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Keiner will das Schloss haben

Wachau versucht eines seiner größten Probleme zu lösen. Die Gemeinde nahe Radeberg schreibt das barocke Schloss erneut aus. Die außergewöhnliche Immobilie hat einige Vorzüge, aber nicht nur die.

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© St. Böhlig, Livemoment

Von Thomas Drendel

Wachau. Das Schreiben ist in nüchternem Ton gehalten. Unter der Überschrift „Öffentliche Ausschreibung“ sind Angaben zur Lage, Größe und dem Zustand zu lesen. So als handele sich es um den Verkauf einer Lagerhalle. Dabei ist das Barockschloss Wachau eines der größten ungelösten Probleme der Gemeinde. Jährlich verursacht es hohe Kosten. Viel gravierender ist der stetige Verfall des Hauses. Seit Jahren versucht die Gemeinde, das Haus zu verkaufen. Ohne Erfolg. Zuletzt scheiterte ein Verkauf an ein Unternehmen, das ein Seniorenheim daraus machen wollte. Jetzt startet die Gemeinde einen neuen Versuch. Ab 1. Juni können sich erneut Interessenten um die Immobilie bewerben. Ab diesem Tag ist ein Inserat im Internet auf Immobilienscout 24 geschaltet. Kann der Verkauf funktionieren? Die SZ nennt Vor- und Nachteile für potenzielle Käufer.

Schloss Wachau – Eine Immobilie mit Seltenheitswert

Solch ein Angebot dürfte es kaum noch auf dem Markt geben. Ein Barockschloss, gut erhalten und mit üppiger Ausstattung: Im Saal sind überwältigende Deckengemälde vorhanden, Parkett sowieso. Holzvertäfelungen und wertvolle Kamine. Fassade und Dach wurden nach der Wende denkmalgerecht saniert. Allein die Grundfläche des Gebäudes beträgt nach Angaben der Gemeinde knapp 3 500 Quadratmeter. Damit dürfte die Nutzfläche des zweieinhalbgeschossigen Hauses bei weit über 10000 Quadratmeter liegen. Das Verkaufsangebot umfasst mehrere Grundstücke inklusive des Schlossteiches. Die Gesamtgröße beträgt rund 10 000 Quadratmeter. „Elektrischer Strom, Wasserversorgung und Abwasserleitung sind ebenfalls vorhanden“, sagt der Wachauer Bürgermeister Veit Künzelmann (CDU). Er verweist auf die gute Lage im Ortszentrum von Wachau und die Nähe zur Autobahn und zur Landeshauptstadt. Darüber hinaus ist das Grundbuch frei von Lasten, beispielsweise Grundschulden von Vorbesitzern. Zudem ist die Gemeinde dabei, das Wachauer Ortszentrum mit einer Millionensumme neu zu gestalten. Die Umgebung des Schlosses wird damit deutlich aufgewertet. Unschlagbar dürfte auch der Preis sein. Den kann der Käufer in seinem Angebot selbst festlegen. Allzu hoch muss er vermutlich nicht sein, denn der Käufer geht eine Investitionsverpflichtung ein.

Das Barockschloss ist ein Ladenhüter – das sind die Gründe

Im neuen Inserat nimmt die Gemeindeverwaltung über die Nachteile kein Blatt vor den Mund. „Der bauliche Gesamtzustand des Barockschlosses ist schlecht. Man sollte davon ausgehen, dass nahezu der gesamte Innenausbau des Schlosses erneuert werden muss, wobei hier die denkmalschutzrechtlichen Bedingungen zur Wiederherstellung und Erhaltung zu beachten sind“, heißt es in dem Schreiben.

Im Klartext: Wer auch immer einziehen will, muss die komplette Infrastruktur innen neu errichten, von der Wasserleitung bis zur modernen Heizung. Einer willkürlichen Raumaufteilung schiebt der Denkmalschutz einen Riegel vor. Die repräsentativen Räume wie der Saal müssen erhalten bleiben. „Historische Befunde“, also der Originalzustand muss wieder hergestellt werden. Das dürfte den Nutzerkreis erheblich einschränken. Das Schloss ist auf Eichenpfählen errichtet. Sicher müssen hier Fachleute entscheiden, in wieweit sie modernen Anforderungen genügen oder ob auch in dem Bereich Investitionen anstehen. Auch bei der Außensanierung schaut der Denkmalschutz genau hin. Laut dem Verkaufsangebot besitzt das Schloss Wachau eine besondere Bedeutung als historisches Gebäude in barockem Baustil.

Die Prognose – So könnte wieder Leben in das Haus einziehen

Über die Gründe für den Rückzug der letzten Investoren wird viel spekuliert. Sie wollten das Barockschloss zu einer Senioreneinrichtung umgestalten. Das Konzept scheint noch immer tragfähig. Abseits von Hektik mit dem Schlosspark vor der Tür ist eine Pflege- oder Therapieeinrichtung denkbar. Weiterer Vorteil: Die großen unveränderbaren Räume im Schloss könnten gemeinschaftlich genutzt werden. Im Gespräch ist immer wieder eine Nutzung als Firmenzentrale. Die Umgebung ist repräsentativ. Für große Unternehmen dürfte die Sanierung keine großen Herausforderungen darstellen. Denkbar ist, Schloss Wachau als exklusives Hotel zu vermarkten. Ein Beispiel für diese Art Umbau ist das Schloss Gaußig. Nach historischem Vorbild eingerichtet, lockt es eine betuchte Klientel aus Dresden oder Berlin an. Veranstaltungen werden im Saal angeboten. Käme das auch in Wachau, wäre eine wichtige Forderung erfüllt, nämlich Teile des Barockschlosses zumindest zeitweilig öffentlich zugänglich zu lassen.