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Gesummse im Schnee

Bei einem Neu-Imkerkurs holte sich Manja Schubert das Wissen über Bienen. Nun wartet sie in Hochkirch gespannt aufs Frühjahr.

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© Robert Michalk

Von Miriam Schönbach

Eine dicke Scholle Schnee liegt vor den Magazinen. Manja Schubert hält ihr Ohr dicht an das Holz. Ein Summen lässt sich nur erahnen. „Am ersten Februar-Sonnabend stand die Sonne direkt auf das Flugloch. Da haben die Bienen schon mal herausgeschaut und sind sogar auf dem Schnee gelandet. Da war hier ein Gesummse“, sagt die 42-Jährige und blickt herunter auf ihre Ostbaumwiese mit mehr als 100 Bäumen. Die dreifache Mutter nennt sich Jungimkerin. Ein Pate steht ihr zur Seite.

Genau vor einem Jahr hat Manja Schubert einen Einsteigerkurs belegt. Vorkenntnisse brauchen die Teilnehmer dafür nicht. „Ich hatte keinen Plan von Bienen“, sagt die Diplomingenieurin für Geodäsie. Einen Plan von ihrem Leben mit der Familie auf einem Bauernhof hatten sie und ihr Mann indes schon. Und dazu gehören eben auch ein paar Tiere.

In diesem Sommer werden es pro Bienenvolk nun rund 50 000 Tiere sein. Manja Schubert stapft durch den Schnee. Im Stall hocken außerdem noch Hühner und Enten. Sie haben gerade Ausgangsverbot wegen der Vogelgrippe. Der Hase mit großem Auslauf kuschelt sich bei knapp sechs Grad minus auch lieber ins kuschelige Heu im Stall und nagt an seiner Futterrübe. „Ich freue mich schon, wenn die 100 Krokusse, die Weidenkätzchen und die Haselnuss blühen. Dann wird es hier im Garten nur so Schwirren. Nach der dreimonatigen Winterruhe brauchen die Bienen diese Kraftpakete“, sagt die Hochkircherin und hört sich dabei gar nicht wie ein Imker-Neuling an. Über die Streuobstwiese jagen Drosseln und Amseln. „Wenn unsere Kinder ans Ende vom Grundstück laufen wollen, gebe ich ihnen einen Picknickkorb mit“, sagt Manja Schubert schmunzelnd. Die Kirschen, Pflaumen, Äpfel, Birnen, Walnüsse strecken ihre kahlen Äste an diesem kalten Februarmorgen in den tristen grauen Himmel. In diese Wiese voller knorriger Gestalten verliebte sich das Ehepaar bei der Suche nach dem Traumhaus. Durch eine Zwangsversteigerung fanden sie vor sechs Jahren ihr Refugium im Dorf im Osten des Landkreises Bautzen.

Es ist Liebe auf den ersten Blick für die „alte, ziemlich baufällige Kaschemme“. Am Tag der ersten Besichtigung strahlt der Himmel azurblau, die Kirschbäume blühen. Wohliges Summen der Wildbienen mischt sich mit dem Glockenklang der Hochkircher Kirche. Manja Schubert geht an der Scheune vorbei. „Wenn ich die Augen schließe, sehe ich hier ein Pferd und einen Esel herausschauen“, sagt sie. Doch in diesem Frühjahr gilt ihre ganze Aufmerksamkeit erst einmal dem jüngsten Familienzuwachs. Noch sind es nicht die eigenen Bienen. Ihr Pate hat die Völker zu Verfügung gestellt. Einen solchen Begleiter müssen sich alle Imker-Neulinge suchen.

Manja Schubert hat ihren Paten beim ortsansässigen Imkerverein gefunden. „Als ich zum ersten Mal vor einem guten Jahr zur Versammlung gegangen bin, saßen dort nur ältere Herren. Inzwischen sind wir drei Frauen im Verein“, sagt sie. An ihren ersten Besuch beim Alt-Imker kann sie sich noch gut erinnern. Zuerst wollte er wissen, warum die junge Frau die summende Leidenschaft entdeckt habe, und dann drückte er ihr eine Wabe voller Bienen in die Hände.

Dieser Anblick verzauberte Manja Schubert. „Es wuselte nur so, aber alle blieben ganz ruhig, so als könnte man sie streicheln“, sagt sie glücklich. Doch die Arbeit mit Bienen lernt man nur durch das Machen, also bekam die Neu-Imkerin Patenbienen. Die summenden Insekten fühlten sich gleich wohl in den blühenden Kirschbäumen. Schon nach zwei Wochen konnte sie gemeinsam mit dem Paten den ersten Honig schleudern. Seitdem geht immer mal wieder die Tür bei Schuberts auf, und ein Kind steht in der Küche und fragt: „Manja, hast du noch Honig?“ Drei Gläser sind von ihrer Ernte im vergangenen Jahr übrig. Auch Bienenwachskerzen hat sie mit ihren Kindern schon gemacht. Die Rahmen für die Magazine, wo dann die eigenen Völker leben sollen, liegen schon griffbereit. Dem neuen Imkerjahr steht somit bei Manja Schubert fast nichts mehr im Wege – außer der Schnee und die noch eisigen Temperaturen. Erst wenn das Thermometer in zweistellige Bereiche rutscht, lassen sich die Bienen außerhalb ihres warmen Zuhauses blicken.

„Imkerei ist ein Hobby, von dem wir alle etwas haben. Ich möchte, dass die Leute in Sachen Naturschutz wachgerüttelt werden. Ohne Bienen werden wir nichts mehr zu essen haben“, sagt sie. Für die Schule gegenüber bietet manja Schubert inzwischen Projekttage und ein Ganztagsangebot Bienen an. Aber auch die Kinder müssen sich noch ein bisschen gedulden, bis die ersten Bienen wieder ihre Fühler aus dem Flugloch stecken. Wenn es so weit ist, werden sie gemeinsam mit Manja Schubert den Flug in den Frühling beobachten.