Das will der Baggerfahrer bald tun. Am Mittwochmittag hatte Henke seine Arbeit erledigt und die Straße war wieder frei.
auch ein Zettel. Der Finder desselben könne sich in der nahen „Buschmühle“ einen Kasten Bier abholen. Das will der Baggerfahrer bald tun. Am Mittwochmittag hatte Henke seine Arbeit erledigt und die Straße war wieder frei.

Kontrollierte Sprengung im Kirnitzschtal

Blick von der Straße durchs Kirnitzschtal auf die Abbruchstelle vom 2. September.
Blick von der Straße durchs Kirnitzschtal auf die Abbruchstelle vom 2. September.
Hier hatte sich ein etwa 50 Tonner schwerer Brocken gelöst und war auf die Straße gekracht. Der Felsüberhang konnte nicht vernünftig gesichert werden.
Hier hatte sich ein etwa 50 Tonner schwerer Brocken gelöst und war auf die Straße gekracht. Der Felsüberhang konnte nicht vernünftig gesichert werden.
Darum wurde dieser am Montagmittag gesprengt.
Darum wurde dieser am Montagmittag gesprengt.
Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, ...
Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, ...
... ließ sich der Erfolg der Aktion umgehend erkennen.
... ließ sich der Erfolg der Aktion umgehend erkennen.
Im Anschluss an die Sprengung wurden - wenig überraschend - größere Gesteinsbrocken im Tal gefunden.
Im Anschluss an die Sprengung wurden - wenig überraschend - größere Gesteinsbrocken im Tal gefunden.
Die Straße durchs Kirnitzschtal bleibt vorerst weiter gesperrt.
Die Straße durchs Kirnitzschtal bleibt vorerst weiter gesperrt.
Auch Fußgänger müssen Umwege in Kauf nehmen.
Auch Fußgänger müssen Umwege in Kauf nehmen.
Auch die Bushaltestelle der Linie 241 wird derzeit nicht bedient.
Auch die Bushaltestelle der Linie 241 wird derzeit nicht bedient.
Auch sind noch nicht alle Wanderwege wieder passierbar.
Auch sind noch nicht alle Wanderwege wieder passierbar.

Im Kirnitzschtal in der Sächsischen Schweiz ist der Fels noch immer in Bewegung. Erst am vergangenen Wochenende hatte es hier erneut einen Absturz gegeben. Die Straße bleibt daher bis auf weiteres gesperrt. Und wo nötig, wird immer wieder gesprengt.

So wie gestern. Mit einem Knall ist es nicht getan. Vom Kompressor unten im Tal wird anschließend Druckluft über Hunderte Meter Schlauch durch den Wald hoch an die Felswand geleitet. Dort werden in Felsspalten gequetschte Luftkissen aufgeblasen, die dann Stein für Stein über die Felskante schieben. Dabei macht sich auch der Sandwall auf der Straße bezahlt. Zwei etwa zwei Tonnen schwere Brocken sind in diesem Kiesbett ausgebremst worden. Ohne den Schutz wären die Oberleitungsmasten der Kirnitzschtalbahn in Gefahr gewesen.

Sind alle Brocken beseitigt, beginnt die Kontrollprozedur von vorn. Wieder müssen Geologen vorsichtig die Felswand untersuchen, ob sie endlich auf stabile Gesteinsschichten gekommen sind. Erst danach kann mit den eigentlichen Sicherungsarbeiten begonnen werden. Dann wird ein Fangzaun errichtet, und der Wall kann wieder abgetragen werden.

Es vergeht kein Tag, an dem nicht an der Wand gearbeitet wird. Den Gastwirten im Kirnitzschtal kann das nur recht sein. Sie verfluchen jeden Tag, an dem die Straße gesperrt ist, was sie scharenweise Kundschaft kostet.