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Geschichte in der Fabrik

Sachsen ist geprägt von industriekulturellen Bauten. Eines dieser Häuser beherbergt das Chemnitzer Industriemuseum.

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Von Claudia Drescher

In rund 150 sächsischen Museen und Anlagen können Besucher Etappen der Industriegeschichte des Landes erleben. Doch für einen umfassenden Überblick über 220 Jahre Industrialisierung gibt es nur eine Anlaufstelle: Das Industriemuseum Chemnitz in einer ehemaligen Gießerei. Jetzt feiert das Flaggschiff der sächsischen Industriekultur 25-jähriges Bestehen. Das Haus habe seit seiner Gründung 1991 nicht nur gute Zeiten erlebt, so sei die Finanzierung lange unsicher gewesen, sagt Museumsleiter Oliver Brehm im Rückblick. Am heutigen Standort gibt es das Museum erst seit 2003. „Aber mittlerweile ist es die dominierende sächsische Einrichtung in Sachen Industriekultur.“

Eine über 100 Jahre alte historische Einzylinder- Gegendruck-Dampfmaschine mit ca. 200 PS.
Eine über 100 Jahre alte historische Einzylinder- Gegendruck-Dampfmaschine mit ca. 200 PS.
Eine Pantographen-Handstickmaschine aus dem Jahre 1909 von der Vogtländischen Maschinenfabrik Plauen.
Eine Pantographen-Handstickmaschine aus dem Jahre 1909 von der Vogtländischen Maschinenfabrik Plauen. © dpa
Die historische Werkhalle beherbergt das Industriemuseum Chemnitz. Fotos: dpa
Die historische Werkhalle beherbergt das Industriemuseum Chemnitz. Fotos: dpa © ZB

In diesem Jahr hätten bereits mehr als 45 000 Menschen die im Sommer 2015 neu eröffnete Dauerausstellung gesehen. Nach 25 Jahren kommt das Museum demnach auf mehr als 900 000 Besucher, mehr als 100 Sonderausstellungen und 13 000 gezeigte Exponate.

„Der Stellenwert der Industriekultur ist im Freistaat in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, sagt Brehm, der das Museum sowie den Zweckverband Sächsisches Industriemuseum seit Mai führt. In dem Verband haben sich neben dem Chemnitzer Leitmuseum die Energiefabrik Knappenrode (Landkreis Bautzen), das Besucherbergwerk Zinngrube Ehrenfriedersdorf (Erzgebirgskreis) und die Tuchfabrik Gebr. Pfau in Crimmitschau (Landkreis Zwickau) zusammengeschlossen.

Landesaustellung 2020

Landesweit werde der Industriegeschichte inzwischen deutlich mehr Beachtung geschenkt, zeigt sich auch Manuel Frey von der sächsischen Kulturstiftung überzeugt. „Seit 2008 ist die Industriekultur ein wichtiges Landesthema, das auch die Politik als solches erkannt hat“, so der Leiter Projektbereich.

Nicht zuletzt der Fokus der Landesausstellung 2020 zeige, welche Bedeutung Sachsen dem Thema Industriekultur mittlerweile beimesse. Ausrichter sind neben dem Hauptakteur Zwickau unter anderem auch das Chemnitzer Industriemuseum sowie die Crimmitschauer Tuchfabrik. 25 Jahre nach der Wende soll keine reine Vergangenheitsbewältigung mehr betrieben werden. Stattdessen soll der Begriff Industriekultur zukunfts- und erlebnisorientiert weiterentwickelt werden. „Das heißt, wir wollen diese Schätze bewahren, aber sinnvoll nachnutzen. Wir können nicht aus allem ein Museum machen“, meint Frey.

Auch Museumsleiter Brehm will zukünftig noch mehr über den Tellerrand schauen. Denn längst seien Industrie- und Hochkultur keine Gegenspieler mehr. „Industriekultur heißt eben nicht nur dreckige Maschinen“, sagte er. Vielmehr eröffneten sich zahlreiche Berührungspunkte zur Kunst, angefangen bei der Chemnitzer Bauhaus-Künstlerin Marianne Brandt bis hin zu Henry van der Velde, der die Chemnitzer Villa Esche im Jugendstil für einen Strumpffabrikanten schuf.

Neben Renaissance, Barock und Gründerzeit bestimmten vor allem industriekulturelle Bauten wie Fabriken und Unternehmervillen die sächsische Kulturlandschaft, sagt Dirk Schaal von der Koordinierungsstelle Sächsische Industriekultur, die an die Kulturstiftung angebunden ist.

So gelte das 1776 im Stil eines Rokokopalais erbaute Weisbachsche Haus in Plauen als eines der bedeutendsten frühen Fabrikensemble in ganz Europa. Mit dem Zwickauer Horch-Hochbau von 1914 befinde sich der mutmaßlich älteste moderne Fabrikbau der deutschen Automobilindustrie in Sachsen.

Wie viel Geld das Land jährlich in Erhalt und Aufarbeitung seiner Industriekultur stecke, sei nur schwer zu beziffern, sagte ein Sprecher des Kunstministeriums. Die Förderungen seien zu vielfältig und beschränkten sich nicht nur auf Landesmittel. So erhielten Museen und Vereine beispielsweise Gelder aus Mitteln der Kulturräume, der Wirtschaftsförderung oder der Denkmalpflege. Allein der Zweckverband Sächsisches Industriemuseum bekommt demnach 1,7 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss sowie 400 000 Euro für Investitionen vom Land. (dpa)