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Gefährlicher Eindringling

Groß, giftig und fast unaufhaltsam: Der Riesenbärenklau hat auch vor Sachsen nicht haltgemacht. Was kann man gegen ihn tun?

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Martin Kloth

Chemnitz. Chemnitz meldet erste Erfolge: Der für Menschen gefährliche Riesenbärenklau wird zurückgedrängt. Nach zuletzt mehr als 50 jährlichen Standort-Meldungen seien in diesem Jahr nur noch 32 eingegangen, teilte die Stadt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Seit 20 Jahren kämpfe Chemnitz gegen das Problem, hieß es aus der Stadtverwaltung. Entwarnung gebe es aber keine. „Reichlich 400 Pflanzen“ seien in diesem Jahr entfernt worden. Stadtteile mit Flussanbindung seien vorzugsweise betroffen. „Die zahlenmäßig größten Vorkommen befinden sich am Rand des Rabensteiner und des Harthwaldes.“

Der Doldenblütler stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und gelangte Mitte des 19. Jahrhunderts nach Europa.
Der Doldenblütler stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und gelangte Mitte des 19. Jahrhunderts nach Europa. © dpa
Nach Ansicht von Umweltschützern hat die intensive Düngung in der Landwirtschaft die Invasion der Staude seit Ende der 1980er Jahre befördert.
Nach Ansicht von Umweltschützern hat die intensive Düngung in der Landwirtschaft die Invasion der Staude seit Ende der 1980er Jahre befördert. © dpa

Seit Ende der 1980er Jahre breitet sich der Riesenbärenklau verstärkt und nahezu ungebremst in ganz Deutschland und auch Sachsen aus. Laut sächsischem Landwirtschafts- und Umweltministerium zeigt die auch als Herkulesstaude bekannte Pflanze in den Naturräumen des Berg- und Hügellandes ein geschlossenes Verbreitungsgebiet.

Der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und gelangte Mitte des 19. Jahrhunderts nach Europa. Die bis zu drei Meter hohe Staude ist eine eingewanderte Pflanze - ein Neophyt. Er hat im neu eroberten Verbreitungsgebiet keine natürlichen Feinde.

Der Doldenblütler enthält das Gift Furanocumarine. Das macht die Staude so gefährlich. Denn die Substanz ist zum einen krebserregend. Zum anderen löst sie beim Menschen bei Berührung und in Verbindung mit Sonnenlicht so starke Hautreizungen aus, dass sie wie Verbrennungen dritten Grades wirken.

Die Folgen sind gravierend. Pigmentveränderungen über mehrere Monate, Bronchienentzündungen, nässende, schlecht heilende Wunden über mehrere Wochen und Photosensibilisierung der betreffenden Hautareale über Jahre, zählt das sächsische Gesundheitsministerium auf. Zahlen darüber, wie viele Menschen deswegen im Freistaat behandelt wurden, hat die Behörde nicht. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) nennt Behandlungskosten von jährlich einer Million Euro - bezogen auf das gesamte Bundesgebiet. „Wir würden über den Riesenbärenklau nicht reden, wenn er nicht so giftig wäre“, sagt Almut Gaisbauer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Der Riesenbärenklau liebt Sonne und Stickstoff. Nach Ansicht von Umweltschützern hat die intensive Düngung in der Landwirtschaft die Invasion der Staude seit Ende der 1980er Jahre befördert. Durch einen erhöhten Stickstoffeintrag habe sich eine Artenarmut entwickelt, die der Riesenbärenklau genutzt habe, sagt Gaisbauer. BUND und Umweltministerium sprechen von „gestörten Standorten“. „Wenn die Natur intakt wäre, hätte er sich nicht ausbreiten können“, sagt sie.

Den Riesenbärenklau nun wieder loszuwerden, erweist sich seit Jahren als Sisyphos-Arbeit. Eine Pflanze kann mehr als 50 000 Samen haben. Diese verbreiten sich auf kurzen Strecken durch Wind, aber auch durch Fließgewässer über große Distanzen. Das sächsische Umweltministerium nennt als Bekämpfungsmaßnahmen ausgraben, mähen oder abschneiden der Pflanze vor der Blüte oder großmaschinelles Fräsen. Eine Bekämpfung ist zudem nur unter Vollschutz möglich, alle Pflanzenteile müssen verbrannt werden.

Auch Pflanzengift auf Glyphosat-Basis wird angewendet. Laut BUND sind alle mechanischen Maßnahmen vorzuziehen, weil das Gift auch andere Pflanzen mit abtötet. Je öfter gemäht wird, um so weniger Kraft zur Regeneration habe die Pflanze. Auch sei ein Umdenken in der Landwirtschaft nötig. „Wenn wir von der extremen Sticksoffeinbringung weggehen, lösen sich solche Probleme von selbst“, sagt Almut Gaisbauer.

Wo aber die Pflanze bereits großflächig siedelt, sei eine völlige Ausrottung der Art kein realistisches Ziel, heißt es beim BfN. Nach dessen Angaben belaufen sich die Bekämpfungskosten auf zehn Millionen Euro pro Jahr. (dpa)