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Genervt vom Bahnlärm

Eine Pirnaer Initiative fordert eine neue Bahnstrecke Dresden–Prag. Dafür stimmen kann jeder – aber nicht mehr lange.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Posta, ein Pirnaer Ortsteil, liegt eigentlich recht idyllisch. Häuser schmiegen sie an die felsigen Wände am rechtselbischen Ufer, zu ihren Füßen strömt gemächlich die Elbe dahin. An steilen Hängen reift an Reben der Pirnaer Wein, nur wenige kleine Straßen schneiden den Dorfkern. Wer bei einem Besuch kurz innehält, vernimmt kaum ein störendes Geräusch – wenn der Moment günstig ist. Denn mehrmals am Tag und in der Nacht gibt es für die Postaer mächtig was auf die Ohren.

Der Grund des Übels liegt in Sichtweite am anderen Elbufer. Die vielbefahrene Bahnstrecke Dresden–Prag, die sich ab Pirna durch das schmale Elbtal zwängt, löst stets aufs Neue ein akustisches Trauma aus. Steht dazu noch der Wind ungünstig, kann man sich in Posta draußen kaum noch vernünftig unterhalten – vor allem, wenn ein Güterzug vorbeirauscht. Laut einem sogenannten Lärmaktionsplan gehört Posta zu jenen Gebieten, die in Pirna am stärksten vom Schienenlärm belastet sind. Über die Elbe kann sich der Schall ungehindert ausbreiten, Bahndamm und Altstadthäuser werfen ihn immer wieder zurück. Doch Posta ist längst kein Einzelfall.

Der Pirnaer Stadtteil Copitz ist ebenso krawallgebeutelt, ganz zu schweigen von den Gemeinden elbaufwärts. Zuweilen im Minutentakt dröhnen und rumpeln schwere Güterzüge derart durchs Elbtal, dass einem Hören und Sprechen vergeht. Im Kurort Rathen beispielsweise fahren die Züge nur wenige Meter neben gut besuchten Ferienpensionen vorbei, der Geräuschpegel ist enorm. Spezielle Schienendämpfer und Schallschutzfenster lassen die Bahn zwar etwas leiser sein, ein Allheilmittel gegen den Krach sind sie nicht. Hoffnung auf leisere Zeiten keimt indes aufgrund eines ganz anderen Projektes – nicht neu, aber anlassbezogen wieder aufgewärmt.

Wird es gar noch lauter?

Vor Kurzem fand der Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes 2030 den Weg in die Öffentlichkeit, und damit auch der anvisierte Neubau der Bahnstrecke Dresden–Prag weitab des Elbtales. Nach den Plänen soll die Strecke bereits in Heidenau abzweigen und dann im Groben der Linie der Autobahn A 17 folgen. Doch auf die Hoffnung folgte gleich die Ernüchterung. Die Bahnlinie taucht im Bundesverkehrswegeplan in der letzten und unbedeutendsten Kategorie „Vorhaben des potenziellen Bedarfs“ auf – und auch dort erst auf Platz 30. Die Widerständler bäumen sich wohl vorerst ein letztes Mal dagegen auf.

Die „Initiative für Posta, den Mockethaler Grund und die Postaer Straße“ hat nun Anwohner und Politiker mobilisiert, um gegen die niedrige Einstufung des Projektes zu votieren. Das Ziel: Die geplante Ausweichtrasse für die Bahn soll in der Priorität weiter nach vorn rücken, möglichst in die Kategorie „Projekte mit vordringlichem Bedarf“. „Wir versprechen uns von der Ausweichstrecke eine große Entlastung“, sagt Bernd Schlag von der Postaer Initiative. Denn der Ortsteil leide derzeit sehr unter dem Lärm der Güterzüge.

Auswirkungen auf Bahntrasse im Elbtal

Politisch unterstützt wird das Postaer Begehren von Freien Liberalen. Die FDP-Kreistagsfraktion, der FDP-Kreisverband und der FDP-Regionalverband Königstein-Neustadt-Sebnitz haben bereits ihre Forderung formuliert, den Neubau der Bahnstrecke Dresden–Prag höher einzustufen als bislang. „Der Lärmpegel im Elbtal ist schon jetzt viel zu hoch“, sagt Petra Ledig, Vorsitzende des FDP-Regionalverbandes. Und nach Ansicht der Liberalen könnte es noch viel schlimmer kommen. Laut dem vorläufigen Bundesverkehrswegeplan soll der Güterverkehr auf der Schiene um 30 Prozent zunehmen. Laut der FDP sei zu befürchten, dass sich dies auch massiv auf die international immens wichtige Bahntrasse im Elbtal auswirkt, die schon jetzt nahe der Belastungsgrenze angelangt sei. Nun soll sich der Protest dagegen ballen.

Jeder, der für reduzierten Lärm im Elbtal und den Neubau der Bahnstrecke ist, kann das jetzt kundtun – und zwar an entscheidender Stelle. Egal ob Privatperson, Verein oder Partei – alle dürfen sich schriftlich zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes äußern, am besten im Internet. „Je mehr mitmachen, desto höher wird die Chance, dass das Bahnprojekt höher eingestuft wird“, sagt Petra Ledig.

Allerdings drängt die Zeit: Die Gelegenheit zur Stellungnahme gibt es nur noch bis zum 2. Mai. Am besten funktioniert es über die Internetseite des Bundesverkehrsministeriums. Dort einfach den Suchbegriff „Bundesverkehrswegeplan“ in das entsprechende Feld eingeben, bei der anschließenden Suche taucht gleich als zweiter Punkt das Thema „Stellungnahme abgeben“ auf. Dort ist dann alles Weitere erklärt. Die Postaer Initiative und viele anderen haben ihr Votum bereits abgegeben.

www.bmvi.de